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Gefährliche Unterhaltung: Über Newcastles Transferfenster

Analyse

Gefährliches Entertainment: Über Newcastles erstes Transferfenster als reichster Klub der Welt

Drei, die im Sommer noch nicht in Newcastle gelandet wären: Kieran Trippier, Bruno Guimaraes (mit Handy und Goldmedaille in Tokio) und Chris Wood (v.li.).

Drei, die im Sommer noch nicht in Newcastle gelandet wären: Kieran Trippier, Bruno Guimaraes (mit Handy und Goldmedaille in Tokio) und Chris Wood (v.li.). imago images (2)/Getty Images

Für die Newcastle-Fans war es genau das Kontrastprogramm, das sie sich seit vielen Jahren so fest gewünscht hatten, trotzdem würde es nicht überraschen, wenn manche von ihnen in diesem Januar schlichtweg überfordert waren.

Doch es ist wahr: Ihr Klub, der unter Ex-Eigner Mark Ashley den Transfermarkt mied wie die jetzigen Besitzer den Blick in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, häufte seit Neujahr unter allen Premier-League-Klubs das mit Abstand dickste Minus an. Für 99,4 Millionen Euro kamen fünf neue Spieler.

Newcastle war der Liebling aller Berater und Gerüchtestreuer

Es ist genau das passiert, was jeder erwartet hatte, seit ein saudi-arabischer Staatsfonds die Magpies im Oktober faktisch übernommen hat: Getrieben von der Angst, als reichster Klub der Welt erst einmal abzusteigen, mischte Newcastle den Wintertransfermarkt auf und war dabei Liebling aller Berater und Gerüchtestreuer. Wer sich nicht rechtzeitig wehrte, wurde kurzerhand auf Newcastles Einkaufszettel gedichtet. Das ging immer.

Die internationalen Top-Transfers des Winters

"Wenn wir jeden holen würden, mit dem wir in Verbindung gebracht werden, hätten wir am Ende ungefähr 1000 Spieler", hatte Trainer Eddie Howe Ende Dezember gesagt, und da war das Transferfenster noch gar nicht offen.

Und so bot wenigstens der Premier-League-18. auf einem ansonsten wieder Corona-konform zurückhaltenden Markt reichlich Entertainment - und einen Ausblick auf das, was da in den nächsten Jahren auf Europa zukommen könnte.

Die Aussicht, eines Tages mit Müller zu spielen statt mit Almiron

Manches klappte nicht (Jesse Lingard, Hugo Ekitike), anderes wurde in Wahrheit wohl gar nicht versucht, am Ende aber folgten eben doch viele Spieler dem Geld und der Aussicht, eines Tages vielleicht nicht mehr mit Miguel Almiron zusammenzuspielen, sondern mit Thomas Müller. Newcastle hofft, schon jetzt die erwünschte Spirale in Gang gesetzt zu haben: Je mehr prominente Namen sich locken lassen, desto mehr prominente Namen lassen sich locken.

Dabei kaufte der Klub - obwohl er die vakanten Stellen als Sportdirektor und Geschäftsführer noch nicht besetzt hat - keineswegs planlos ein. In Dan Burn (Brighton) fanden die Magpies den lange gesuchten Innenverteidiger-Linksfuß, bei Kieran Trippier (Atletico) nutzten sie dessen frühere Verbindung zu Howe und dessen familiären Wunsch nach einer Rückkehr gen Nordengland.

Woods Transfer ist vielleicht der sinnbildlichste von allen

Bei Brasiliens Nationalspieler Bruno Guimaraes (Lyon), der gewünschten Verstärkung fürs defensive Mittelfeld, stachen sie prominentere Interessenten aus und machen ihn für dann 50 Millionen Euro zum Rekordeinkauf, wenn sie die Klasse halten und entsprechende Bonuszahlungen greifen. Und mit dem 30-jährigen Neuseeländer Chris Wood (Burnley) kam ein abstiegskampferprobter Angreifer, der den verletzten Torjäger Callum Wilson ersetzen, vor allem aber die Konkurrenz nachhaltig schwächen soll.

Sein Transfer war vielleicht der sinnbildlichste von allen: weil er gleichermaßen für Panik und Cleverness steht und weil er die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung in der vermeintlich kompetitivsten Fußballliga der Welt verdeutlicht, wenn ein Mitglied über Nacht auf einmal reicher ist als der Rest. 

Newcastle bediente sich der 30-Millionen-Euro-Ausstiegsklausel, über die Wood anschließend sagte: "Ich wusste, dass es sie gibt, aber ich glaube, niemand hätte gedacht, dass sie jemals gezogen wird."

Jörn Petersen

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