Bundesliga

"Abgang schließe ich aus"

Berlin: Interview mit André Lima

"Abgang schließe ich aus"

André Lima

Will sich bei Hertha BSC durchsetzen: Der brasilianische Stürmer André Lima. dpa

kicker: Marko Pantelic und Raffael wollen nach ihren Verletzungen am Samstag in Hannover ins Team zurückkehren. Müssen Sie deshalb wieder auf die Bank, Senhor Lima?

André Lima: Nein, das hoffe ich nicht. Ich habe ganz gut gespielt in den letzten drei Partien. Natürlich möchte ich in der Startelf bleiben. Aber das entscheidet der Trainer.

kicker: Ihrem guten Auftritt gegen Bremen folgten in Bochum und gegen den HSV zwei schwächere Leistungen. Warum kriegen Sie ebenso wie das ganze Team keine Konstanz rein?

Lima: Ich habe viel für die Mannschaft gearbeitet. Ich denke, der Trainer war zufrieden. Generell: Als Stürmer bin ich auf die Unterstützung der anderen angewiesen.

kicker: Kommt da zu wenig?

Lima: Ich habe meine Meinung, aber die behalte ich für mich. Über Mitspieler zu sprechen, würde ich als Verrat empfinden.

kicker: Nur zwei Tore in 16 Spielen - warum tun Sie sich so schwer?

Lima: Ich brauchte einige Monate, um mich zurechtzufinden.

kicker: Warum?

Lima: Die neue Sprache ist natürlich eine Barriere. Aber vor allem hat mir die Umstellung auf den deutschen Fußball zu schaffen gemacht.

kicker: Was genau?

Lima: Physis und Kraft spielen eine viel größere Rolle als in Brasilien, die Technik eine kleinere.

kicker: Haben Sie diese Umstellung auf die Bundesliga unterschätzt?

Lima: Ich hatte eine klare Vorstellung, als ich kam. Aber die Realität hat meine Vorstellung übertroffen.

kicker: Ihre Kritiker bescheinigen Ihnen fehlende Dynamik. Sind Sie zu langsam für die Bundesliga?

Lima: Mich interessiert nicht die Meinung der Kritiker, sondern die meines Trainers. Ich bin nicht der Schnellste, das weiß ich selbst. Aber ich habe andere Qualitäten, mit denen ich Hertha helfen kann.

kicker: Welche?

Lima: Ich bin niemand, der auf die Flügel ausweicht und weite Wege geht. Ich bin ein Abschluss-Stürmer, ich bin im Strafraum gefährlich.

kicker: Im Winter dachten Sie an Abschied. Wird das im Sommer erneut ein Thema für Sie?

Lima: Nein. Meine Zeit hier ist noch nicht abgelaufen. Im Sommer gehen? Das schließe ich aus - definitiv. Im Winter gab es drei, vier Anfragen von brasilianischen Klubs. Aber weil mir klar war, dass Hertha mich nicht freigibt, habe ich das nicht forciert.

kicker: Hertha will mit Marko Pantelic langfristig verlängern und zur neuen Saison noch einen Top-Stürmer verpflichten. Ganz ehrlich - wo ist da für Sie noch Platz?

Lima: Wenn der Verein glaubt, noch einen Stürmer zu brauchen, muss er einen holen. Das ändert für mich nichts: Ich denke nur an Berlin. Es gab vor ein paar Monaten eine Phase, in der ich entmutigt war. Jetzt begreife ich meine Situation als Herausforderung. Ich habe im Winter an meiner Fitness gearbeitet und drei Kilo abgenommen. Ich will mich in Berlin durchsetzen und zu Olympia nach Peking. Ailton hat damals in Bremen auch ein Jahr für die Umstellung gebraucht.

"Mineiros Abgang wäre fußballerisch und menschlich ein Verlust"

kicker: Lima plus Pantelic plus Raffael - würde das funktionieren?

Lima: Aus meiner Sicht schon.

kicker: Warum traut sich Trainer Lucien Favre diese Variante nicht?

Lima: Ich finde, das könnte er mal ausprobieren. Doch er hat seine eigenen taktischen Vorstellungen, das akzeptiere ich natürlich.

kicker: Favre hat Sie vor Ihrer Verpflichtung nie live beobachtet. War das ein Nachteil für Sie?

Lima: Es wäre gut gewesen, wenn er mich nicht nur auf DVD, sondern bei Botafogo mal live gesehen hätte. Das hätte ihm ein kompletteres Bild von mir verschafft. Dann hätte er gewusst, welchen Stil ich spiele. Aber das lag wohl auch daran, dass Raffael schon im letzten Sommer seine erste Option war. Ihn kannte er aus Zürich, mich nicht.

kicker: Wird Hertha noch in den Abstiegskampf verwickelt?

Lima: Ich sehe die Tabelle als Vorwarnung. Wir sind noch nicht ganz gesichert.

kicker: Die Zukunft Ihres Landsmannes Mineiro ist offen, sein Vertrag läuft aus. Sollte Hertha ihn halten?

Lima: Wenn er geht, wäre das fußballerisch und menschlich ein Verlust. Mineiro ist auf seiner Position in Brasilien der Beste. Vor keinem anderen defensiven Mittelfeldmann haben die Gegner so viel Respekt. Interview: Steffen Rohr