Int. Fußball

United als vorletzte Hürde: City in "seltener Situation"

Ausblick auf das erste Manchester-Derby im FA-Cup-Finale

United als vorletzter Stolperstein: City in einer "Situation, die selten kommt"

Erling Haaland gestellt: Im letzten Duell mit Manchester City erkämpfte sich Manchester United einen 2:1-Sieg.

Erling Haaland gestellt: Im letzten Duell mit Manchester City erkämpfte sich Manchester United einen 2:1-Sieg. IMAGO/Shutterstock

Es mag vielleicht nicht das größte Derby sein, das der englische Fußball zu bieten hat - einige würden sicherlich das North-London-Derby zwischen Arsenal und Tottenham, das Merseyside-Derby zwischen Liverpool und Everton oder der Klassiker zwischen den beiden Rivalen Manchester United und Liverpool (auch bekannt als Northwest Derby) vorziehen. Doch wenn im Londoner Wembley Stadium am Samstag (16 Uhr, LIVE! bei kicker) erstmals in der langen Geschichte des FA Cups das eine auf das andere Manchester im  großen Finale dieses berühmten Wettbewerbs aufeinandertreffen, ist klar: Es ist das höchstklassige Derby, dass die Insel zurzeit zu bieten hat.

Da sind auf der einen Seite die himmelblauen Citizens, die sich unter Pep Guardiola in der Premier League unlängst zum Maß aller Dinge entwickelt haben und in dieser Spielzeit auch endlich dem großen Champions-League-Titel zu greifen nahe sind. Vor dem Finale im FA Cup trennen die Skyblues nur noch zwei Siege vom Triple. "Das ist eine Situation, in die kommt man selten - vielleicht ein- oder zweimal im Leben", schwärmte Guardiola zuletzt auf einer Pressekonferenz.

Der FA Cup gehörte bislang allerdings genau wie die Königsklasse nicht unbedingt zu den Paradedisziplinen unter Guardiola. In seinen ersten sechs Spielzeiten gewann ManCity den Pokal immerhin einmal (18/19), im Vergleich zu fünf Meistertiteln dürfte das den katalanischen Perfektionisten aber kaum zufrieden stellen. Viermal scheiterte der inzwischen 52-Jährige im Halbfinale. Doch dieses Jahr scheint auch im Pokal alles ein bisschen runder zu laufen.

Ortega Moreno und die weiße Weste

Eine zentrale Rolle spielt ein Deutscher. Dabei ist ausnahmsweise nicht die Rede von Mannschaftskapitän Ilkay Gündogan, sondern von Torwart Stefan Ortega Moreno. Der 30-Jährige, der in der vergangenen Saison noch das Tor von Arminia Bielefeld hütete, bekam von Guardiola das Vertrauen als Pokal-Torwart. In fünf Runden musste die eigentliche Nummer zwei hinter Ederson bislang nicht ein einziges Mal hinter sich greifen.

Citys Weg in das Finale

Der Finaleinzug ohne Gegentor gelang zuletzt dem FC Everton 1965/66, den Titel sicherten sich sogar erst zwei Teams ohne einen kassierten Treffer: Preston North End (1889) und Bury (1903).

Der Weg ins Finale war für die Citizens durchaus ungewöhnlich: Gleich zum Einstieg gab es einen satten 4:0-Erfolg über den FC Chelsea. Anschließend folgte ein 1:0 über den FC Arsenal, den am Ende von den Citizens doch noch überholten Premier-League-Meisterschaftsanwärter. Nachdem die beiden Hochkaräter aus dem Weg geräumt worden waren, meinte es das Los aber gut mit den Skyblues. Im weiteren Turnierverlauf ging es gegen die Zweitligisten Bristol City (3:0), FC Burnley (6:0) und Sheffield United (3:0).

Ob Guardiola auch im entscheidenden Finale wieder auf Ortega setzt oder seinen Stammtorwart ins Rennen schickt, bleibt abzuwarten. Es ist bei weitem nicht das einzige Fragezeichen im Kader der Citizens. Auch Einsätze der angeschlagenen Kevin De Bruyne, Ruben Dias, Manuel Akanji und Jack Grealish stehen noch auf der Kippe.

United könnte das nationale Pokal-Double holen

Auf der anderen Seite wartet mit Manchester United eine Mannschaft, der Trainer Erik ten Hag in seiner ersten Saison neues Leben eingehaucht hat. Nach dem enttäuschenden vergangenen Jahr (Platz sechs in der Liga, Aus im CL-Achtelfinale, der dritten Runde im EFL Cup und Runde vier im FA Cup) sicherten sich die Red Devils Platz drei in der Premier League - und damit die Teilnahme an der Königsklasse. Dazu gab es den ersten Titel seit 2017: Mit einem 2:0 im Finale gegen Newcastle holte der Rekordmeister den Ligapokal.

Uniteds Weg in das Finale

In der Europa League scheiterte United zwar im Halbfinale am späteren Sieger FC Sevilla, doch mit einem nationalen Pokal-Double würde man die Saison im roten Teil Manchesters sicherlich als großen Erfolg abheften können.

Auch der Weg ins Finale von Casemiro, Bruno Fernandes und Co. war kurios: Viermal in Folge gelang ManUnited ein 3:1-Heimsieg (gegen den FC Everton, Reading, West Ham United und Fulham). Erst im Halbfinale wurde es richtig spannend: Nach einem 0:0 über 120 Minuten gegen Brighton brauchte es sieben verwandelte Elfmeter zum Finaleinzug (7:6 i. E.). Den goldenen Treffer erzielte Innenverteidiger Victor Lindelöf.

Ten Hag: "Samstag werden wir uns bekämpfen"

Trainer ten Hag kennt Guardiola aus seiner Zeit beim FC Bayern bestens. Als er 2013 bis 2015 an der Seitenlinie der Zweitvertretung stand, coachte der Katalane die Profis an der Säbener Straße. In der Vergangenheit betonten beide immer wieder die gegenseitige Wertschätzung - trotz der großen Rivalität beider Manchester-Vereine. Vor dem Finale erklärte ten Hag im Gespräch mit der BBC: "Am Ende musst du auch Respekt voreinander haben. Aber klar, Samstag werden wir uns bekämpfen."

Verzichten muss der Coach im Kampf auf Weltmeister Lisandro Martinez (Mittelfußbruch), Bayern-Leihgabe Marcel Sabitzer (Meniskusverletzung), Donny van de Beek (Knie) und Anthony Martial (Oberschenkel). Der Brasilianer Antony könnte dagegen rechtzeitig fit werden.

Dass United durchaus weiß, wie man dem Nachbarn wehtun kann, das haben sie in der laufenden Spielzeit bereits bewiesen. Nach einer turbulenten 3:6-Hinspiel-Niederlage im Etihad gab es in der Rückrunde einen 2:1-Heimsieg. "An einem einzelnen Tag ist alles möglich", weiß ten Hag.

Klar ist aber auch: Es braucht ein ganz besonderes Spiel für Manchester United, wenn sie den Stadtrivalen auf dem Weg zum historischen Triple aufhalten und sich selbst erstmals seit 2015/16 zum FA-Cup-Sieger krönen wollen. Für Manchester City wäre der Pokal dagegen wohl nur ein Teilerfolg. Doch dieser ist notwendig, um den Traum vom ganz großen Wurf mit nach Istanbul zum Duell mit Inter zu nehmen.

dza