Bundesliga

HSV: Tim Walter bangt um David und erinnert an Heidenheim

Der HSV lag in dieser Saison schon einmal zur "Halbzeit" mit 0:3 zurück

Walter bangt um David und erinnert an Heidenheim

Wird er gegen den VfB wieder für den HSV und Tim Walter kämpfen können? Jonas David (li.).

Wird er gegen den VfB wieder für den HSV und Tim Walter kämpfen können? Jonas David (li.). IMAGO/Eibner

Für das Abschlusstraining machte Tim Walter entgegen seiner Gepflogenheiten die Türen zu. Der HSV stimmt sich nicht mit einer öffentlichen Einheit auf das Relegations-Rückspiel gegen den VfB Stuttgart (Montag, 20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) ein, sondern im Stadion. Es wird die einzige Änderung an den Abläufen sein. Und diese soll keinen tieferen Sinn haben.

"Wir wollen den neuen Rasen testen", sagt der Trainer mit einem Schmunzeln auf die Frage nach den Gründen. Weil in der Vorwoche zwei Metallica-Konzerte im Volksparkstadion stattgefunden haben, wurde neues Grün verlegt, und tatsächlich ist Walter eher unverdächtig, Grundlegendes zu verändern. Mit seinem mutigen Ansatz hatte er auch im Hinspiel dem individuell deutlich besser besetzten Bundesligisten beizukommen versucht, nach dem 0:3 nun hat er gar keine andere Möglichkeit mehr als mit offenem Visier auf ein Wunder hinzuarbeiten.

Walter hinterfragt nicht sein System, sondern die Individuen

Die Ausrichtung indes ist aus seiner Sicht nicht ursächlich gewesen für das Waterloo. "Es geht nicht immer nur um die Philosophie, sondern auch darum, individualtaktisch auf Zack zu sein. Um gegen eine individuell besser besetzte Mannschaft was ausrichten zu wollen, müssen alle Spieler bei 100 Prozent sein." Das waren zu viele der Seinen in Stuttgart nicht, insbesondere Rechtsverteidiger Moritz Heyer und auch der rechte Innenverteidiger Jonas David hatten in ihren direkten Duellen gravierende Probleme, dazu blieb auch Ludovit Reis weit unter seinen Möglichkeiten. "Der schon vielgescholtene Miro Muheim", sagt Walter, "hat auf unserer linken Seite ein gutes Spiel gemacht und es gut verteidigt." Damit will der Coach unterstreichen:  In seinem System könne es funktionieren, direkte Duelle zu gewinnen.

Bundesliga-Relegation 2023

Am Montag geht es um mehr als nur die direkten Duelle zu gewinnen, sondern auch darum, selbst gefährlich zu werden. Dass der Rückstand desillusionierend ist und noch wesentlich deutlicher hätte sein können, blendet Walter keineswegs aus, er erinnert aber an ein Spiel, in dem seine Mannschaft ihre Comeback-Qualitäten außerordentlich eindrucksvoll nachgewiesen hat. Er hatte im Vorfeld der Duelle gegen den VfB schon von zwei Halbzeiten gesprochen, jetzt sagt er: "Es stand auch bei unserem Spiel in Heidenheim 0:3 zur Halbzeit, und auch da sind meine Jungs zurückgekommen. Weil wir immer bis zum Ende kämpfen, das ist unser Gen seit zwei Jahren."

Es stand auch in Heidenheim 0:3 zur Halbzeit, und auch da sind meine Jungs zurückgekommen. Weil wir immer bis zum Ende kämpfen, das ist unser Gen seit zwei Jahren.

Tim Walter

Tatsächlich ist der Vergleich zum 3:3 in Heidenheim zulässig, denn auch dort hätte der HSV zur Pause deutlicher zurückliegen können und hat eine nicht für möglich gehaltene Energieleistung abgeliefert. Der große Unterschied ist: Bei jener Partie im Februar hatte der Trainer personelle Alternativen, mit denen er auf die Wende einwirken konnte: So waren neben einer Umstellung auf Dreierkette seine Joker Noah Katterbach, Laszlo Benes und Andras Nemeth ganz entscheidend für den Umschwung.

Die Personallage macht Sorgen, doch der Trainer klagt nicht

Aktuell aber ist das Trio komplett im Krankenstand, mit Anssi Suhonen fehlt nach seiner Roten Karte vom Donnerstagabend eine weitere Alternative - und seit dem Wochenende wackelt auch noch David. "Jonas ist kränklich", sagt Walter und lässt offen, wie es um die Einsatz-Chancen des Innenverteidigers steht. "Wir haben das ganze Jahr nicht gejammert und fangen auch jetzt nicht damit an. Wenn es nicht geht, dann spielt ein anderer." Und das würde Leihgabe Javi Montero sein, der ein Fehlgriff auf dem Wintertransfermarkt war und im Sommer zu Besiktas Istanbul zurück muss. Durch den Kreuzbandriss von Katterbach fehlt schlichtweg das Personal, um wie beim Wunder von Heidenheim auf Dreierkette umzustellen.

"Zu 1887 Prozent" glaubt Walter an die "Jungs"

Walter gibt sich dennoch kämpferisch: "Wir fangen bei minus drei an, aber wir versuchen uns peu a peu nach vorn zu arbeiten. Meine Jungs haben einen richtig geilen Charakter. Wir sind eine Familie, ich bin total von meiner Familie überzeugt." Und in Anlehnung an das Gründungsjahr des HSV: "Zu 1887 Prozent." Angesichts der Stuttgarter Überlegenheit und Klasse aber ist klar: Der HSV bräuchte noch weit mehr als vor knapp vier Monaten in Heidenheim. Und die jüngsten Tiefschläge geben nur wenige Hinweise darauf, dass er derzeit zu mehr in der Lage ist. 

Sebastian Wolff

STUTTGART, GERMANY - JUNE 01: Tim Walter, Head Coach of Hamburger SV, reacts during the Bundesliga playoffs first leg match between VfB Stuttgart and Hamburger SV at Mercedes-Benz Arena on June 01, 2023 in Stuttgart, Germany. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

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