Bundesliga

Luxemburger Bundesliga-Duell: Olesen gegen Barreiro

Barreiro und Olesen im Gespräch mit dem kicker

Zwei Luxemburger im direkten Bundesliga-Duell: "Das ist wie Familie"

Gemeinsam für Luxemburg am Start: Leandro Barreiro und Mathias Olesen (re.).

Gemeinsam für Luxemburg am Start: Leandro Barreiro und Mathias Olesen (re.). IMAGO/Gerry Schmit

Zwei Luxemburger zeitgleich in einem Bundesliga-Spiel auf dem Rasen - das gab es erst einmal in der fast 60-jährigen Geschichte des deutschen Oberhauses. Ende Februar 2020, auch da war der Mainzer Mittelfeldspieler Leandro Barreiro beteiligt, der mit dem 1. FSV seinen Landsmann Laurent Jans und den SC Paderborn empfing (2:0). Heute könnte es wieder dazu kommen, wenn Köln auf Mainz trifft respektive Barreiro auf Mathias Olesen.

Leandro Barreiro, Mathias Olesen, sagt Ihnen der Name Nico Braun noch etwas?
Leandro Barreiro: Ja, der sagt mir noch etwas.
Mathias Olesen: Mir leider nicht.

Nico Braun ist der an Toren gemessen erfolgreichste Luxemburger, der je in der Bundesliga spielte. Er lief Anfang der 1970er Jahre 35-mal für Schalke 04 auf, schoss dabei 14 Tore. Warum kennen Sie ihn, Leo?
Barreiro: Aus den Geschichtsbüchern. Irgendwann habe ich mir mal die Bilanz der Luxemburger, die in der Bundesliga gespielt haben, angeschaut und bin da auf ihn gestoßen.

Jeff Strasser, der Luxemburger mit den meisten Bundesliga-Spielen, dürfte aber beiden ein Begriff sein!
Olesen: Ja, auf jeden Fall.

Rekordspieler Strasser: Luxemburger in der Bundesliga

Leo, Sie haben 104 Bundesliga-Spiele absolviert, Strasser kommt auf 194 Einsätze für Kaiserslautern und Gladbach. Ist es ein Ziel, ihn zu übertreffen?
Barreiro: Nein, da entwickele ich keinen besonderen Ehrgeiz. Was mich freut, ist, dass wir Fußballer aus Luxemburg ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Wie besonders ist denn diese Konstellation, gegen einen Kollegen aus dem eigenen Land zu spielen?
Barreiro: Schon besonders - es ist immer schön, wenn ein Luxemburger in der Bundesliga landet. Das spricht für uns, für die Entwicklung, die wir genommen haben. Das ist sehr positiv.
Olesen: Die Entwicklung unseres Fußballs ist super. Wenn man auf die U 17 oder die U 19 schaut, die gute Ergebnisse erzielen, dann sieht man, dass unser Nachwuchs richtig gutes Potenzial hat.

Sind die Spieler, die in den großen Ligen spielen, eine Art Lokomotive für den Fußball in Luxemburg?
Barreiro: Ja, aber vor allem die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre. Dank der Nachwuchsförderung wurden viele Spieler Profis. Die Arbeit, die im Verband geleistet wurde, war überragend. Und die Spieler, die ins Ausland gehen, sind ein Beleg dafür.

Mathias, was war die Bundesliga für Sie? Ein unerreichbarer Traum oder ein realistisches Ziel für Sie als Mittelfeldspieler?
Olesen: Damals, als ich in der U 19 von Eintracht Trier gespielt habe, hätte ich nie gedacht, dass ich es in die Bundesliga schaffen würde. Man hofft natürlich immer. Aber es war als Ziel einfach zu unrealistisch. Als ich in die zweite Mannschaft des 1. FC Köln gewechselt bin, entwickelte sich dann langsam das Gefühl, irgendwann mal Bundesliga spielen zu können. Am Ende hat es geklappt. Sehr schön!

Viele Nationalspieler kennen sich seit zehn Jahren. Das verbindet.

Leandro Barreiro

Was zeichnet die Ausbildung in Luxemburg aus?
Barreiro: Ich bin seit der U 9 in der Nationalmannschaft. Es geht sehr früh los bei uns, zunächst regional, dann national. Mir wurden früh Werte vermittelt wie Zielstrebigkeit und das Bewusstsein, dass es ein sehr schwieriger Weg ist ganz nach oben, den nur die Wenigsten schaffen. Und weil sich diese Werte nicht von denen unterscheiden, die hier gelehrt werden, war ich gut vorbereitet, als ich mit 16 nach Mainz kam.

Sie sind erst 23 Jahre alt und haben bereits 45 Länderspiele absolviert. Ist es ein Ziel, Rekordnationalspieler zu werden? 102 Spiele müssten es dann sein.
Barreiro: Das wäre schön, ist aber nicht mein primäres Ziel. Ich will jedes Spiel, das ich für Luxemburg spielen darf, genießen. Auch wenn es mal schlechter läuft, denn das ist immer eine große Ehre. Ich hoffe, es kommen noch sehr viele Spiele dazu, gern zusammen mit Mathias.
Olesen: Ich bin sehr froh, dabei sein zu dürfen. Die Atmosphäre ist einmalig, und wir haben es in der Nations League im Sommer gut gemacht.

Leandro Barreiro

Trifft womöglich zum zweiten Mal in der Bundesliga auf einen Landsmann: Leandro Barreiro.  IMAGO/HJS

Im Klub gehen Sie aktuell unterschiedliche Wege. Mainz träumt von Europa, der 1. FC Köln kämpft gegen den Abstieg. Wie sehr beschäftigt Sie das, Mathias?
Olesen: Jedem ist die Situation bewusst. Wir müssen punkten und haben zu viele Spiele verloren. Wir wollen so schnell wie möglich da unten raus.

Für den FSV geht es in die andere Richtung. Was ist das für ein Gefühl, Leo?
Barreiro: Ein überragendes Gefühl. Seitdem ich hier bei den Profis spiele, waren wir zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nie so nah an den europäischen Plätzen. Wenn man viele Saisons gegen den Abstieg gekämpft hat, dann ist es schön, die andere Seite zu erleben.

Spielen Sie mit weniger Angst?
Barreiro: Nein, Angst habe ich nie beim Fußballspielen. Dann wäre ich dort falsch aufgehoben. Es ist einfach eine andere Erfahrung. Man spielt für etwas, nicht gegen etwas. Die Atmosphäre in der Mannschaft, der Blick auf die Tabelle - das ist einfach ein gutes Gefühl. Es macht mehr Spaß, als ständig nach unten schauen zu müssen.

Wie sehr drückt der Abstiegskampf aufs Gemüt, Mathias?
Olesen: Gar nicht. Unser Teamgeist ist überragend. Es ist eine andere Situation als in der vorigen Saison, als es um Europa ging. Wir müssen uns da weiter rauskämpfen, unsere Teamchemie wird uns helfen.

Leo, Ihr Instagram-Account unterscheidet sich von dem anderer Fußballer durch eine gewisse Ernsthaftigkeit. Sie versuchen, zum Nachdenken anzuregen. Spricht da der Mensch oder der Fußballer?
Barreiro: Sowohl als auch. Das ist ein großer Teil von mir, den ich weitergeben will an junge Sportler und junge Menschen, die in schwierigen Situationen sind. Vielleicht kann ich eine Stütze oder eine zusätzliche Motivation sein mit dem, was ich erlebe und versuche zu vermitteln. Dass ich es so weit geschafft habe, hängt in einem großen Maße mit meiner Einstellung zusammen. Das versuche ich weiterzugeben an die jüngeren Menschen. Weil ich glaube, dass es viel auf den mentalen Bereich ankommt.

Sie hätten beide versuchen können, für andere Länder international zu spielen. Sie, Mathias, für Dänemark, Leo für Portugal. Warum entschieden Sie sich für Luxemburg?
Olesen: Als ich nach Luxemburg kam, war ich sechs Jahre alt. Anders als Leo war ich nicht in einer luxemburgischen Schule, sondern in einer dänischen Klasse. Aber durch den Fußball habe ich ein Gefühl entwickelt für das Land, habe mich früh als Luxemburger gefühlt. Seit der U 11 habe ich jeden Jahrgang im Verband durchlaufen, bis hin zur A-Nationalmannschaft. Das war mein Ziel, dort wollte ich hin. Es ist richtig schön, dass ich das geschafft habe, weil sich hier seit einiger Zeit etwas entwickelt und ich froh bin, Teil dessen zu sein.

Habe mich früh für Luxemburg entschieden - auch aus Dankbarkeit.

Leandro Barreiro

Leo, war auch für Sie ganz klar: "Luxemburg first" ist die Devise?
Barreiro: Klar, ich bin in Luxemburg geboren und aufgewachsen. Ich habe auch die portugiesische Staatsangehörigkeit und liebe beide Länder. Aber ich habe mich sehr früh dazu entschieden, für Luxemburg zu spielen. Auch aus Dankbarkeit, weil ich in diesem Land so gut leben kann und ich mich sehr wohlfühle, sehr viele Freunde gefunden habe. Ich will etwas zurückgeben. Und jüngere Spieler motivieren, diesen Weg zu gehen. Viele A-Nationalspieler kennen sich seit zehn Jahren, weil wir den Weg gemeinsam gegangen sind. Das verbindet die Mannschaft und das Land. Das ist eine aufregende Zeit für uns.

Womit ist es vergleichbar, wenn sich die Nationalmannschaft trifft? Mit einem Klassentreffen vielleicht?
Barreiro: Es ist mehr wie ein Familientreffen. Ich bin sicher, es ist nur bei wenigen Ländern so intensiv wie bei uns. Weil wir uns so lange kennen.
Olesen: Ich bin ja relativ neu dabei. Aber ja, man wird aufgenommen wie ein Kind in der Familie. Das ist ein großartiges Gefühl.

An diesem Samstag treffen Ihre Teams, eventuell auch Sie beide, aufeinander. Wer wird gewinnen?
Barreiro: Ich bin eher ein Fan davon, nach dem Spiel zu sprechen.
Olesen: Wir spielen in Köln - wir wollen zu Hause gewinnen.

Frank Lußem

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