2. Bundesliga

Vor 25 Jahren: Als Middendorp aus dem Arminia-Bus aussteigt

Damaliger DSC-Coach nahm sich Taxi zurück nach Bielefeld

Vor 25 Jahren: Als Middendorp aus dem Arminia-Bus aussteigt

Keine Freunde fürs Leben: Der damalige Arminia-Star Stefan Kuntz (l.) und Bielefeld-Coach Ernst Middendorp.

Keine Freunde fürs Leben: Der damalige Arminia-Star Stefan Kuntz (l.) und Bielefeld-Coach Ernst Middendorp. picture-alliance / Sven Simon

Ausstiege hat er in seiner langjährigen Karriere einige hinter sich. Mit diesem Ausstieg vor genau 25 Jahren aber schrieb Ernst Middendorp als Trainer von Arminia einst ein Stück Bielefelder Fußball-Geschichte - im Bus auf der Rückfahrt von einem Bundesliga-Auswärtsspiel der Ostwestfalen.

Rückblende. Mitten im Abstiegskampf der Saison 1997/98 eskaliert der Streit zwischen Middendorp und seinem damaligen Stürmer, Kapitän und wichtigsten Spieler Stefan Kuntz. Die beiden wechseln kaum noch ein Wort miteinander, würdigen sich so gut wie keines Blickes. Bei Mannschaftsaufstellungen vor den Spielen schreibt der Coach die Namen von zehn Akteuren an die Tafel, dazu die Zahl "11" - das ist die Trikotnummer des ungeliebten, aber sportlich unverzichtbaren Stars.

"Ich kann mit diesem Kapitän Stefan Kuntz nicht mehr im Bus fahren."

Ernst Middendorp

Nach der 0:2-Niederlage beim HSV am 11. April 1998 wird die Lage für das Schlusslicht vor den letzten vier Spielen fast aussichtslos. Auf der Rückfahrt aus Hamburg kommt es zum Eklat. Im Bus flimmert der Zusammenschnitt des damals übertragenden Senders SAT.1 über die Bildschirme. Und eben ein brisantes Interview nach dem Spiel mit Stefan Kuntz, der darin zum Theater hinter den Kulissen des in der Trainerfrage gespaltenen Teams zu seiner Person anmerkt: "Da war es nicht produktiv." Die Antworten des damaligen Nationalspielers und Europameisters von 1996 bringen Middendorp derart in Rage, dass dieser den Arminia-Bus von der Autobahn zu einem Landgasthof in der Lüneburger Heide dirigiert, dort ein Taxi chartert und sich darin nach Bielefeld zurückbringen lässt. "Ich kann mit diesem Kapitän Stefan Kuntz nicht mehr im Bus fahren", ist als wütende Begründung des nur vier Jahre älteren Übungsleiters überliefert.

BUNDESLIGA 1997/98 - 30. Spieltag

Das Tischtuch zwischen Kuntz, mittlerweile selbst erfolgreicher Trainer und derzeit im Dienst der türkischen Nationalmannschaft, und Middendorp, der aktuell mit Drittligist SV Meppen gegen den Abstieg kämpft, ist nach dem Zwischenfall endgültig zerschnitten. Heute unvorstellbar: Middendorp zeigt sich sogar derart vergrätzt, dass er zu den restlichen Auswärtspartien der Bielefelder und anschließenden Werbespielen während der Sommerpause ebenfalls separat anreist. Den Dauerzwist, der an jenem 30. Bundesligaspieltag buchstäblich "implodiert", bedauern seinerzeit viele Beobachter und Anhänger des nur drei Jahre zuvor aus der Drittklassigkeit zurückgekehrten Fahrstuhlklubs. Denn der vom damaligen Manager Rüdiger Lamm teuer zusammengestellte Kader hat abgesehen von den ständigen Störmanövern durchaus das Zeug zum Klassenerhalt.

Die Bielefelder Fans verzeihen dem später in der 2. Liga entlassenen Trainer diese oder andere spektakuläre Eskapaden. Mehr noch: Sie wählen ihn anlässlich des 100-jährigen Bestehens des DSC Arminia im Jahr 2005 zu ihrem "Jahrhunderttrainer". Insgesamt dreimal coacht der heute 64-Jährige während seiner Karriere an jener Wirkungsstätte, an der er diesen Kult-Status genießt. Hinzu kommen in 38 Berufsjahren bemerkenswerte 27 weitere Stationen in Deutschland und der ganzen Welt. Vor allem in Südafrika, Middendorps zwischenzeitlicher Wahlheimat.

Michael Richter

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