2. Bundesliga

Zimmer: "Es ist brandgefährlich jetzt"

Der Sturzflug des 1. FC Kaiserslautern geht weiter

Zimmer: "Es ist brandgefährlich jetzt"

Jean Zimmer und der 1. FC Kaiserslautern laufen derzeit nur im DFB-Pokal auf Hochtouren. 

Jean Zimmer und der 1. FC Kaiserslautern laufen derzeit nur im DFB-Pokal auf Hochtouren.  IMAGO/Eibner

Bis dato hatte Enis Hajri es stets vermieden, sich öffentlich zu äußern. Nun aber kam der Technische Direktor des 1. FC Kaiserslautern nicht mehr umhin, der nach Erklärungen gierenden Journalistenschar Rede und Antwort zu stehen. Allein das zeigt, wie ernst die Lage der Roten Teufel ist.

Im besten Fall geht der Traditionsklub aus der Pfalz als 16. des Zweitliga-Klassements in den kommenden Spieltag und sein Gastspiel beim 1. FC Nürnberg. Das 1:2 gegen den SC Paderborn am Samstagabend war gleichbedeutend mit der zehnten Niederlage aus den zurückliegenden zwölf Partien, und das nach einer tatsächlich sehenswerten ersten Hälfte, in der das Pfälzer Ensemble durch einen Kopfballtreffer von Jan Elvedi früh in Front gezogen war und sich hernach etliche gute Chancen erspielt hatte.

Der Gast aus Ostwestfalen, allen voran Schlussmann Pelle Boevink, zitterte wie Espenlaub. Der FCK habe seine Elf im ersten Abschnitt "aufgefressen, eingeatmet", befand der Paderborner Trainer Lukas Kwasniok hernach, und nicht ohne Grund attestierte sein Kaiserslauterer Pendant Dimitrios Grammozis der eigenen Elf die wohl beste erste Hälfte unter seiner Ägide. Umso unverständlicher war der katastrophale Leistungsabfall nach dem Seitenwechsel, als der FCK sich schier widerstandslos seinem sportlichen Schicksal ergab.

Für den FCK ist "jedes Spiel ein Endspiel"

"Wir müssen das Spiel in der ersten Hälfte zumachen. Ich kann mir auch nicht erklären, warum wir dann so nachlassen", gab Hajri zu Protokoll, "die Leistung in der zweiten Halbzeit kann ich nicht akzeptieren und auch nicht nachvollziehen." Hajri ergänzte: "Wir müssen akzeptieren, dass wir unten angekommen sind. Jedes Spiel ist für uns ein Endspiel, nicht nur die großen Spiele, wenn abends das Licht angeht." Auch an diesem Samstag leuchteten die Lampen im Fritz-Walter-Stadion, allerdings kam der Gegner nicht aus Schalke, Berlin, Hamburg oder Köln, sondern "nur" aus Paderborn. Obendrein verzeichnete der FCK mit knapp 35.000 Besuchern in dieser Runde die dürftigste Kulisse.

Entscheidend war für viele Beobachter der Dreifachwechsel, den Trainer Dimitrios Grammozis nach gut 50 Minuten Spielzeit vollzog. Der Grieche beorderte mit Ragnar Ache, Richmond Tachie und Marlon Ritter die drei wertvollsten Offensivkräfte vom Rasen, wohl auch zum Unverständnis der betroffenen Spieler. Sichtbar wurde dies allein bei Ache, der beim Verlassen des Feldes zürnte. Nach Informationen der Rheinpfalz soll es im Anschluss in der Kabine zu einem Disput zwischen Ache, Ritter und Grammozis gekommen sein. "Er ist der Cheftrainer", sagte Hajri mit Blick auf Grammozis, "er ist dafür verantwortlich. Und wenn er entscheidet, zu wechseln, dann wechselt er."

Wenn wir jetzt anfangen, uns gegenseitig zu zerfleischen, wird es noch schwerer.

Jean Zimmer

Hajris Erklärungsversuche zu der Maßnahme des Fußball-Lehrers (anstrengende Wochen, Wehwehchen, Blessuren in der Wintervorbereitung) wirkten kaum überzeugend. "Wir müssen jetzt schleunigst anfangen, die Lage zu verstehen und Spiele 90 Minuten so zu absolvieren wie in der ersten Halbzeit", sagte der Technische Direktor: "Wenn wir unser Potenzial abrufen, bin ich überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen." Wenn. Doch mit wem an der Seitenlinie?

Für Grammozis spricht nur mehr wenig. Geschäftsführer Thomas Hengen wie auch Hajri vermieden nach dem Abpfiff ein Bekenntnis zu dem 45-Jährigen, dessen Entlassung der wütende Teil des Publikums lautstark verlangt hatte. Direkt nach dem Ende der Partie sei es "Quatsch", sich in dieser Causa zu artikulieren, bekundete Hajri, "wir sind im Moment alle enttäuscht, die Zuschauer, die Spieler, wir".

Grammozis hat Verständnis für die Fans

Kapitän Jean Zimmer hat schon einiges mit seinem Herzensverein erlebt, selbst einen Beinahe-Absturz in die Regionalliga. Bedrückt lief er in die Katakomben der Arena, die Miene versteinert. "Es ist brandgefährlich jetzt", sagte er, "wir müssen zusammenhalten, so gut es geht. Wenn wir jetzt anfangen, uns gegenseitig zu zerfleischen, wird es noch schwerer."

Natürlich vernahm Dimitrios Grammozis die Rufe gegen seine eigene Person. "Es ist nicht schön, wenn man so etwas hört", sagte er, "aber ich kann nicht mehr tun, als Gas zu geben." Er verstehe die Fans. Profi zu sein bedeute nicht nur, sich in guten Zeiten feiern zu lassen. "Solche Momente gehören dazu."

Die Auslosung des DFB-Pokal-Halbfinales interessierte am Samstagabend in Kaiserslautern niemanden. Der FCK trifft entweder auf Borussia Mönchengladbach oder gastiert beim 1. FC Saarbrücken. Ein verheißungsvolles Los, so oder so. Vermutlich ein rauschender Fußballabend. Um ihn genießen zu können, sollten die Roten Teufel schleunigst die Trendwende schaffen.

Andreas Böhm

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