Bundesliga

Micoud im Geburtstags-Interview über Bremen, die Bundesliga und Benzema

Bremens genialer Spielgestalter wird 50

Jubilar Micoud im Interview: "Wahnsinnig glücklich bei Werder"

Feiert am Montag seinen 50. Geburtstag: Johan Micoud als Werders "Grüne Legende" und Doublesieger 2004.

Feiert am Montag seinen 50. Geburtstag: Johan Micoud als Werders "Grüne Legende" und Doublesieger 2004. imago images (2)

Vor 19 Jahren erlebte Johan Micoud die wohl schönste und aufregendste Zeit seiner Laufbahn: Mit Werder Bremen gewann er 2004 das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal. Kurz vor seinem 50. Geburtstag an diesem Montag erinnert er sich im kicker-Interview.

Monsieur Micoud, wie fühlt man sich mit 50?

Ich fühle mich topfit. Ich lebe in der Nähe von Bordeaux und verfolge weiterhin die Geschehnisse im europäischen Fußball.

Vor 19 Jahren schrieben Sie mit Werder Bremen Bundesliga-Geschichte: Meisterschaft und DFB-Pokal. Was ist von Ihrer Zeit bei Werder besonders in Erinnerung geblieben?

Ich hatte dort zwischen 2002 und 2006 eine wunderbare Zeit. Ich hatte wahnsinnig viel Spaß, auf und auch außerhalb des Platzes. Es hat einfach alles gepasst. Ich denke gerne daran zurück und werde noch heute immer wieder darauf angesprochen.

Mit unserer offensiven und attraktiven Spielausrichtung war ich wahnsinnig glücklich.

Johan Micoud

Was war im Nachhinein der Hauptgrund, dass Sie sich in Bremen so schnell so wohlgefühlt haben, obwohl Sie kein Wort Deutsch sprachen?

Weil ich jederzeit das volle Vertrauen von Thomas Schaaf und seinem Trainerstab gespürt habe. Das war das Allerwichtigste. Da gab es immer wieder einen Austausch, man ging offen miteinander um. Der Zusammenhalt mit den anderen Spielern war auch sehr groß. Mit unserer offensiven und attraktiven Spielausrichtung war ich wahnsinnig glücklich. Auch mit der Spielweise in der Bundesliga war ich mehr als happy. Ich wusste, dass es jedes Wochenende spektakulär und torreich laufen würde. Es entsprach genau meiner Philosophie.

Obwohl Sie groß aufspielten, hat der damalige Nationaltrainer Jacques Santini Sie nicht zur EURO 2004 in Portugal mitgenommen - woraufhin Sie aus der französischen Nationalmannschaft zurücktraten.

An diesem Tag war ich wirklich verärgert. Damals habe ich gesagt, dass ich unter diesem Trainer nicht mehr in die französische Nationalmannschaft zurückkehren werde. Das war halt aus der Emotion heraus, nachdem ich mit Werder so eine großartige Saison bestritten hatte.

War es Ihr Pech, dass Zinedine Zidane genau auf Ihrer Position spielte?

Zizou war schlichtweg einmalig, in meinen Augen der beste Spieler der Welt. Man hatte mich sehr oft mit ihm verglichen, aber eigentlich nur, weil wir auf derselben Position spielten und weil wir beide Franzosen sind. Aber Micoud ist Micoud und Zizou ist Zizou.

"Charisteas' Geste hat mich sehr berührt"

Nach dem 1:0-Sieg von Griechenland im Viertelfinale gegen Frankreich hat ihr Bremer Mitspieler Angelos Charisteas, der Schütze des goldenen Tores, sein Trikot hochgezogen, und darunter kam ein T-Shirt mit der Aufschrift "Micoud" zum Vorschein.

Ich hatte das zuerst gar nicht registriert. Nach dem Spiel hat er mich angerufen, um mir mitzuteilen, was er getan hatte, und er wollte wissen, was ich davon gehalten habe. Diese Geste hatte mich sehr berührt, weil es menschlich einfach sehr stark ist. Für mich war es jedoch keine Art Rache an Santini. Charisteas hat es von sich aus getan. Ich danke ihm, dass er in diesem Moment an mich gedacht hat. Das war wirklich rührend.

Johan Micoud und Angelos Charisteas

Besondere Geste bei der EM 2004: Johan Micoud und Angelos Charisteas. imago images

Verfolgen Sie weiterhin das Geschehen bei Werder?

Selbstverständlich. Ich habe registriert, dass Werder in der vergangenen Saison relativ stabil aufgetreten ist. Ich drücke Bremen die Daumen, dass es weiter nach oben geht. Ich habe den Eindruck, dass sie sich wieder auf einem guten Weg befinden.

Ihr ehemaliger Mannschaftskollege Frank Baumann ist dort inzwischen Geschäftsführer Sport.

Ich finde es toll, dass in Bremen ehemalige Spieler solch wichtige Positionen bekleiden, wie es ja auch bei Bayern München und Dortmund der Fall ist. Dass Frank zum Geschäftsführer aufgestiegen ist, hat mich nicht wirklich erstaunt. Schon als Spieler war er stets sehr diszipliniert, extrem professionell und auch bescheiden. Er ist sehr intelligent und besonnen, und er verkörpert Werder richtig gut. Mit ihm als Chef wird sich Werder wieder in der Bundesliga etablieren, daran habe ich keine Zweifel.

Welchen Stellenwert hat die Bundesliga in Frankreich?

Ich habe den Eindruck, dass die Bundesliga außerhalb Deutschlands zu wenig Beachtung findet. In Frankreich jedenfalls wird wenig darüber berichtet - zumindest weniger als über die englische oder die spanische Liga. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen.

Warum?

Die Bundesliga ist eine der spektakulärsten Ligen der Welt mit ultra-modernen Stadien, die fast überall ausverkauft sind. Es gibt so gut wie nie Randale, der Toreschnitt pro Spiel liegt bei über drei, das Niveau ist stark. Für die Franzosen gibt es in Deutschland aber nur den FC Bayern.

Wie erklären Sie, dass Bayern elf Jahre lang ununterbrochen Meister wurde?

Sportlich und finanziell haben die Bayern seit vielen, vielen Jahren die besten Möglichkeiten. Aber mir imponiert bei diesem Verein besonders die Mentalität, der unbedingte Wille, jedes Spiel zu gewinnen. Da spielt der Wettbewerb - egal ob Bundesliga, Champions League oder auch nur ein Freundschaftsspiel - keine große Rolle. Ob Kimmich, Neuer oder Müller: Sie sind nie satt, das ist eindrucksvoll. Elfmal in Folge Meister zu werden in einer europäischen Top-Liga ist einzigartig.

Wird Bayern also auch diese Serie weiterhin ausbauen?

Ich gehe fest davon aus. Zuletzt wurden die Münchner Meister, obwohl fast die ganze Saison lang wahnsinnig viel Unruhe herrschte. Insofern ist es schwer vorstellbar, dass demnächst eine andere Mannschaft Meister werden könnte. Ich habe auch das Gefühl, dass der Abstand zu Dortmund, Leipzig und Leverkusen nicht kleiner wird.

Benzema ist Vollstrecker und mannschaftsdienlich. Schade, dass er seine Karriere in Saudi-Arabien ausklingen lässt.

Johan Micoud

Welcher Spieler hat Sie in den vergangenen Jahren im internationalen Fußball besonders begeistert?

Karim Benzema. Seine Entwicklung in den vergangenen Jahren ist schlichtweg phänomenal. Er und Robert Lewandowski sind die komplettesten Spieler weltweit. Was mir aber noch mehr imponiert: Seine Genauigkeit in seinen Aktionen, er macht kaum Abspielfehler, er ist wahnsinnig eiskalt vor dem gegnerischen Tor und hat eine wunderbare Mentalität, indem er immer gewinnen will und das Maximum anstrebt. Karim ist gleichzeitig Vollstrecker und mannschaftsdienlich. Schade, dass er jetzt seine Karriere in Saudi-Arabien ausklingen lässt.

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