Champions League

Soriano im Interview: "Red Bull Salzburg wird in ganz Europa beneidet"

Salzburgs Rekordtorschütze am Wort

Soriano im Interview: "Red Bull Salzburg wird in ganz Europa beneidet"

Jonatan Soriano prägte fünf Jahre lang die Salzburger Offensive.

Jonatan Soriano prägte fünf Jahre lang die Salzburger Offensive. GEPA pictures

Herr Soriano, nach Salzburg spielten Sie noch in China, bevor Sie Ihre aktive Karriere in Ihrer Heimat bei Girona und Castellón ausklingen ließen. Wie geht es Ihnen in der Fußballerpension?

Ich arbeitete jetzt beim Fernsehen, kommentiere bei "DAZN" und beim öffentlich- rechtlichen Sender "TV3" hier in Katalonien mache ich die Analysen. Normalerweise betreue ich die Partien von zwei meiner Ex-Klubs - Barcelona und Girona - und ich habe das Glück, auch immer wieder zu Spielen reisen zu können. Das gefällt mir sehr.

Wie war diese Umstellung für Sie? Als aktiver Spieler ist man nicht immer in Stimmung für Interviews, da sind diese vielleicht auch mal eher ein notwendiges Übel. Nun sind Sie der Mann mit dem Mikrofon, der die Fragen stellt.

Genau, jetzt mache ich auch Interviews mit Spielern und Trainern nach den Matches. Da versuche ich, mich in meine Zeit als Aktiver zurückzuversetzen, um die Gründe für Sieg oder Niederlage besser zu verstehen und die Fragen entsprechend klug zu wählen. Aber es ist wahr, dass mir das am Anfang etwas schwergefallen ist.

Champions-League-Gruppenphase - 2. Spieltag

Als langjähriger Salzburg-Spieler und jetziger Kommentator und TV-Experte für die spanische Liga sind Sie natürlich der ideale Ansprechpartner, um uns etwas über Real Sociedad, Salzburgs Gegner am Dienstag (18.45 Uhr, LIVE! bei kicker) in der Champions League, zu erzählen.

Der Verein ist im Stillen extrem gewachsen. Das ist ja kein Klub, der die Wucht eines FC Barcelona, Real oder Atlético Madrid hat. Sie haben ein weit geringeres Budget, aber arbeiten dort sehr gut. Sie setzen auf den eigenen Nachwuchs und auf junge Spieler, die zwar noch nicht so bekannt sind, aber ein sehr hohes Niveau haben.

Wo liegen die Stärken und wo die Schwächen von Real Sociedad?

Sie formen das alles zu einer sehr gefährlichen Mannschaft, die wirklich gut strukturiert ist. Sie haben eine gute Abwehr, aber mir gefällt die Offensive noch mehr. Dort sind die Spieler mit der meisten Qualität. Ich denke, sie sind auch heuer wieder ein Kandidat für die Europacupplätze. Ich weiß nicht, ob erneut für die Champions League, weil mit Barça, Real Madrid und Atlético drei Plätze praktisch fix vergeben sind, aber sie werden wieder um den vierten Platz kämpfen.

Wie schätzen Sie die Chancen für Salzburg ein?

Am ersten Spieltag hatte ich ein Interview zu ihrem Spiel in Lissabon und sagte, dass Benfica wohl ein wenig über ihnen stehe. Und dann hat sich das Match ergeben, wie es sich ergeben hat. Jetzt könnte ich dasselbe über die Partie am Dienstag sagen. Dass Real Sociedad aufgrund der Qualität der Einzelspieler, der Historie und vor allem des Niveaus der Liga eine Spur über Salzburg steht, aber da bin ich jetzt vorsichtiger. Salzburg hat gegen Benfica gezeigt, dass sie vor niemandem Angst haben und gegen jeden Gegner gleich aufspielen. Sie haben Spieler von großartiger Qualität, die hungrig sind und ihr Können in Europa unter Beweis stellen wollen. Das alles macht Salzburg zu einer extrem gefährlichen Mannschaft.

Red Bull Salzburg steht bereits zum fünften Mal in Serie in der Gruppenphase der Champions League. Würden Sie sagen, dass sich der Klub im erweiterten Kreis der Großen in Europa festgesetzt hat?

Naja, von den Großen in Europa zu sprechen, ist schwierig. Wenn wir einmal, sagen wir, die besten Acht hernehmen: Drei aus England, drei aus Spanien, dazu Bayern München, Inter Mailand, dann ist da auch noch Napoli zum Beispiel - also nein, da glaube ich, ist Salzburg noch nicht dabei. Aber es ist wahr, dass die Art und Weise, wie in Salzburg gearbeitet wird, den Verein zu etwas Speziellem macht. Sie holen junge Talente um vergleichsweise wenig Geld, verkaufen jedes Jahr ihre besten Spieler an große Klubs und dennoch spielen sie jede Saison erfolgreich in Europa. Und genau das ist ihr Erfolg! Sie brauchen nicht in ein Halbfinale der Champions League zu kommen. Red Bull Salzburg wird in ganz Europa für seine Arbeitsweise beneidet.

Mittlerweise sind es nicht mehr nur die Spieler, die zu großen Klubs in Europa wechseln. Seit Kurzem ist mit Christoph Freund das langjährige Salzburg-Mastermind Sportdirektor beim FC Bayern München.

Das ist eine Auszeichnung für die großartige Arbeit, die er in Salzburg geleistet hat! All diese fantastischen Transfers wirken sich auf dem Spielfeld aus und so wird dann auch ein Großer wie Bayern München auf einen aufmerksam. Vor ein paar Tagen habe ich mit ihm telefoniert und er ist natürlich sehr zufrieden mit diesem großen Schritt.

Auch mit Gerhard Struber haben Sie während Ihrer Zeit in Salzburg zusammengearbeitet. Er war von 2015 bis 2016 Co-Trainer, seit dieser Saison ist er Chefcoach der "Bullen". Wie haben Sie ihn als Trainer erlebt?

Er ist ein Trainer des Hauses, der dort alles kennt und die Red-Bull-Philosophie perfekt versteht. Daher glaube ich, dass das eine Win-win-Situation für beide Seiten ist. Ich wünsche ihm viel Glück und Erfolg. Ich schätze ihn sehr.

Die kicker-Elf des 9. Spieltags

Zu Ihrer aktiven Zeit gab es in Salzburg noch diesen "Champions-League-Fluch", dass die Qualifikation einfach nicht gelingen wollte. Wie sehr wurmt es Sie, dass Sie nie in der Königsklasse gespielt haben?

Im Endeffekt kann ich mich nicht beschweren, weil ich mit Salzburg fast alles gewonnen habe. Aber es ist schon wahr, dass ich gerne mit diesem Dress im Hauptbewerb der Champions League gespielt hätte. Wir haben zwar die Hymne gehört und ich habe ein Leiberl mit dem Champions-League-Badge, aber das war im Play-off, das zählt für mich persönlich nicht. Also wenn ich meine Zeit in Österreich mit einem Aber versehen müsste, wäre es das.

Wenn Sie Ihre fünf Jahre in Salzburg Revue passieren lassen, welche Erinnerungen kommen Ihnen als erstes in den Sinn?

Es waren fünf Jahre, die ich ungemein genossen habe. Sportlich habe ich dort fast alles erreicht, hatte fantastische Mitspieler, die heute Superstars in den größten Vereinen sind. Ich kann nicht nur eine oder zwei Erinnerungen aufzählen. Es waren fünf Jahre mit so vielen Erlebnissen, sportlich wie privat. Der Tag, als meine Tochter geboren wurde, ich es noch zum Match geschafft habe und dann drei Tore mache. Oder als die Mannschaft noch nicht so im Europacup angekommen war und wir in Amsterdam 3:0 gewannen.

Und Sie dieses legendäre Tor von der Mittellinie schossen.

Ja, da ging alles auf! Die Mannschaft war super eingestellt, wir waren nicht nervös, gegen einen so traditionsreichen Gegner wie Ajax zu spielen. Und so ein Tor gelingt dir von 100 Versuchen einmal.

Es erfüllt mich mit Stolz, Rekordtorschütze dieses Vereins zu sein. Hoffentlich bleibt das noch viele Jahre so, denn ich glaube, dass Red Bull Salzburg in nächster Zeit noch größer werden und viele Erfolge feiern wird.

Jonatan Soriano

Sie sind nach wie vor Rekordtorschütze von Red Bull Salzburg. Was bedeutet Ihnen dieser Titel?

Es erfüllt mich mit Stolz, Rekordtorschütze dieses Vereins zu sein. Hoffentlich bleibt das noch viele Jahre so, denn ich glaube, dass Red Bull Salzburg in nächster Zeit noch größer werden und viele Erfolge feiern wird.

Mit Andreas Ulmer ist heute noch ein Akteur im Verein aktiv, mit dem Sie noch zusammengespielt haben. Stehen Sie mit ihm noch in Kontakt?

Ja, mit ihm stehe ich immer wieder in Verbindung, erst vor ein paar Tagen habe ich wieder mit ihm gesprochen. So einmal im Monat schreiben wir uns und bringen uns auf den neuesten Stand.

Wann sieht man Sie wieder einmal in Salzburg?

Wir wollten es eigentlich jetzt bald einmal machen, aber mit meinem Job beim Fernsehen ist das recht kompliziert, weil ich jedes Wochenende arbeite. Aber ja, ich muss mir jetzt bald ein Datum freihalten, um die alten Freunde zu besuchen.

Vielleicht ergibt sich ja im Rahmen der Champions League ein Besuch, den Sie mit der Arbeit beim TV verbinden können.

Hoffentlich! Am liebsten gegen Barça, das wär' was!

Interview: David Mayr