kicker

Strebinger: "Ein Duell mit Rapid wäre natürlich ein Wahnsinn"

Neo-Ried-Tormann zurück in der Bundesliga

Strebinger: "Ein Duell mit Rapid wäre natürlich ein Wahnsinn"

Richard Strebinger feiert am Dienstag seinen 30. Geburtstag. Mit der SV Ried möchte er im Frühjahr den Klassenerhalt schaffen.

Richard Strebinger feiert am Dienstag seinen 30. Geburtstag. Mit der SV Ried möchte er im Frühjahr den Klassenerhalt schaffen. GEPA pictures

Seit knapp zwei Wochen ist Richard Strebinger zurück in der österreichischen Bundesliga. Der langjährige Rapid-Tormann heuerte nach sieben Monaten Vereinslosigkeit bei der SV Ried an und soll dort den verletzten Samuel Sahin-Radlinger ersetzen. Ein Einsatz blieb ihm bis dato verwehrt. Nicht nur im ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen den Wiener Sport-Club sondern auch beim Bundesliga-Auftakt gegen Hartberg saß Strebinger nur auf der Bank.

Mit einem Einsatz soll es aber schon bald klappen. Die nächste Möglichkeit dazu gibt es bereits am Samstag im Oberösterreich-Derby gegen den LASK. Bevor Strebinger aber sein Bundesliga-Debüt feiert, feiert der Tormann ein anderes Fest. Am Dienstag ist Strebinger 30 Jahre alt. Herzlichen Glückwünsch dazu!

Seinen runden Geburtstag feiert Strebinger im Kreise seiner Familie in der Weststeiermark. Der kicker erreichte ihn am Weg dorthin und hat mit ihm über seine Erwartungshaltung bei Ried, den bevorstehenden Abstiegskampf, seine Zeit als Vereinsloser und seine Vergangenheit bei Rapid gesprochen.

Herr Strebinger, Sie feiern heute ihren 30. Geburtstag. Wieviele Jahre wird man Ihnen denn noch beim Fußball spielen zusehen können?

Ich sehe das ganz nüchtern und kann das ganz gut trennen. Fußball ist natürlich mein Leben, aber der Bereich Profifußball ist für mich immer nur ein Abschnitt. Ich möchte Profifußball nur für die Sache machen. Das habe ich jetzt im Sommer wieder gemerkt, dass ich nicht irgendwo hingehe, nur um Geld zu verdienen. Das war ich nie, weil ich weiß, dass ich dann auch keine guten Leistungen bringen könnte. Ried war jetzt einer der wenigen Vereine, wo das Bauchgefühl nach einer Nacht schlafen immer noch genauso wie am Vortag war. Wielange ich noch spiele, lasse ich mir komplett offen. Für mich geht es darum, dass das Gefühl passt, die Freude passt, dann werde ich noch lange spielen.

Anfang Februar sind Sie zur SV Ried gewechselt. Was sind Ihre ersten Eindrücke in Ried, von der Mannschaft und vom Trainerteam?

Es ist alles so, wie man sich Ried vorstellt bzw. wie man es von außen mitbekommt. Sehr familiär und natürlich nicht so groß, aber sehr professionell. Alle ziehen an einem Strang und das wird in Ried auch wirklich verkörpert. Ich habe mich vom ersten Tag an extrem wohl gefühlt und habe gleich das Gefühl gehabt, ein guter Teil der Gruppe zu sein.

Ried hat eine sehr junge Mannschaft. Das Durchschnittsalter der Startelf gegen Hartberg war 23 Jahre und 62 Tage, es war die jüngste Startelf von Ried in seiner BL-Geschichte. Ist es da umso wichtiger, dass es routiniertere Spieler wie Sie gibt, die mit ihrer Erfahrung vorangehen?

Auf jeden Fall. Ich weiß noch, als ich damals zu Rapid gekommen bin. Da habe ich gewusst, okay jetzt bin ich nicht mehr Nachwuchstorhüter. Rapid hat eine Ablöse für mich bezahlt, jetzt muss ich liefern. Das war damals eine völlig neue Situation für mich und da habe ich einiges an Zeit gebraucht, um mich hineinzufinden. An Herausforderungen wächst man. Deshalb ist das ganz normal, dass man im Fußball einfach schon mehrere Situationen erlebt hat, wenn man älter ist, ganz gleich ob positive oder negative. Und das war auch der Mitgrund nach dem Ausfall von Samuel Sahin-Radlinger, dass Ried jemanden verpflichten wollte, der neben einer gewissen Qualität auch einen gewissen Erfahrungsschatz mitbringt.

Ich möchte die Mannschaft unterstützen, auch mit meiner manchmal verrückten, aber positiv verrückten Art.

Richard Strebinger möchte den Riedern zum Klassenerhalt verhelfen

Die SV Ried steht aktuell mit dem Rücken zur Wand. Wie wollen Sie der Mannschaft helfen, den Klassenerhalt zu meistern?

Für mich war klar, ich möchte die Mannschaft von Beginn an unterstützen, auch mit meiner manchmal verrückten, aber positiv verrückten Art, dass wir uns nach so einem Spiel wie gegen Hartberg nicht zu klein reden. Wir müssen das Positive mitnehmen und auf unsere Stärken vertrauen, um im nächsten Spiel erfolgreich zu sein. Das habe ich in der Vergangenheit oft genug erlebt, vor allem auch bei Rapid. Wenn man am Papier die schlechteste Mannschaft in der Europa-League-Gruppenphase war, aber trotzdem überwintert hat. Dass es gegen jeden Gegner möglich ist, etwas mitzunehmen, das versuche ich schon jetzt der Mannschaft mitzugeben.

Gegen Hartberg musste sich Ried 0:1 geschlagen geben und rutschte dadurch auch auf den letzten Tabellenplatz. Warum hat es nicht gereicht?

Wir haben uns einfach für den Aufwand in der ersten Halbzeit nicht belohnt. Wir haben vier richtig gute Chancen gehabt und Hartberg eigentlich keine. Ich möchte aber nicht sagen, dass Hartberg da Glück hatte, sondern wir hätten es besser machen müssen vor dem Tor. Das ist uns an dem Tag nicht gelungen. Und dann ist es in der Bundesliga schon so, dass die anderen auch kicken können und zu ihren Chancen kommen. Das kannst du gegen keinen Gegner verhindern und auch nicht, dass du einmal ein Tor bekommst. Bitter war nur, dass wir auch trotz des Gegentores als Sieger vom Platz gehen hätten können. Was gut funktioniert hat, war, wie wir in das Spiel gestartet sind. Was wir besser machen müssen, ist, wie wir aus der Pause rauskommen.

Dass Jonas Wendlinger im Cup gesetzt ist, ist bekannt. Aber dass er auch in der Bundesliga beginnt, war doch überraschend. Es heißt, Sie brauchen noch Zeit. Wielange denn noch?

Jetzt ist es einmal darum gegangen, die Mitspieler kennenzulernen. Es ist schon enorm wichtig, als Tormann mit der Abwehr abgestimmt zu sein. Aber wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich gegen Hartberg schon spielen können. Es ist aber die Entscheidung des Trainerteams, das sich natürlich Gedanken macht. Von der Fitness her bin ich auf einem sehr guten Level, habe mich während der letzten Monate mit Athletiktraining und tormannspezifischem Krafttraining fit gehalten. Das macht mir generell Spaß und deswegen war es in der Zeit, in der ich weg war, auch kein Aufwand.

Wie schwer wird es, die Liga zu halten?

Natürlich ist das eine Herausforderung, aber die wird es für einige Mannschaften sein. Die österreichische Liga ist - bis auf Salzburg und auch Sturm - extrem ausgeglichen. Deshalb geht es einfach darum, dass wir uns Woche für Woche steigern und unsere Defizite offen und ehrlich im Team ansprechen. Was nicht passieren darf, sind ständige Schwankungen. Nicht nur im Spiel, dass eine Halbzeit gut ist und die andere schlecht, sondern auch auf die Saison gesehen, dass wir heute gut spielen und nächste Woche schlecht.

Was spricht für einen Klassenerhalt? Was macht Ried stärker als Hartberg oder Altach?

Unsere Stärke ist, dass wir als Mannschaft sehr kompakt agieren können. Diese mannschaftliche Geschlossenheit, die wir auch im Spiel gegen den Sport-Club verkörpert haben, das ist eine Stärke, die wir haben, aber auch eine, die wir Woche für Woche abrufen müssen, um erfolgreich zu sein. Wir haben viele junge Spieler, die über sehr hohe, individuelle Qualität verfügen. Wenn ich einen Christoph Lang hernehme, der wird im österreichischen Fußball noch für viele Schlagzeilen sorgen. Positiv stimmt mich auch, dass wir uns in der ersten Halbzeit vier Top-Chancen erarbeiten konnten. Das ist selbst für eine Top-Mannschaft ein guter Wert. Nur müssen wir diese Chancen auch nutzen.

Die kicker-Elf des 17. Spieltags

Die längste Zeit deiner Karriere haben Sie bei Rapid verbracht. Wie blicken Sie jetzt, mit ein wenig Abstand, darauf zurück?

Überwiegend positiv. Es war eine enorm intensive Zeit. Das ist zwar überall so im Profifußball in Österreich, aber bei Rapid nochmal extremer. Dort wird von außen Stress und Druck aufgebaut wird, sowohl von den Medien als auch im Verein. Daran kann man aber sehr gut daran wachsen. Ich habe viele Spiele im Europacup bestritten, wurde während dieser Zeit auch Nationalteamspieler. Für diese sechseinhalb Jahre Rapid bin ich extrem dankbar. Das war eine große Ehre.

Im Grunddurchgang gibt es kein Duell mit Rapid und sofern Rapid nicht aus den Top-6 rutscht, auch nicht im Play-off. Falls doch: Wäre es ein besonderes Spiel für Sie, noch einmal vor den tausenden Rapid-Fans zu spielen?

Auf jeden Fall. Ich muss ehrlich sagen, das habe ich kurz nach meiner Unterschrift in Ried auch nachgeschaut. Erstens, ob wir in Graz spielen, weil ich während meiner freien Zeit auch als Trainer meines Sohnes bei Voitsberg ausgeholfen habe und dann versucht hätte, dass die Mannschaft zu einem Spiel kommen kann. Aber der zweite Blick war natürlich, ob wir gegen Rapid spielen. Das ist leider beides nicht der Fall. Natürlich wünsche ich es Rapid nicht, dass sie unten reinrutschen, aber ein Duell mit Rapid wäre natürlich ein Wahnsinn.

Wie sehen Sie die Entwicklungen bei Rapid? Jetzt ist mit Steffen Hofmann sogar ein früherer Wegbegleiter sogar im Vorstand.

Die Veränderungen sind schon sehr groß. Als ich mir im Herbst ab und zu die Startaufstellung angesehen habe, habe ich selbst oft zweimal schauen müssen, weil ich mir gedacht habe, ich bin erst ein halbes Jahr weg und es gibt derart viele Veränderungen. Aber ich glaube, das muss man die nächsten Monate abwarten. Bei so einer strukturellen Veränderung muss man sich das einfach mittel- bis langfristig ansehen. Ich habe den Steff (Anm.: Steffen Hofmann) als Mitspieler kennengelernt, aber ihn auch in anderen Funktionen im Verein gesehen. Was man über ihn sagen kann, ist, dass er den Verein lebt wie kein anderer. Wenn er Aussagen trifft, dass er alles dafür tut, dass der Verein erfolgreich ist, kann man das wohl wenigen Menschen mehr glauben als ihm. Das hat er als Spieler vorgelebt, dass er seine Personalie, als er am Ende seiner Karriere weniger gespielt hat, immer hinten angestellt hat im Sinne des Vereins. Ich denke, dass das bei Rapid mit ihm als Identifikationsfigur zusammen mit Markus Katzer und dem Trainerteam sehr gut passt.

Vor Ihrer Ankunft in Ried waren Sie sieben Monate vereinslos. Wie sieht das Leben als Vereinsloser aus? Wie hält man sich fit, welche Termine gibt es?

Ich bin kein Mensch, der nur ruhig sitzen kann. Natürlich habe ich es auch genossen, mehr Zeit mit den Kids zu haben. Aber ich habe mich auch verstärkt bei meiner Tormannschule eingebracht. Ich habe mich auch im Bereich Athletiktraining, Nachwuchsförderung, Talentetraining weitergebildet, weil mich diese Bereiche extrem interessieren. Es ist so, dass mein Interessensfeld, was Sport betrifft, sehr groß ist und so ist mir in dieser Zeit auch nie fad geworden.

Kurz vor Transferschluss im Sommer hat es Gespräche mit einem Bundesliga-Klub in Deutschland gegeben.

Richard Strebinger über seinen geplatzten Transfer zu einem deutschen Bundesliga-Klub

Gab es auch laufend Gespräche mit Vereinen?

Es gab Angebote aus der Türkei oder aus Zypern. Aber alle Länder, wo es keine deutsche Schule gibt, habe ich im Sinne meines älteren Sohnes kategorisch ausgeschlossen. Kurz vor Transferschluss im Sommer hat es Gespräche mit einem Bundesliga-Klub in Deutschland gegeben. Den Verein möchte ich jetzt nicht nennen. Da hätte es fast gepasst, dass ich als Nummer zwei dorthin wechsle. Es hat auch schon Gespräche mit dem Trainerteam gegeben. Das ist dann aber einfach kurz vor Schluss nicht zustande gekommen.

Ihr letzter Verein war Legia Warschau. Da hat es verschiedene Darstellungen über die Trennung gegeben. Sie haben erklärt, den Vertrag selbst aufgelöst zu haben. Was waren Ihre Beweggründe. Was hat in Warschau nicht gepasst?

Warschau ist jetzt doch weiter weg von der Weststeiermark, als Ried (lacht). Aber es war mit dem Verein damals abgesprochen, dass ich mir das ansehen möchte, ob das für die Familie das Optimale ist. Es hat dann einfach nicht gepasst. Wenn ich wo Fußball spiele, muss es wo sein, wo ich zu 100 Prozent dahinterstehe, auch was die Familie angeht. Nur wenn ich merke, dass es allen in meinem Umfeld gut geht, dann kann ich auch meine beste Leistung bringen. Das habe ich Endeffekt dann gemerkt, dass das dort nicht der Fall war. Deshalb habe ich auch um eine Vertragsauflösung gebeten. Als sie dann nach ein paar Tagen Bedenkzeit einen passenden Ersatz gefunden hatten, sind sie dem Wunsch auch nachgekommen.

Interview: Michael Chudik

Hasan Salihamidzic (Sport-Vorstand, Bayern München),
01.02.2023, Fußball DFB-Pokal, 1. FSV Mainz 05 - FC Bayern München, Achtelfinale, Saison 2022/23, MEWA Arena, Mainz, Deutschland,  Foto: Michael Deines/PROMEDIAFOTO, 
** DFB & DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video. **

01.02.2023, Fußball DFB-Pokal, 1. FSV Mainz 05 - FC Bayern München, Achtelfinale, Saison 2022/23, MEWA Arena, Mainz, Deutschland,  Foto: Michael Deines/PROMEDIAFOTO, 
** DFB & DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video. **

Salihamidzic über Nagelsmann: "Wir wollen auch, dass er mal sauer ist"

alle Videos in der Übersicht