Bundesliga

Walther-Bensemann-Preisträger Körbel im kicker-Interview

Der Walther-Bensemann-Preisträger im kicker-Interview

"Wir müssen mutiger werden, um unsere Werte zu verteidigen"

Preisträger des Walther-Bensemann-Preises 2023: Karl-Heinz "Charly" Körbel.

Preisträger des Walther-Bensemann-Preises 2023: Karl-Heinz "Charly" Körbel. IMAGO/Revierfoto

Zu Ehren von Karl-Heinz Körbel hat sich die Frankfurter Stadtgesellschaft schon mehrmals an historischer Stätte eingefunden. Zum Beispiel im Kaisersaal des Römers und in der Paulskirche. So erhielt der "treue Charly" im Februar 2020 als erster Fußballspieler überhaupt die seit 1952 verliehene Ehrenplakette der Stadt Frankfurt. Im Oktober 2023 wurde er von der Werte-Stiftung in der Paulskirche ausgezeichnet als Vorbild für Integrität, Verantwortung, Leistung, Vertrauen und Respekt. Solche Werte, die Körbel kraft seiner Vita und Persönlichkeit mustergültig verkörpert, waren auch für die Jury der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur ausschlaggebend dafür, Körbel den mit 10.000 Euro dotierten Walther-Bensemann-Preis 2023 zu verleihen.

Als Bensemann-Preisträger stehen Sie nun in einer Reihe mit Legenden wie Bobby Charlton, Bert Trautmann, Alfredo di Stefano, Günter Netzer oder Franz Beckenbauer. Was bedeutet Ihnen das, Herr Körbel?

Als ich das gelesen habe, bin ich ein bisschen erschrocken: Wieso ich? Ich hätte nie daran gedacht, einmal diesen Preis zu bekommen. Ich bin kein Europameister, kein Weltmeister, kein Deutscher Meister. Ich habe zwar viermal den DFB-Pokal und einmal den UEFA-Cup gewonnen, aber normalerweise werden Leute ausgezeichnet, die größere Titel geholt haben. Ich gehöre auch nicht zu den Lautsprechern. Deshalb war ich schon erst mal überrascht. Aber ich bin auch stolz, weil ich weiß: Dieser Preis ist einer der ehrlichsten.

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Stolz auch, weil es eben nicht nur auf Titel ankommt, sondern darüber hinaus auf Werte wie Bodenständigkeit und Vereinstreue?

Ja. Diese Werte haben mir Spieler wie Uwe Seeler, Fritz Walter oder auch Gerd Müller in ganz jungen Jahren in persönlichen Gesprächen vermittelt. Das hat mich mein ganzes Leben lang beeinflusst.

Sie selbst wurden schon im Alter von 14 Jahren erstmals im kicker erwähnt …

Ja, auch darauf bin ich besonders stolz. Es ging um einen bundesweiten Wettbewerb im Ballhochhalten. Da war ich in meinem Heimatort Dossenheim der König. Dieses kicker-Spiel war sozusagen mein Einstieg in die große Welt der Öffentlichkeit (lacht). Ich habe mir jedes Mal den kicker gekauft, um nachzuschauen, ob ich noch in der Rangliste stehe. In die Endausscheidung habe ich es letztlich leider nicht geschafft.

Man sollte sich verlassen können, auch auf das, was gesagt wird.

Karl-Heinz Körbel

kicker-Gründer Walther Bensemann war überzeugt, dass der Fußball viel zur Völkerverständigung beiträgt. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

Bei uns in Dossenheim spielte ein Italiener, der Sohn vom Besitzer des Eiscafés. Die Italiener waren damals Außenseiter im Ort, aber wir haben ihn gut aufgenommen. Er war ein super Mittelfeldspieler, ich habe ihn "Mazzola" getauft in Anlehnung an Sandro Mazzola von Inter Mailand. So hat der Fußball enorm bei der Integration geholfen. Bei uns spielten auch viele Studenten aus ganz Deutschland, die in Heidelberg studierten und etwas Taschengeld verdienen wollten. Die Uni war unser Scoutingsystem für die erste Mannschaft. (lacht) Integration durch Fußball war in jeder Hinsicht etwas Selbstverständliches.

Und später?

Nie vergessen werde ich unser Spiel in Donezk im UEFA-Cup 1980. Mein Schwiegervater wollte mit seiner Frau unbedingt mitkommen, um noch einmal den Ort zu sehen, wo im Krieg seine Kameraden und Freunde umgekommen waren. Er überlebte als Einziger, weil er nach einem Kopfschuss heimgeflogen wurde. Der Fußball verbindet solche Geschichten. Und: Gerade in der heutigen Zeit, wenn ich etwa an die AfD denke, müssen wir in der Öffentlichkeit viel mehr sagen. Mein Schwiegervater und mein Opa haben mir vermittelt, dass wir aufpassen müssen, dass so etwas wie damals nie wieder passiert. Da erwarte ich von uns mehr, aber auch von der Politik.

Was meinen Sie konkret?

Das Vertrauen in die Politik und in die handelnden Personen ist in der aktuellen Zeit weniger geworden. Das muss sich wieder ändern. Man sollte sich verlassen können, auch auf das, was gesagt wird. Da geht es viel um Glaubwürdigkeit. Und wir selbst müssen wieder mutiger werden und für unsere Werte einstehen. Und den jungen Menschen diese auch vermitteln.

Über Ihre Eintracht-Frankfurt-Fußballschule erleben Sie die heutige Jugend hautnah. Welche Unterschiede bemerken Sie im Vergleich zu früher?

Ich habe noch heute Narben auf den Knien vom Schotterplatz, auf dem wir jeden Tag nach der Schule Fußball gespielt haben. Heute haben die Kinder gar nicht mehr diese Möglichkeit. Ich war auch ein guter Torwart, wollte Handschuhe wie Sepp Maier haben. Dafür hatte ich aber kein Geld, also schnitt ich bei einem alten Tischtennisschläger die Noppen ab und klebte sie auf meine normalen Handschuhe.

Man unterschätzt das leicht, aber Kinder gucken genau hin, was du machst.

Karl-Heinz Körbel

Fehlen Kindern heute daher Begeisterung und Biss?

Das würde ich so pauschal nicht sagen. Es gibt schon viele Talente, die gerne zur Fußballschule kommen und daran glauben, Bundesligaspieler werden zu können. Deren große Leidenschaft ist wie früher bei uns der Fußball, egal wie gut sie sind. Es wird auch kritisch hinterfragt. So wie bei Randal Kolo Muani. Die Kinder kamen mit ihren Kolo-Trikots in die Fußballschule und fragten uns: Warum geht der weg? Nur wegen des Geldes? Die Kinder sind sehr enttäuscht, dass ihr Idol plötzlich nicht mehr da ist. Daran erkenne ich, wie wichtig unsere Vorbilder sind. Man unterschätzt das leicht, aber Kinder gucken genau hin, was du machst. Und obwohl sie mich nie spielen sahen, wissen sie durch ihre Eltern viel über meine Karriere. Teilweise habe ich in der Fußballschule Dinge über mich erfahren, die ich selbst nicht wusste. Zum Beispiel, wie viele meiner 602 Bundesligaspiele ich von Anfang an gemacht habe (600, Anm. d. Red.).

Gab es zu Ihrer Zeit auch streikende Profis?

Nicht in dem Maße. Ich habe selbst mal per Anwalt schriftlich bei der Eintracht gekündigt, als Bruno Pezzey 1983 nach Bremen ging und auch Bum-Kun Cha und Bernd Nickel die Eintracht verließen.

Am Ende blieben Sie doch.

Unser Trainer Branko Zebec rief mich an, packte mich bei der Ehre und ernannte mich zum neuen Kapitän. Er wollte um mich herum eine Mannschaft bauen. Da dachte ich: Du kannst nicht weggehen. Auch meine Frau sagte: Das kannst du wirklich nicht machen. Dazu kam noch mein Teamkollege Willi Neuberger, der vorher bei Werder war. Den hatte ich mal gefragt, wieso er keine Haare mehr hat. Da meinte er: Weil in Bremen immer der Wind weht. (lacht) Schlussendlich nahm ich meine Kündigung wieder zurück.

Erinnern Sie sich eigentlich noch, welchen Luxus Sie sich vom ersten Profigehalt geleistet haben?

Von meinem ersten Profigehalt habe ich meinen Eltern einen Fernseher gekauft. Das erzählt meine Mutter mit 89 Jahren heute noch. Ich selbst habe auf Luxusgegenstände sowieso nie Wert gelegt. Ich laufe immer noch mit meiner Kette rum, die ich bei den Bundesligaspielen getragen habe. Damals war das noch erlaubt, heute wollen sie mir die jungen Schiris bei den Spielen mit der Traditionsmannschaft verbieten. Aber da sage ich: Ich habe 20 Jahre Bundesliga mit der Kette gespielt, die nehme ich nicht ab. Jetzt ist allerdings der Verschluss kaputtgegangen. Das repariert dir heute keiner mehr. Außer meiner Mutter, der habe ich sie jetzt deshalb gegeben.

Rode und Streich als Vorbilder

Wenn Sie heute Kind wären: Welche Spieler aus der Bundesliga sähen Sie als passende Vorbilder?

Es gibt immer weniger. Bei uns ist das einer wie Sebastian Rode, der auch bei den großen Vereinen Bayern München und Borussia Dortmund gespielt hat. Nach Verletzungen ist er immer wieder aufgestanden. Seppl verkörpert die menschlichen Werte, die auch mir wichtig sind. Als Vorbild betrachte ich aber ebenso einen Trainer wie Christian Streich.

Warum?

Ich hatte im Fernsehen gesehen, wie Streich nach Freiburgs Pokalspiel gegen Bayern das Trikot von Jamal Musiala wollte, der aber einfach weiterging. Von Freiburgs Ex-Präsident Fritz Keller wusste ich, dass Streich Trikots für seinen Sohn und für den guten Zweck sammelt. Als Freiburg in Frankfurt spielte, bin ich eine halbe Stunde vor Anpfiff zur Freiburger Kabine, um Streich ein Trikot von mir aus der Traditionsmannschaft zu schenken.

Wie hat er reagiert?

Er hat gestaunt und sagte: Wenn ich das meinem Vater erzähle, dass ich vom Bundesliga-Rekordspieler das Trikot bekomme … Das empfand ich als unheimlich respektvoll. Dann erzählte er mir, dass er als Spieler beim FC Homburg gegen Uwe Bein und mich gespielt hat. (Saison 1989/90, Anm. der Red.). Das wusste ich gar nicht mehr, wir haben viel gelacht. Streich verteidigt seine Werte und lässt sich nicht verbiegen. Der ganze SC Freiburg ist ein vorbildlicher Verein. Diese Begegnung hat mir wieder mal gezeigt, dass es im harten Bundesligageschäft doch noch eine gewisse Menschlichkeit gibt.

Beckenbauer war der Erste: Alle Träger des Bensemann-Preises

Es gab auch andere Erfahrungen?

Bei der Champions-League-Auslosung 2022 in Istanbul habe ich ja den Europa-League-Pokal für die Eintracht zurückgebracht und war erstmals zusammen mit den ganz, ganz Großen. Chelsea, Barcelona, Tottenham, Paris. Jeder hat dort seine eigene Box. Da hatte ich den Gedanken: Für mich hat das nichts mit Fußball zu tun. Die Eintracht war auf dieser Ebene aber durchaus anerkannt als Europa-League-Sieger und dank des Engagements von Axel Hellmann. Andere Klubs hingegen haben nur wenig Aufmerksamkeit erhalten.

Also nicht mehr Ihre Welt?

Nein. Umso mehr ziehe ich den Hut vorm FC Bayern, der diesen Spagat immer noch schafft: in der Liga der Allergrößten mitzuspielen und trotzdem eine gewisse Bodenständigkeit beizubehalten. Sicher auch durch die handelnden Personen wie Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Deshalb bin ich auch ein Stück weit Bayern-Fan. Uli ist ein herzensguter Mensch, den du Tag und Nacht anrufen kannst. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Nämlich?

Da müsste ich etwas weiter ausholen ...

Bitte sehr.

Als ich 1996 bei der Eintracht als Trainer gefeuert wurde, war ich sehr enttäuscht und verbittert. Ich habe den totalen Cut gemacht, bin zum VfB Lübeck und wollte mit Eintracht Frankfurt nichts mehr zu tun haben. Wir hatten dort als Familie eine tolle Lebensqualität, und ich habe mich nicht mehr mit der Eintracht beschäftigt. Und die Eintracht auch nicht mit mir. Ich war einfach weg. Der Einzige, der mich immer besucht hat, war Rainer Falkenhain, der sich dafür auch noch Vorwürfe gefallen lassen musste von einigen im Verein. Dass die Eintracht und ich überhaupt wieder zusammenfanden, war dann im Wesentlichen Felix Magath zu verdanken.

Inwiefern?

Felix sagte immer: Charly, du musst zurück zur Eintracht. Du bist für den Verein wie Franz Beckenbauer für Bayern München. Ich wollte davon lange nichts wissen, bin nicht mal hingefahren, wenn die Eintracht praktisch vor meiner Haustür beim HSV gespielt hat. Aber als Felix dann 1999 Eintracht-Trainer wurde, rief er an und sagte: Charly, jetzt ist es so weit, du kommst zurück. Der Verein hat mir dann die Scoutingabteilung angeboten. Und in dem Moment kam Uli Hoeneß ins Spiel.

Wie?

Ich habe ihn angerufen und gesagt: Ich muss mit dir reden. Dann bin ich nach München geflogen, habe ihm meine Situation geschildert und gefragt, was er machen würde. Ich hatte von Scouting doch gar keine Ahnung. Aber Uli sagte dasselbe wie Felix: dass ich zur Eintracht gehöre wie Franz zu Bayern. Dann hat er den damaligen Bayern-Chefscout Wolfgang Dremmler geholt und ihn beauftragt, mir zu erklären, wie Bayern das macht mit dem Scouting. So wurde dann die Scoutingabteilung der Eintracht gegründet mit Ralf Weber und mir als einzigen Mitarbeitern und zwei kicker-Sonderheften als Datenbank (lacht). Auch da hat der kicker für mein Leben also eine ganz zentrale Rolle gespielt. Und sogar mal bei der Verpflichtung eines Eintracht-Cheftrainers.

Willi Reimann, Volker Sparmann, Karl-Heinz Körbel

Landete auch dank des kickers bei Eintracht Frankfurt: Trainer Willi Reimann (li.) im Gespräch mit dem damaligen Aufsichtsratschef Volker Sparmann und Karl-Heinz Körbel. 

Erzählen Sie bitte.

2002, als Tony Woodcock Manager war, gab es ein Trainerfindungskomitee und alle möglichen absurden Vorschläge. Ich dachte, das gibt’s nicht, und habe zwei, drei ältere kicker-Sonderhefte durchgeblättert, alle Mannschaftsfotos angeschaut. Bei Nürnberg blieb ich hängen: Willi Reimann. Mir war schlagartig klar: Das ist er. Ich habe mich mit ihm erst inoffiziell in Hamburg getroffen und seine Bereitschaft abgeklopft. Woodcock kannte ihn nicht, sagte nach dem Treffen mit Willi aber: Guter Trainer, das machen wir. So sind wir dank des kicker-Sonderhefts 2003 sogar aufgestiegen ...

Als Synonym für die Auswüchse des modernen Fußballs steht seit einiger Zeit Saudi-Arabien. Hätten Sie sich als Aktiver vorstellen können, für sagen wir mal zehn Millionen Mark im Jahr dorthin zu wechseln?

Mein Weg ist ja bekannt. Aber man vergisst ja manches gerne - ich wollte auch mal aus finanziellen Gründen zu Fenerbahce Istanbul. Letztlich kam es nicht zustande.

Im Nachhinein also Glück gehabt?

Ich sage: Ich hatte kein Glück, sondern einen Schutzschirm. Wie so oft in meinem Leben. Während meiner Karriere war mir das noch nicht so bewusst. Aber inzwischen weiß ich durch meinen Glauben, welche Kraftquelle Jesus Christus für mich gewesen ist. Und dass er mich letztlich den Weg hat gehen lassen, der für mich der richtige war. Deshalb stehe ich jetzt auch öffentlich sehr gerne für meinen Glauben ein. Und ich freue mich, dass andere das genauso tun, zum Beispiel große Trainer wie Jürgen Klopp oder Marco Rose.

Negativbeispiel DFB - Lob für Völler

Für Werte einstehen und sich gleichzeitig voll aufs Sportliche zu konzentrieren ist nicht immer so einfach.

Ein Negativbeispiel war für mich das Auftreten des DFB in Katar. Das hätte ich als Spieler nie mit mir machen lassen. Unsere Spieler haben sich den Mund zugehalten - warum haben sie ihn nicht aufgemacht? Genauso hätten wir beim Thema mit der Binde Flagge zeigen müssen. Irgendwas hätte ich gemacht oder wäre vielleicht abgereist. Die Außendarstellung war für mich eine riesige Enttäuschung, das verüble ich auch vielen Funktionären: dass man versucht hat, sich durchzumogeln, indem man halt ein bisschen was macht, statt geradlinig für unsere Werte einzustehen. Entweder fahren wir eine Linie oder wir lassen es.

Wie blicken Sie aktuell auf den Verband und die Nationalelf?

Ein Vorbild ist in meinen Augen auch Rudi Völler, ein Garant für Glaubwürdigkeit. Ich finde es cool, dass er Verantwortung übernimmt für den deutschen Fußball in dieser Situation vor der EURO im eigenen Land und einen Schutzschild bildet für Julian Nagelsmann als Bundestrainer. Es ist kein Zufall, dass Rudi mit einem einzigen Länderspiel gegen Frankreich einen echten Stimmungswandel eingeleitet hat. Die Leute glauben ihm einfach, auch wenn er wie wir alle mal Fehler macht und übers Ziel hinausschießt. Der Rudi ist der Rudi, das ist entscheidend. Er handelt nach seiner Überzeugung und nicht danach, wie etwas bei bestimmten Interessensgruppen ankommt. Genau solche Vorbilder brauchen wir. Im Fußball und in der Gesellschaft generell.

Auch Ihr Engagement als Organisator der Traditionsmannschaft von Eintracht Frankfurt ist letztlich eine Form der Werte-Vermittlung. Was bedeutet es Ihnen?

Eintracht in der Region, das ist mein Familientreffen, meine Kraftquelle. Wir haben jetzt einen Kreis von 75 Spielern aus unterschiedlichsten Generationen, die alle gerne kommen. Alex Meier, Chris, David Abraham, Anthony Yeboah, Ioannis Amanatidis, Lajos Detari spielen zusammen und erzählen sich alle ihre Geschichten von der Eintracht. Diese ganz besondere Eintracht-Tradition muss erhalten bleiben, und ich bin einfach wahnsinnig stolz, dazu beitragen zu können. Unser Vorstand mit Axel Hellmann und Oliver Frankenbach unterstützt das enorm. Sie wissen ganz genau, wie wesentlich dieser Baustein für das Gebilde Eintracht Frankfurt ist, bei allen Herausforderungen, sich auch in der Moderne weiterzuentwickeln. Die Champions League ist irgendwann weg, die Europa League vielleicht auch. Aber die Tradition wird bleiben. Und die hält einen Verein und die Menschen zusammen.

Ist das also der eigentliche Sinn, nicht Geld und Trophäen?

Das Schönste im Blick zurück sind für mich nicht die Erfolge oder Titel. Sondern das Miteinander, die Tatsache, dass die Freundschaften aus der Anfangszeit bis heute gehalten haben. Das versuche ich jetzt mit der Eintracht in der Region fortzuführen.

Ist die heutige Profi-Generation dafür auch noch empfänglich?

Zum 60. Geburtstag habe ich von Kevin Trapp im Namen der Mannschaft eine gravierte Uhr bekommen. Das hat mich schon berührt. Klar, inzwischen gibt es Eintracht-Spieler, die an mir vorbeigehen und nicht wissen, wer ich bin. Das müssen sie auch nicht. Andererseits spüre ich: Die Sehnsucht nach Gemeinschaft trägt doch fast jeder irgendwie in sich.

Kolo Muani werden Sie allerdings kaum für Ihr Team gewinnen können, oder doch?

Vielleicht zu meinem 80. (lacht) Okay, das kann ich mir jetzt wirklich auch nicht vorstellen. Obwohl er für mich eigentlich ein anständiger Kerl war, der offensichtlich auch falsche Leute in seinem Umfeld hat.

Karl-Heinz Körbel

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Apropos: Hatten Sie als Spieler einen Berater?

Nein. Wenn was war, habe ich meinen Vater gefragt. Ich hatte ja auch das Angebot mit den Bauherren-Modellen, durch die viele Spieler ruiniert wurden. Als junger Profi hätte ich da bestimmt mitgemacht. Aber mein Vater hat damals Gott sei Dank gesagt: Hast du sie noch alle? Spiel erst mal ein paar Jahre Bundesliga.

Jahrzehnte später, als der Eintracht 2002 die Zweitliga-Lizenz entzogen werden sollte, wurden Sie durch einen entscheidenden Tipp zum Retter.

Ja, es war meine Idee, Anwalt Christoph Schickhardt anzurufen. Das habe ich in Eigenregie einfach gemacht, obwohl der damalige Finanzchef Dr. Pröckl meinte: Das geht nicht, wir haben noch nicht mal mehr das Geld für einen Anwalt. Aber das war mir total egal. Schickhardt stand am nächsten Tag auf der Matte und hat alles in die Hand genommen - sonst wären all die Erfolge der jüngeren Vereinsgeschichte vermutlich nicht möglich gewesen.

Würden Sie in Ihrer Karriere, Ihrem Leben aus heutiger Sicht denn überhaupt irgendetwas anders machen?

Im Großen und Ganzen nicht. Als Bestätigung empfinde ich, dass ich zwar auch kritisiert wurde - aber nie demontiert. Man hat mir immer abgenommen, dass ich mein Bestes gebe für die Sache, für den Verein. Auch wenn ich kein Superstar war. Das gibt mir die Gewissheit, heute mit fast 70 Jahren hier zu sitzen und zu sagen: Es hat sich gelohnt.

Interview: Julian Franzke und Thiemo Müller