Europameisterschaft

Handball-EM: Deutschland verhindert historische Niederlage

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Historische Niederlage abgewendet: DHB-Team erkämpft Remis gegen Österreich

Kein Durchkommen: Österreich packt gegen Juri Knorr ordentlich zu.

Kein Durchkommen: Österreich packt gegen Juri Knorr ordentlich zu. Getty Images

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Den ersten emotionalen Moment aus deutscher Sicht hatte es noch vor dem Aufwärmen gegeben. Nach dem ungarischen Sieg über Kroatien ehrte der DHB mit Joachim Deckarm eine Legende des deutschen Handballs, am Freitag hatte er seinen 70. Geburtstag gefeiert. Party-Stimmung wollten auch Andreas Wolff (150. Länderspiel) und Juri Knorr (50. Länderspiel) bei ihren Jubiläen verbreiten.

Letzterer fand sich allerdings zu Beginn der Partie gegen Österreich völlig überraschend nur auf der Bank wieder. Bundestrainer Alfred Gislason schenkte Philipp Weber das Vertrauen, das der Spielgestalter vom SC Magdeburg nicht zurückzahlen konnte. Nach zwei Fehlwürfen und zwei technischen Fehlern beendete Gislason nach zwölfeinhalb Minuten das "Projekt", Knorr übernahm fortan.

Hauptrunde in Köln - 2. Spieltag

Zu diesem Zeitpunkt führte die deutsche Mannschaft knapp mit 4:3, hatte aber wie schon gegen Island keinen guten Eindruck hinterlassen. Speziell Keeper Constantin Möstl wurde "berühmt" geschossen. Beim 4:6 in der 16. Minute zog Gislason seine erste Timeout-Karte. Möstl stand da bereits bei sieben Paraden, der ebenfalls bärenstarke Wolff bei sechs.

Möstl noch stärker als Wolff

Der Torhüter von Kielce war Garant dafür, dass die Österreicher nicht schon so früh enteilen konnten. Und dennoch besorgte Kiel-Kapitän Nikola Bilyk in der 19. Minute die erste Drei-Tore-Führung für Österreich (5:8).

Wolff hielt derweil, was ihm möglich war - den zweiten österreichischen Siebenmeter nahm er Linksaußen Sebastian Frimmel ab. Dennoch führte die ÖHB-Auswahl mit 10:6 und ließ kurzzeitig Stille in der mit 19.750 Zuschauern ausverkauften Lanxess Arena einkehren. In doppelter Überzahl schaffte es Deutschland aber doch zu verkürzen, Österreich wurde fahriger, ehe Knorr auf 10:11 stellte.

Einen kurzen Schock-Moment erlebten Spieler wie Zuschauer, als Möstl beim Zurücklaufen ins Tor nach einem Wurf von Johannes Golla von der Mittellinie gen verwaistes ÖHB-Tor gegen den Pfosten krachte. Nach kurzer Behandlungspause konnte er glücklicherweise weitermachen. Nach einer mehr als durchwachsenen Hälfte blieben der deutschen Mannschaft bei 11:12 alle Chancen. Der überragende Möstl stand mit elf Paraden bei 55 Prozent Fangquote, Wolff mit zehn Paraden bei 45 Prozent.

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Nach dem Seitenwechsel schien die Partie, mit Timo Kastenings Ausgleichstreffer (13:13) - der erste seit dem 4:4 in der 14. - in Richtung der deutschen Mannschaft kippen zu können. Österreich bereitete dem DHB-Team mit seiner offensiv-aggressiven Deckung aber zunehmend Kopfzerbrechen. Vorne spielte die ÖHB-Auswahl wie schon gegen Ungarn ihren Stiefel herunter, beim 19:15 durch Österreichs EM-Rekordspieler Robert Weber drohten die Felle endgültig davonzuschwimmen.

Urplötzlich ist die Hoffnung zurück

Die Lanxess Arena versuchte, die verunsicherte deutsche Mannschaft nach vorne zu treiben, doch immer wieder scheiterte das DHB-Team am eigenen Unvermögen oder Möstl zwischen den Pfosten. Beim 21:16 vom starken Kreisläufer Tobias Wagner wurden die Optimisten immer weniger (49.). Durch einen 5:1-Lauf war das nicht mehr für möglich gehaltene Comeback bei Knorrs Treffer, der beim Jubel anschließend den Finger auf die Lippen legte, urplötzlich wieder in Reichweite (21:22, 56.).

Österreich bekam es ganz offensichtlich mit den Nerven und warf unnötige Bälle in deutsche Hände. Die sich nun zweimal bietende Chance zum Ausgleich ließ der Favorit allerdings liegen und spielte nach Zeitstrafe für Golla fast für die restliche Zeit in Unterzahl.

Nach Wagners falscher Sperre war aber wieder Deutschland im Ballbesitz. Christoph Steinert vom HC Erlangen übernahm Verantwortung und erzielte den 22:22-Ausgleich. Im Gegenzug vertändelte Österreich den Ball und gab dem DHB-Team noch eine Chance. Wegen einer Ungenauigkeit blieb aber nur ein direkter Freiwurf. Diesen warf Sebastian Heymann über das Tor des völlig zu Recht zum "Player of the Match" gewählten Möstl (17 Paraden, davon 1 Siebenmeter).

Weiter geht es für die deutsche Mannschaft (3:3 Punkte), die das EM-Halbfinale nicht mehr in der eigenen Hand hat, am kommenden Montag (20.30 Uhr). Dann heißt der Gegner Ungarn. Österreich (4:2 Punkte) trifft zweieinhalb Stunden zuvor auf Olympiasieger Frankreich.

Deutschland - Österreich 22:22 (11:12)

Deutschland: D. Späth, Wolff (14 Paraden, davon 3 Siebenmeter) - Knorr 6, Kastening 4/1, Golla 3, J. Köster 3, Mertens 2, Dahmke 1, Hanne 1, Häfner 1, Steinert 1, Fischer, Heymann, Kohlbacher, Lichtlein, Weber

Österreich: Häusle, Möstl (17 Paraden, davon 1 Siebenmeter) - Bilyk 5, Frimmel 3/2, Hutecek 3, Wagner 3, R. Weber 3/1, Zivkovic 3, Herburger 1, Mahr 1, Belos, Damböck, Kofler, Miskovez, Nigg, Schweighofer

Schiedsrichter: Mirza Kurtagic / Mattias Wetterwik (Schweden)
Zuschauer: 19.750 (ausverkauft)
Strafminuten: 6 / 6
Disqualifikation: - / -

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