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1955 - Ein Freundschaftsspiel als erfolgreiches Politikum

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1955 - Ein Freundschaftsspiel als erfolgreiches Politikum

Freudiger Empfang: Die Nationalmannschaft der UdSSR begrüßte die westdeutsche Mannschaft.

Freudiger Empfang: Die Nationalmannschaft der UdSSR begrüßte die westdeutsche Mannschaft. imago images

Es musste für die Spieler eine merkwürdige Situation gewesen sein: Noch zehn Jahre zuvor hatte zwischen der Sowjetunion und Deutschland Krieg geherrscht. Manch einer - darunter auch Kapitän und Weltmeister Fritz Walter - hatte sogar einige Zeit in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gestanden.

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Spiel stand zeitweise auf der Kippe

Der Vorschlag für ein Freundschaftsspiel kam aus Moskau, der DFB sagte - ohne vorherige Absprache mit der Bundesregierung - zu.

Die Bundesregierung um Bundeskanzler Konrad Adenauer zeigte sich anfangs empört, die Partie wurde zum Politikum. Zahlreiche Politiker, die die Sowjetunion noch immer als Feind ansahen, waren schockiert und es wurde sogar mit dem Gedanken gespielt, die Partie wieder abzusagen.

Doch es kam alles anders. Fans aus Ost- und Westdeutschland durften die Partie besuchen und wurden ebenso offen empfangen wie die Spieler.

Das Ergebnis geriet zur Nebensache

Am 21. August war es dann so weit und die westdeutsche Elf traf in Moskau auf die Auswahl der Sowjetunion. Neben Fritz Walter standen auch Spieler wie Max Morlock und Helmut Rahn auf dem Feld, das sowjetische Tor hütete Keeper Lew Jaschin.

Die Sowjetunion konnte sich gegen den amtierenden Weltmeister mit 3:2 durchsetzen. Was aber viel wichtiger war: Unabhängig vom Ergebnis hatte sich das Verständnis zwischen den beiden Völkern verbessert. Nur wenige Wochen nach der Begegnung besuchte Adenauer die heutige russische Hauptstadt. Sechs Wochen später konnten die letzten Kriegsgefangenen aus der sowjetischen Gefangenschaft zurückkehren.

Dominik Sandler

1955: Was sonst noch geschah ...

Endspiel um den DFB-Pokal 1955

Der Karlsruher SC konnte sich 1955 im Endspiel um den DFB-Pokal mit 3:2 gegen Schalke 04 durchsetzen. picture alliance

Meister: Rot-Weiß Essen (nach 4:3 gegen den 1. FC Kaiserslautern)

Pokal: Karlsruher SC (nach 3:2 gegen den FC Schalke 04)

DDR: SC Turbine Erfurt und SC Wismut Karl-Marx-Stadt (Besonderheit: zwei Meister wegen Umstellung der Saison auf Kalenderjahr), SC Wismut Karl-Marx-Stadt (Pokalsieger nach 3:2 n.V. gegen Empor Rostock), Torschützenkönige: Willy Tröger (SC Wismut Karl-Marx-Stadt, 22 Tore) und Klaus Selignow (BSG Rotation Leipzig, 12 Tore)