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"Jeder hat dran geglaubt": Jeltsch und der Geist der aktuellen U 17

Deutschlands Auswahl träumt vom ersten Titel seit 2009

"Jeder hat dran geglaubt": Jeltsch und der Geist der aktuellen U 17

Durchpusten: Das EM-Viertelfinale war für Deutschlands U 17 um Finn Jeltsch ein großer Kraftakt.

Durchpusten: Das EM-Viertelfinale war für Deutschlands U 17 um Finn Jeltsch ein großer Kraftakt. IMAGO/Aleksandar Djorovic

Hollywood-Legende Alfred Hitchcock hatte während seiner Hochphase reihenweise Filmklassiker geschaffen und das Publikum mit Thrillern sowie Schockern wie "Das Fenster zum Hof" (1954), "Der unsichtbare Dritte" (1959), "Psycho" (1960) oder "Die Vögel" (1962) gespannt vor den Leinwänden gehalten. Den Output, den der deutsche Fußball in den letzten Tagen hinbekam, konnte aber auch ein Großmeister wie er nicht leisten.

So feierte der SV Wehen Wiesbaden minutenlang mit den auf den Platz stürmenden Fans den Zweitliga-Aufstieg verfrüht, weil Osnabrück noch in die Suppe spucken sollte. So wurde in der Bundesliga Bayern München doch noch dramatisch Meister, weil der BVB daheim gegen Mainz auch am eigenen Nervenkostüm verzweifelte (2:2). Und so wurde dem HSV die Rückkehr ins Oberhaus doch noch vom lange bibbernden FC Heidenheim untersagt, weil dieser in einer elfminütigen (!) Nachspielzeit noch das notwendige 3:2 in Regensburg verbuchte. Drama pur.

Check, Check, Check

Mittendrin und etwas im Schatten dieser sportlich-verrückten Schlagzeilen befand sich auch Deutschlands U-17-Auswahl in einem denkwürdigen Spielfilm - genauer gesagt im Viertelfinale gegen die Schweizer Nachwuchsspieler. Nach einer makellosen Gruppenphase sollte das Team von Trainer Christian Wück so einige Stöcke zwischen die Speichen bekommen - und doch das Halbfinale erreichen.

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Frühe Rote Karte gegen den Mainzer Maxim Dal und eine insgesamt 75-minütige Unterzahl? Check! Das direkt darauf folgende 0:1 durch die Schweiz vom Gladbacher Winsley Boteli? Check! Und letztlich auch noch das Hintertreffen im finalen Elfmeterschießen? Ebenfalls Check!

Boteli wird zur tragischen Schweizer Figur

Auf all das fanden Deutschlands Talente allerdings auch Antworten - und was für welche: Die Abwehr um Innenverteidiger Finn Jeltsch, der in Dal früh seinen angestammten Partner verloren hatte, hielt dem Druck stand. Offensivmann Paris Brunner aus dem BVB-Nachwuchs besorgte im zweiten Abschnitt das wichtige 1:1. Und Bayern-Keeper Max Schmitt parierte im finalen Thriller direkt nach dem Fehlschuss von Mitspieler Winners Osawe (RB Leipzig). In der Folge trafen alle weiteren Deutschen - darunter auch Pal Dardais Sohn Bence (Hertha BSC) -, ehe der Schweizer 1:0-Schütze Boteli die Kugel an den Querbalken feuerte und somit Deutschlands Halbfinalticket löste.

Ein Aus gegen die Schweiz kam quasi nicht infrage

Dort kommt es in der ungarischen Gemeinde Felcsut nahe Budapest in der Puskas Akademia Pancho Arena an diesem Dienstag (16.30 Uhr, LIVE! bei kicker) zum Duell mit Polen. Es winkt nichts Geringeres als der Finaleinzug und damit verbunden die erste EM-Titelchance seit dem Turnier 2009, als spätere Weltmeister wie Mario Götze oder Barcelona-Stammtorwart Marc-André ter Stegen den Triumph gegen die Niederlande klarmachten. Nach 1984, 1992 und eben 2009 wäre dies außerdem erst der vierte EM-Titel für eine deutsche U 17.

Für Innenverteidiger Jeltsch, der sich nun im Gespräch mit dem DFB ausführlich äußerte, etwas ganz Besonderes. Und nichts, was für ihn unmöglich erscheint: "Wenn wir es schaffen, unsere Qualität und Mentalität auf den Platz zu bringen, dann könnte es tatsächlich mit dem Titel funktionieren."

Auf jeden Fall hat unsere Mentalität eine große Rolle gespielt.

Finn Jeltsch über den Erfolg

Besonders mit Stolz erfüllte den im mittelfränkischen Raitersaich aufgewachsenen Nachwuchsspieler des 1. FC Nürnberg die Leistung gegen die Schweiz - und der Kampf gegen alle Widerstände: "Das Spiel war sehr intensiv, da wir ab der 15. Minute in Unterzahl waren. Das hat es schwerer gemacht - wir mussten uns erstmal neu sortieren und die Formation ändern. Mit der Situation sind wir aber gut klargekommen. Wir haben nur wenig zugelassen und es geschafft, das Spiel an uns zu reißen." Und, so der 16-Jährige weiter: "Auf jeden Fall hat unsere Mentalität eine große Rolle gespielt. Jeder hat dran geglaubt, dass wir das Spiel drehen. Das hat man auch in der Halbzeit gesehen, als wir Spieler nochmal einen Kreis gemacht haben. Jeder wollte es unbedingt und wir wussten, dass alles möglich ist."

Alles möglich ist für ihn auch in Richtung Titel, so Jeltsch weiter: "Wir müssen noch etwas regenerieren, da man nach so einem Viertelfinale natürlich nicht direkt wieder bei 100 Prozent ist. Zum Spieltag wird das aber wieder der Fall sein." Gerade auch, weil der Umzug nach Budapest gut angekommen ist: "Die neue Unterkunft ist ordentlich. Und auch die Umgebung ist schön, hier lässt es sich aushalten."

mag

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