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Super League vs. UEFA - wie entscheidet der Europäische Gerichtshof?

Vor dem Showdown am Donnerstag

Super League vs. UEFA - wie entscheidet der Europäische Gerichtshof?

Bernd Reichart will keine Super League neben einer Champions League.

Bernd Reichart will keine Super League neben einer Champions League. picture alliance/dpa

Bernd Reichart erlebte einen begeisternden Tag der Deutschen Einheit. Der Medienmanager erfreute sich der Stimmung beim Champions-League-Match des 1. FC Union gegen Sporting Braga, das die Köpenicker mit 2:3 verloren, wurde aber auch nachdenklich. "Union hat sich stetig weiterentwickelt, und in der Königsklasse beginnen die Schwierigkeiten. Auf die Unsicherheit, ob man die Qualifikation noch mal schaffen kann, lässt sich einfach keine vernünftige Kaderplanung aufbauen", findet der 49-Jährige.

Reichart sagt das nicht ohne Grund, agiert er doch als Cheflobbyist der Super League, die ein 60 bis 80 Teams starkes, mehrstufiges Ligen- system in Europa etablieren will mit Auf- und Abstieg sowie offenem Zugang über die nationalen Wettbewerbe. "In einem Liga-System hätten Vereine die Möglichkeit, im ersten Jahr nur aufs Drinbleiben zu schauen. Im zweiten Jahr, sich zu konsolidieren. Im dritten Jahr, zu wachsen und die vorderen Ränge anzugreifen. Wir wissen aus unseren Gesprächen, dass das vielen Klubs lieber wäre als ein einmaliges Champion-League-Feuerwerk mit unkalkulierbarer Doppelbelastung, nach dem man dann auch national in Turbulenzen gerät."

Natürlich ist es nicht ganz so einfach, denn Union kam in den Spielzeiten zuvor mit der Doppelbelastung in Conference League und Europa League klar. Doch es ist was dran an Reicharts Argumentation, das untermauern die Beispiele FC Schalke 04 und VfB Stuttgart nach der Meisterschaft 2007.

Es gibt nun mal offensichtliche Probleme, die drängend sind und bei denen die UEFA kaum oder nur schlechte Lösungsvorschläge vorlegt.

Bernd Reichart, A22-Geschäftsführer

Logisch, er glaubt an "sein" System: "Das funktioniert, wenn der Vorschlag so attraktiv ist für Klubs, Spieler und Fans, dass er bestehende Probleme löst, wie etwa die Wettbewerbsverzerrung in einigen nationalen Ligen und die Finanzprobleme zahlreicher Klubs. Es gibt nun mal offensichtliche Probleme, die drängend sind und bei denen die UEFA kaum oder nur schlechte Lösungsvorschläge vorlegt." Reichart attackiert als Vertreter der Super-League-Company, die nach dem gedanklichen, wenn auch aus Vertragsgründen nicht formell vollzogenen Austritt von Juventus Turin nur noch Real Madrid und der FC Barcelona stützen, und CEO der Agentur A22-Sports das Monopol der UEFA. Am 21. Dezember kommt es zum Showdown.

Dann wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) verkünden, ob und unter welchen Bedingungen die Konföderation und die FIFA Vereine und Spieler, die an Konkurrenzwettbewerben teilnehmen, von Turnieren der "aktuellen Fußballwelt", also beispielsweise der WM, EM oder den Ligen, ausschließen dürfen. Oder ob "die UEFA Kriterien festlegen und überprüfen darf, nach denen mit der Champions League vergleichbare Wettbewerbe, also die Super League, als Wettbewerb zulässig sein können", erklärt Dr. Martin Stopper. In den Augen des renommierten Sport- und Kartellrechtlers hat EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos in seinem Schlussplädoyer dargelegt, dass "die Verfolgung legitimer Ziele auch damit einhergehende Wettbewerbsbeschränkungen rechtfertigen könne". Ziele also, die das bestehende sogenannte "europäische Sportmodell" schützen, und zwar auf der Grundlage von Artikel 165 der europäischen Verträge.

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  • Rund 48 Stunden später gibt die Super League bekannt, dass es den Wettbewerb in dieser Form zu diesem Zeitpunkt nicht geben wird.

Jedoch, so führt Stopper aus, "gibt es aktuell einen anderen Generalanwalt bei der EU, der in seinem Antrag, der sich auch mit einem Sachverhalt mit Sportbezug und dem Handeln der UEFA befasst, feststellt, dass dieser Artikel 165 gerade nicht dafür geschaffen sei, dass eine private Organisation wie die UEFA dafür zuständig sei, die Tätigkeiten der Europäischen Union umzusetzen. Und davon abgesehen kann man sich heute auch noch nicht so gut vorstellen, unter welchen Bedingungen die UEFA die Super League als eigenen Wettbewerb zulassen würde".

Jener andere Generalanwalt ist Maciej Szpunar. Reichart behauptet: "Szpunar weist deutlich auf den systemischen Interessenkonflikt der UEFA hin. Er sagt: Um dem öffentlichen Interesse als Regulierer und gleichzeitig dem eigenen Interesse als kommerzieller Ausrichter gerecht zu werden, müsste die UEFA irrational agieren." In Reicharts Augen könnte der EuGH entscheiden, dass der Interessenkonflikt unüberwindbar sei, weil die UEFA als Regulierer stets ihren eigenen Wettbewerb bevorzugen müsste. "Dann müssten beide Teile möglicherweise sogar strukturell getrennt werden wie bei der Formel 1." Also mit der FIA als Verband und Regulator sowie Bernie Ecclestone respektive später der Liberty-Gruppe als ausführendem Organ.

Super League UND Champions League? Nicht das Ziel

Klar ist: Fällt das Monopol der UEFA am 21. Dezember, dürfte es dennoch keine Ko-Existenz zweier Königsklassen in Europa geben, das sei auch gar nicht das Ziel der Super-League-Befürworter, sagt Reichart: "Eine Fragmentierung des Wettbewerbs ist sicher nicht in unserem und im Interesse des Fußballs. Aber ein Wettbewerb um die beste Idee wird in keiner Branche als falsch betrachtet oder sogar geahndet wie im Fußball. Die UEFA managt ein System, bei dem sie null und die Klubs das volle wirtschaftliche Risiko tragen." Es gehe um den Dialog, erklärt der gebürtige Allgäuer. "Diesen haben wir geführt mit Vereinen und Interessenvertretern aus der europäischen Fußballwelt." Und schiebt hinterher: "Auch in Nyon (Stammsitz der UEFA, d. Red.), wo wir nicht willkommen waren."

Was also wird passieren am Donnerstag? Weiter so? Große Disruption? Oder ein bisschen was von beidem?

"Die Fahrt ist noch lang", sagt Stopper. "Das Handelsgericht in Madrid muss die Vorlagefragen erst einmal verarbeiten und eine wesentliche wirtschaftsrechtliche Dimension dieser Auseinandersetzung ist ja noch gar nicht wirklich eröffnet worden. Nämlich die Frage, ob man mal eben so einen Milliarden-Markt wie die Champions League übernehmen kann oder ob neben den Klubs nicht noch andere dazu beigetragen haben, dass die Milliarden-Maschinerie so läuft, wie sie läuft - zum Beispiel die UEFA", so der Jurist.

Benni Hofmann

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