Bundesliga

Kempe, sein geölter Zauberfuß und die Eistonne

Darmstadts Standardkönig trotzt dem Alter

Kempe, sein geölter Zauberfuß und die Eistonne

Ein Freund des ruhenden Balls: Tobias Kempe bei seiner Spezialität.

Ein Freund des ruhenden Balls: Tobias Kempe bei seiner Spezialität. IMAGO/HMB-Media

Aus dem Darmstädter Trainingslager in El Saler (Spanien) berichtet Moritz Kreilinger

Bestens gelaunt kommt Tobias Kempe nach der Trainingseinheit am Vormittag zum Gespräch mit den zwei mitgereisten Medienvertretern. Dafür ließ er sogar das Regenerationsprogram einige Minuten warten. "Nach so einer Einheit willst du dich eigentlich nur noch in die kühle Tonne setzen", erzählte Kempe. Lachend und schweißgebadet. In der Stunde zuvor hatte Trainer Torsten Lieberknecht seine Schützlinge in einer intensiven Einheit immer wieder im vier gegen vier auf kleinem Raum spielen lassen.

Für Kempe, inzwischen 34 Jahre alt, gehören anstrengende Vorbereitungsphasen in seiner 16. Profisaison längst dazu. Der Mittelfeldregisseur gehört inzwischen zum Darmstädter Inventar. 2014 kam er ans Bölle, stieg diekt in die Bundesliga auf und hielt dort die Klasse. Dann  verabschiedete er sich zwar in Richtung Nürnberg, stand ein Jahr später aber wieder auf der Matte. Im vergangenen Sommer gelang der zweite Bundesligaaufstieg. Eine Serie würde er jetzt gerne aufrechterhalten. "Abgestiegen bin ich mit Darmstadt noch nicht. Von daher will ich das auch diesmal verhindern."

Nicht immer 90 Minuten, aber immer 100 Prozent

Kempe spielt auch in dieser Saison eine tragende Rolle bei den Lilien, die ihm mancher ob seines Alters nicht mehr zugetraut hatte. "Der Start war ein bisschen holprig. Ich war verletzt und habe das Testspiel gegen Liverpool verpasst. Das war etwas Besonderes, was ich gerne erlebt hätte. Aber ich denke: Danach habe ich mich gut reingekämpft", resümiert der Routinier. "Ich bin zwar inzwischen in einem Alter, in dem ich nicht mehr jede Woche 90 Minuten spielen kann. Aber solange ich auf dem Platz stehe, gebe ich 100 Prozent und versuche, die Mannschaft anzuführen."

Am 6. Spieltag gelang ihm beim 4:2 über Werder Bremen sein erstes Bundesligator. Diesen Traum hatte er nie aufgegeben. "Für mich war der Glaube immer da, noch mal mit dem Verein aufzusteigen. Das geschafft zu haben, war für mich schon ein Riesenerfolg. Und dass ich in 34 Spielen die Chance habe, ein Tor zu erzielen, war dann nicht so gering."

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104 Tore nach Standardsituationen

Drei Tore sind es inzwischen, drei Mal per Elfmeter. Das nächste Ziel ist klar: ein Treffer aus dem Spiel heraus. Das persönliche ist aber untergeordnet. "Für mich das Allerwichtigste der Klassenerhalt mit dem Team und der Truppe." Auf dem Weg dorthin sind seine Qualitäten mehr denn je gefragt. Kempe ist nach Freiburgs Vincenzo Grifo aktuell der gefährlichste Spieler im deutschen Profifußball, was Standardsituationen angeht. Seit 2014 sind in Liga 1 und 2 insgesamt 104 Tore nach Kempes Standardsituationen gefallen. Auf Grifos Konto gehen nur noch vier mehr.

Das feine rechte Füßchen ist aber nicht allein eine glückliche Fügung. "Es ist nicht so einfach, den Ball punktgenau ins Eck zu schlagen. Gerade von Leuten, die nie Fußball gespielt haben, kommt immer mal wieder Kritik. Klar ist es unser Beruf, den Ball zu treffen, aber da steckt neben Talent viel Arbeit dahinter", erzählt Kempe. "Ich versuche nach jedem Training ein bisschen was zu machen und die direkten Freistöße weiter zu trainieren." Außer wenn wie an diesem Tag die Journalisten und die Eistonne warten, versteht sich. "Ich weiß zwar, dass ich diesen Fuß habe, er muss aber immer wieder geölt werden", fügt der Filigrantechniker grinsend hinzu.

Zimmermann, Honsak und Wache hat es erwischt

Derweil bereitet die personelle Lage Trainer Lieberknecht etwas Kopfzerbrechen. In puncto Neuzugänge tut sich noch wenig. Viel Bewegung gibt es noch nicht auf dem Transfermarkt. Der gesuchte Torjäger dürfte also noch etwas auf sich warten lassen. Immerhin: Der verspätet angereiste Andreas Müller stand erstmals mit der Mannschaft auf dem Rasen und auch Tim Skarke ist an diesem Donnerstag in Spanien angekommen. Dafür mussten mit Christoph Zimmermann und Matthias Honsak zwei andere Akteure heute krankheitsbedingt passen. Auch Torwarttrainer Dimo Wache hat es gesundheitlich erwischt. Auch deshalb steht nach der intensiven Vormittagseinheit ein trainingsfreier Nachmittag auf dem Programm. Kempe hat diesen schon verplant. "Wir haben ja nicht weit zum Meer. Das werde ich heute mal nutzen", kündigte er an. Für den Eistonnenfreund sind die 14 Grad Wassertemperatur vermutlich recht angenehm.

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