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1956 - Die "gesamtdeutsche" Mannschaft bei Olympia

Sie unterlagen der Sowjetunion nur mit einem Tor Unterschied: Die "gesamtdeutsche" Fußballmannschaft.

Sie unterlagen der Sowjetunion nur mit einem Tor Unterschied: Die "gesamtdeutsche" Fußballmannschaft. imago images

Nachdem das Internationale Olympische Komitee das Nationale Olympische Komitee der DDR nur vorübergehend anerkannt hatte, hatten beide deutschen Staaten beschlossen, ein gesamtdeutsches Team zu stellen. Der Fußballverband der DDR verzichtete aber darauf, Spieler in diese Auswahl zu entsenden. Somit bestand der 15-köpfige Kader ausschließlich aus Amateuren der Bundesrepublik - Profis waren nicht zugelassen.

Zum Auftakt wartete am 24. November die Sowjetunion. "Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht", gestand Torwart Albert Görtz (Düsseldorfer SC 99) hinterher mit Blick auf seine Aufregung.

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Die gesamtdeutsche Mannschaft trat von Beginn an kämpferisch-defensiv auf. "Es wäre sinnlos gewesen, hier in Schönheit zu sterben", sagte Trainer Georg Gawliczek, "es kam uns nur auf das Ergebnis an."

In der 24. Minute besorgte Valentin Ivanov die Führung für die Sowjetunion. "Unsere Amateurmannschaft war natürlich, was Wunder, den Russen technisch nicht entfernt gewachsen", urteilte kicker-Reporter Friedebert Becker in Melbourne. Fünf Minuten vor Schluss erzielte Eduard Streltsov das 2:0, doch nur eine Minute später verkürzte Ernst-Günter Habig (SC Rapid Köln) - und beschwor eine Schlussoffensive herauf. "Ja, wer hätte gedacht, daß die Russen, diese technisch wahrhaft große Mannschaft, zu guter Letzt nervös und beinahe panikartig unsicher, die Bälle in die Zuschauer dreschen würden", schrieb kicker-Reporter Becker.

Es reichte nicht. Die gesamtdeutsche Amateurmannschaft musste schon nach einem Pflichtspiel wieder die Koffer packen. Schlechter als die Profis um Fritz Walter und Horst Eckel hatten sie es aber nicht gemacht: Zwei Monate zuvor war die erste Garde der Bundesrepublik in einem Freundschaftsspiel der Sowjetunion unterlegen - ebenfalls mit 1:2.

Paul Bartmuß

1956: Was sonst noch geschah ...

Deutscher Meister 1956: Borussia Dortmund.

Deutscher Meister 1956: Borussia Dortmund. Picture Alliance

Meister: Borussia Dortmund (nach 4:2 gegen den Karlsruher SC)

Pokal: Karlsruher SC (nach 3:1 gegen den Hamburger SV)

DDR: SC Wismut Karl-Marx-Stadt (Meister), SC Chemie Halle-Leuna (Pokalsieger nach 2:1 gegen Turbine Erfurt), Torschützenkönig: Ernst Lindner (BSG Lokomotive Stendal, 18 Tore)

Europapokal der Landesmeister: Real Madrid (nach 4:3 gegen Stade Reims)

Olympische Spiele in Melbourne: Sowjetunion (Gold), Jugoslawien (Silber), Bulgarien (Bronze), Deutschland scheidet nach 1:2 gegen Sowjetunion im Achtelfinale aus.