Die Nachwirkungen des Attentats auf ihren Mannschaftsbus am Vortag waren den Borussen vor allem im ersten Durchgang anzumerken. "Wir konnten nicht so frei spielen, wie wir das eigentlich können", fasste Julian Weigl die Anfangsphase bei "Sky" zusammen. Keine Frage: Die mentale Belastung für den BVB war hoch. Hinzu kam ein im ersten Durchgang ungünstiger Spielverlauf . Zur Pause lag die Tuchel-Elf mit zwei Gegentreffern zurück - obwohl ihnen das Glück zunächst noch hold war: Sokratis hatte nämlich einen Strafstoß verschuldet, den Fabinho allerdings neben das Tor schoss (17.). Nur zwei Minuten später lag der Ball aber doch im Netz: Kylian Mbappé Lottin hatte die Kugel über die Linie gedrückt, stand dabei aber im Abseits (19.). "Das muss man sehen", nahm Tuchel das Schiedsrichtergespann um den italienischen Referee Daniele Orsato in die Pflicht. Es kam allerdings noch bitterer: Zwölf Minuten später lenkte Sven Bender eine Flanke von Andrea Raggi unglücklich ins eigene Netz (31.).
Wir werden auf jeden Fall weiter dran glauben und alles versuchen.
Thomas Tuchel über die Halbfinal-Chancen
Spielersteckbrief Weigl
Spielersteckbrief Sahin
Borussia Dortmund - Die letzten Spiele
Tuchel sah sich so zu Umstellungen gezwungen und setzte zur Halbzeitpause mit der Einwechslung von Nuri Sahin und Christian Pulisic zwei neue Impulse. "Wir wollten gegen den Linksverteidiger mit Pulisic im Eins-gegen-eins viel Druck erzeugen", erklärte der 43-Jährige sein Vorhaben und sah sich bestätigt. Der BVB drängte nach dem Seitenwechsel wie entfesselt auf den Anschluss, den Ousmane Dembelé nach einer schönen Kombination schließlich erzielte (57.). "Als wir irgendwann im Spiel angekommen waren und auf die Süd gespielt haben, ging das sehr, sehr gut und es hat geholfen, sich abzulenken und im Fußball aufzugehen", meinte Tuchel.
Zum ersehnten Ausgleich kam seine Elf allerdings nicht, stattdessen schockte Mbappé Lottin die Gastgeber mit seinem zweiten Treffer, nachdem er sich einen unglücklichen Querpass von Lukas Piszczek geschnappt und den Ball kurz darauf im Tor versenkt hatte (79.). "Im Grunde kann man von zwei Eigentoren und einem Abseitstor sprechen. Das ist nicht für uns gelaufen", haderte Tuchel.
Tuchel und Sahin richten den Blick voraus
Doch immerhin: Shinji Kagawa sorgte wenige Minuten vor dem Schlusspfiff noch für den so wichtigen 2:3-Anschlusstreffer. "Das zweite Tor war heute Gold wert für uns", lobte Sahin mit. Und auch Tuchel richtete den Blick schon voraus: "Im Rückspiel haben wir natürlich eine große Aufgabe. Aber es ist Halbzeit und wir liegen 2:3 zurück. Mal schauen, wir werden auf jeden Fall weiter dran glauben und alles versuchen."
Dortmunds Mannschaft bekam auch nach dem Spiel viel Zuspruch von den Fans. imago
Bis dahin bleibt dem BVB auch ein wenig Zeit, die Vorkommnisse vom Dienstag weiter zu verarbeiten. Diese waren auch nach dem Schlusspfiff natürlich allgegenwärtig. Tuchel nutzte die Gelegenheit, seine Mannschaft für ihr gutes Spiel trotz der schwierigen Voraussetzungen zu loben: "Es hat viel Mut und Courage erfordert. Das haben wir heute gezeigt." Gleichzeitig präzisierte der BVB-Coach aber auch noch einmal seine Kritik an der Terminierung des Nachholspiels, die er vor dem Spiel geäußert hatte : "Wir wären gerne in der besten Form angetreten", sagte er. Schließlich gehe es auch um den "Champions-League-Traum" seiner Mannschaft. "Ich weiß, dass der Fußball sehr wichtig ist, dass es um sehr viel geht und ich weiß, dass wir hier liefern müssen", ergänzte Sahin. "Aber man sollte auch nicht vergessen, dass wir Menschen sind."
