Bundesliga

Ein Idol, die Friedenstaube und eine Dummheit: Ein A bis Z mit Giovane Elber

Brasilianer über sein "bisher wunderbares Leben"

Ein Idol, die Friedenstaube und eine Dummheit: Ein A bis Z mit Giovane Elber

VfB, Brasilien, Bayern: Giovane Elber wird am Samstag 50 Jahre alt.

VfB, Brasilien, Bayern: Giovane Elber wird am Samstag 50 Jahre alt. imago images (3)

A wie Amerika

Ich bin zwar Südamerikaner, verbinde aber auch viel Schönes mit Nordamerika, sprich den USA. Zum einen, weil ich mit dem und für den FC Bayern öfter in den Staaten bin, zum anderen, weil ich hier mein Debüt in der brasilianischen Nationalmannschaft feiern durfte.

B wie Balakov

Krassimir ist einer der besten Spieler, mit denen ich jemals zusammenspielen durfte, einer der weltbesten Spieler überhaupt. Er konnte alles: Dribblings, Freistöße, Elfmeter, Vorlagen. Ein besonderer Fußballer, Mensch und Freund, mit dem ich beim VfB Stuttgart eine tolle Zeit erleben durfte.

C wie China

Als ich als Markenbotschafter des FC Bayern erstmals nach China reiste, dachte ich, dass mich niemand kennen oder erkennen würde. Das Gegenteil war der Fall. Am Flughafen wurde mir von über 100 Menschen ein toller Empfang bereitet.

D wie Dummheit

Ich habe mich nackt auf einem Motorrad fotografieren lassen. Die Dummheit bestand darin, dem Fotografen vertraut zu haben, der zum Shooting für ein Jugendmagazin gekommen war. Er hatte die Idee, ein Motiv zu schießen, wie es einst Basketball-Star Dennis Rodman getan hat, und meinte, das wäre sicher ein schönes Bild für meine Frau als Weihnachtsgeschenk. Das dachte ich auch. Am Ende machte das Bild allerdings in der Öffentlichkeit die Runde.

E wie Eigenheit

Als Spieler habe ich immer Socken, Stutzen und Schuhe rechts angezogen und danach links. Ich habe meistens auch mit rechts den Rasen betreten.

F wie Favela

Die Armut in Brasilien ist ein Problem, das mich immer beschäftigt hat und beschäftigen wird. Ich bin froh, dass ich mit meiner Stiftung in meiner Heimatstadt Londrina etwas dagegen tun kann. Jedes Jahr bieten wir rund 250 Kindern und Jugendlichen von der Straße Hilfe zur Selbsthilfe. Wir bieten unter anderem medizinische Hilfe, Hausaufgabenhilfe, warmes Essen. Es macht mich stolz und glücklich, wenn ich zufällig Kids, die bei uns waren, in der Stadt treffe und sehe, dass sie heute auf eigenen Beinen stehen und nicht in die Kriminalität oder Drogenszene abgerutscht sind.

G wie Gold Cup

Beim CONCACAF Gold Cup 1998 feierte ich mein Debüt in der Seleçao. Leider war es kein Ruhmesblatt. Wir wurden nur Dritter. Aber für mich war es die Möglichkeit, in Brasilien auf mich aufmerksam zu machen, nachdem ich sehr jung nach Europa gewechselt war. Ich kam viermal zum Einsatz und traf gegen El Salvador zweimal. Obwohl ich erst in der Schussphase eingewechselt wurde.

H wie Heimat

Ein wunderschönes Wort. Ich darf mich glücklich schätzen, gleich zwei Heimatländer zu haben. Viele Menschen haben nicht einmal mehr eine Heimat. Ich habe Brasilien und Deutschland.

I wie Idol

Zico, der nicht nur ein überragender Fußballer war, sondern dabei auch ein überragender Mensch geblieben ist. Bodenständig, ohne Allüren und Skandale. Das hat mir immer imponiert. Ein echtes Vorbild.

J wie Jubel

Ich habe nach fast jedem Tor etwas Neues gemacht und die Fans sind ausgeflippt. Nichts war geplant, alles immer spontan. Nur einmal ging ich mit einer Idee ins Spiel: Nach den Terror-Anschlägen vom 11. September habe ich nach einem Treffer mit den Händen eine Friedenstaube symbolisiert.

K wie Kreuzband

Ich hatte einige Verletzungen in meiner Karriere, wie zum Beispiel meinen Knöchelbruch im ersten Jahr in Stuttgart. Mein Kreuzbandriss 1999 hätte mich allerdings fast meine Karriere gekostet. Selbst Bayern-Mannschaftsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt hatte Zweifel, ob ich auf den Rasen zurückkehren würde. Das hat mich angestachelt. Am Ende hatte ich das Champions-League-Finale gegen Manchester United verpasst, mit der Karriere ging es allerdings weiter.

L wie Lewandowski

Weltklassefußballer und Musterprofi, der für den FC Bayern immer alles gegeben hat. Es gab und gibt nicht viele seiner Klasse.

M wie Makaay

Roy hat mich meinen Platz beim FC Bayern gekostet mit seinem Wechsel nach München. Von heute auf morgen war ich nicht mehr gefragt. Das tat weh, gehört aber leider auch zum Profifußball. Ich hätte gerne mit ihm zusammengespielt. Ungeachtet dessen verstehe ich mich mit ihm, Roy ist ebenfalls Markenbotschafter des FCB, sehr gut.

N wie Nationalmannschaft

Die Seleçao und Giovane Elber haben leider nicht gut zusammengepasst. Im Verein habe ich alles gewonnen, was man gewinnen kann. Aber bei der Auswahl war irgendwie der Wurm drin. Ich hatte immer den Eindruck, ich sei ein Außenseiter. Selbst die Trainer sagten schon mal zu mir: "Giovane, heute müsstest Du eigentlich spielen. Aber Du bist in Brasilien nicht so bekannt, deswegen spielt der soundso …" Das hat sehr wehgetan.

O wie Olympique

In Lyon ging es mir fast wie in der Nationalmannschaft. Mit dem Unterschied, dass man mir bei Olympique mit Neid begegnet ist. Obwohl ich wirklich niemand bin, der Allüren hat, gab es den einen oder anderen, den der Wirbel um meine Person störte. Ich habe alles versucht, habe meinen Spielstil angepasst, wollte mich integrieren. Wir wurden auch Meister und erreichten erstmals in der Klubhistorie das Viertelfinale der Champions League. Aber es hat alles nicht geholfen. Es hat einfach nicht gepasst.

P wie Publikumsliebling

Ein schönes Wort wie Heimat. Publikumsliebling zu werden, kann man nicht planen. Das geschieht einfach. Die Fans haben immer gemerkt und honoriert, dass ich bei allem Ernst auch noch Spaß haben wollte. Das ist bei allen immer gut angekommen.

Q wie Quatschkopf

Ab und zu muss man auch mal Dampf ablassen und über die Stränge schlagen. Zum Beispiel seinem Trainer den Kopf zu rasieren, was Jogi Löw nach unserem Pokalsieg mit dem VfB Stuttgart 1997 passiert ist. Oder einem Freund und Kollegen bei dessen Geburtstagsfeier erst ein Ei auf den Kopf zu schlagen und ihm dann Mehl ins Haar zu reiben, was ich bei Roque Santa Cruz gemacht habe.

R wie Reisen

Als Kind hätte ich nie geglaubt, dass ich auch nur einmal Brasilien verlassen würde. Schon ein Flug von Londrina nach Sao Paulo wäre das Größte gewesen. Mittlerweile habe ich dank des Fußballs die Welt gesehen und erlebt. Dass ich deswegen ständig unterwegs bin, macht mir nichts aus. Wenn ich am Flughafen am Gate stehe, begrüßen mich die Flugbegleiter schon mal mit den Worten "Hallo, Herr Elber, schon wieder unterwegs?" Übertrieben gesagt: Wenn ich eine Weile nicht geflogen bin, vermisse ich regelrecht den Kerosingeruch.

S wie Schwäche

Dieses Wort kenne ich nicht. Wenn überhaupt, dann ist meine Familie meine Schwäche. Sie bedeutet mir alles. Viele Fußballer verlieren sich nach der Karriere. Dass mir das nicht passiert, liegt daran, dass ich eine intakte und liebevolle Familie um mich herum habe.

T wie Torjäger

Von klein auf wollte ich Tore schießen, wollte vorne im Angriff spielen. Die Abwehr habe ich verweigert.

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U wie Uli Hoeneß

Alle lieben ihn. Er ist der netteste und gleichzeitig schwierigste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe. Was er für den FC Bayern, für die Spieler getan hat und heute noch tut, ist unbeschreiblich. Haben wir gut gespielt und gewonnen, war er in seiner Freude nicht zu bremsen. Haben wir verloren, wussten wir, dass es auf die Ohren gibt.

V wie Vater

Mein Papa José war der Größte für mich. Er hat alles für die Familie getan. Wenn das Essen nicht für alle gereicht hat, was schon mal vorkam, hat er verzichtet, damit wir Kinder uns satt essen konnten. Er hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Wir hatten so viele Pläne für die Zeit nach dem Ende meiner Profilaufbahn. Leider ist er vorher gestorben.

W wie Weltmeister

Dieser Traum, den jeder Brasilianer träumt, hat sich leider nicht erfüllen lassen. Mit der U 20 wurde ich 1991 zumindest Vize-Weltmeister. Ich habe vier Tore erzielt. Aber im Finale haben wir gegen Gastgeber Portugal verloren.

X wie X-Games

Vor Jahren war ich in Brasilien bei den X-Games. Es ist faszinierend, teilweise verrückt, was es noch für außergewöhnliche und teilweise wenig bekannte Sportarten gibt. Mein Favorit ist das Skateboard fahren.

Y wie YouTube

Ich schaue wahrscheinlich mehr YouTube als Fernsehen, informiere mich über Reiseziele, Länder, Menschen, technische Fragen. Alles, was ich nicht weiß, suche ich erst einmal online.

Z wie Zukunft

Ich wünsche mir, dass meine Zukunft mindestens so gut wird wie meine Vergangenheit bisher war. Dann habe ich alles richtig gemacht. Mein bisheriges Leben war wunderschön. So darf es weitergehen.

aufgezeichnet von George Moissidis

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