2. Bundesliga

FCK-Coach Schuster und Klement: Harmonie sieht anders aus

Von der "Boeing 747" zu "wir sind nicht der FC Klement"

Schuster und Klement: Harmonie sieht anders aus

Kaiserslauterns Philipp Klement bejubelt seinen Last-Minute-Treffer.

Kaiserslauterns Philipp Klement bejubelt seinen Last-Minute-Treffer. IMAGO/Zink

Dieter Hecking hat das Unheil kommen sehen. "Ich kenne Philipp Klement und ich weiß, wenn er den Ball da liegen hat ..." Es lief die fünfte Minute der Nachspielzeit, als sich Kaiserslauterns Zehner den Ball hinter der Strafraumgrenze etwas rechts von der Tormitte zurechtlegte. Eine perfekte Freistoßposition für einen Linksfüßer. Wenige Sekunden später zappelte der Ball im Netz. Ekstase auf den Rängen bei den bis zu 10.000 mitgereisten Anhängern aus der Pfalz.

1:3-Rückstand bis zur 88. Minute

Wer bei Spielen des FCK das Stadion zu früh verlässt, wird in dieser Saison bitter bestraft. Die Roten Teufel haben es geschafft, trotz eines 1:3-Rückstands bis zur 88. Minute noch einen Punkt beim Club mitzunehmen. Ohne Klement wäre das nicht gelungen. Sieben Minuten vor seinem Traumtor servierte er aus dem Halbfeld eine Maßflanke, die Julian Niehues zum Anschlusstreffer veredelte. Schon vor der turbulenten Schlussphase war Klement der auffälligste Rote Teufel.

Gefeiert wie ein König

Der Torjubel Klements war gleich in mehrerer Hinsicht vielsagend. Direkt nach dem Treffer drehte er ab, lief einige Meter in Richtung der Trainerbank, breitete die Arme raus und rief Schuster etwas entgegen. Ganz nach dem Motto: Was ist? Warum spiele ich nicht mehr? Seine Mitspieler, die feierten ihn. Nicolai Rapp nahm ihn gar auf die Schultern. Gefeiert wie ein König.

Wir sind nicht der FC Schuster, nicht der FC Boyd und auch nicht der FC Klement.

Dirk Schuster

Der Trainer dagegen, der hatte auf der Pressekonferenz zunächst nicht mal eine Silbe für den Mann des Tages übrig. Erst auf Nachfrage ließ sich  Schuster ein recht nüchternes Fazit entlocken: "Den Freistoß hat jeder gesehen. Ansonsten hat er versucht, unser Spiel anzukurbeln. Von der Leistung her war es absolut okay." So nennt der 55-Jährige also eine der besten Saisonleistungen Klements inklusive Traumtor und Vorlage. Etwas rätselhaft. Die Antwort auf die zweite Nachfrage machte dann endgültig deutlich, dass er nicht über Klement sprechen will. "Wir sind nicht der FC Schuster, nicht der FC Boyd und auch nicht der FC Klement."

Wie schon in den fünf Spielen zuvor musste einer der begnadetsten Techniker der 2. Liga zunächst mit einem Platz auf der Bank vorliebnehmen. Erst nachdem sich Ben Zolinski mit einer schlechten Leistung und einer eigentlich klaren Roten Karte für sein Einsteigen gegen Kwadwo Duah, das warum auch immer nur mit Gelb geahndet wurde, für eine frühe Auswechselung empfahl, durfte Klement nach 36 Minuten loslegen.

Spielmacher von Format mit FCK-Wurzeln

Für die Erkenntnis, dass das Verhältnis von Klement und seinem Trainer belastet ist, brauchte es nicht erst das Spiel in Nürnberg. Dabei begann alles so vielversprechend. Am 19. September 2022 kündigte Schuster einen bevorstehenden Transfer vom Kaliber einer "Boeing 747" an: Er meinte Klement, den der FCK sechs Tage später als Neuzugang vom VfB Stuttgart präsentierte. Thomas Hengen gelang es damit, einen Spielmacher von Format in die Pfalz zu locken, der schon in der Jugend für den FCK spielte. Für den gebürtigen Ludwigshafener hatte die Rückkehr also auch einen emotionalen Aspekt.

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Die Erwartungshaltung, die Schuster mit dem Flugzeugvergleich noch dezent verstärkte, schien dem selbstkritischen Klement im Saisonverlauf zu schaffen zu machen. Viel mehr war es aber das Spielsystem, mit dem er haderte. Klement braucht den Ball, um mit ihm Dinge zu tun, die die meisten Zweitligaspieler nicht in ihrem Repertoire haben. Er braucht Mitspieler, die das auch wollen. Dass er zugleich nicht der begnadete Arbeiter gegen den Ball ist, weiß jeder. Auch Schuster. Das muss man in Kauf nehmen. Diesen Deal ist der FCK mit dem Transfer wohlwissend eingegangen. Vier Tore und zwei Vorlagen in der Hinrunde sind keine Meisterwerte, in Anbetracht seiner Rolle auf dem Spielfeld aber respektabel.

"Austausch, Dialog" statt "Aussprache"

Umso rätselhafter ist der Bruch in dieser Rückrunde. Ab Anfang April fand sich Klement nur noch auf der Bank wieder. In die Startelf fand er seitdem nicht mehr zurück. Kommuniziert wurde die Entscheidung seitens des Trainerstabs wohl nicht ganz zufriedenstellend für den Spieler. Der suchte das Gespräch mit dem Trainer. Vom Begriff "Aussprache" nahm Schuster am 21. April Abstand. "Es war ein Austausch, ein Dialog", sagte er und ließ viel Interpretationsspielraum. "Wir haben gemeinsam miteinander besprochen, wie wir das nächste Spiel und die laufende Saison bis zum Ende hin bestmöglich gestalten können, dass alle irgendwo zufrieden sind."

Klement ist ein ruhiger Zeitgenosse, keiner der einen Aufstand macht, wenn ihm etwas nicht passt. Er äußerte sich in der Folge bei der "Rheinpfalz" diplomatisch. Dass ihm der fußballerische Ansatz Schusters nicht in die Karten spielt, ist ihm natürlich bewusst. "Die Art und Weise, wie wir spielen, kommt nicht meinen Stärken entgegen. Ich glaube nicht, dass wir bis Saisonende etwas ändern werden", so Klement. "Wir müssen ja eine Lösung finden, wie es besser wird." In den vergangenen Wochen wirkte es mit Blick auf die Spielanteile Klements nicht so, als seien alle bestrebt, eine Lösung zu finden, die Klement und den FCK weiterbringen.

Kein Interview nach der Meisterleistung

Dabei ist dieses Ziel von immenser Bedeutung. Ein Spieler der Klasse von Klement muss seinen Platz finden. Erst recht in einer Mannschaft, wie aktuell auf dem Betzenberg. In den Spielen ohne die beiden technisch begabtesten - Klement und Marlon Ritter - war es mitunter sehr schwer anzuschauen, was die Lauterer mit dem Ball veranstalteten. Das Spiel in Nürnberg hat einmal mehr gezeigt, wo Klement hingehört: in die Startelf. Nach seiner Meisterleistung im Max-Morlock-Stadion wollte er übrigens mit niemandem sprechen, keine Interviews. Vielleicht ja auch aus Selbstschutz.

Schuster und Klement müssen ihre offensichtlichen Dissonanzen ausräumen. Es wäre fatal, würde Klement sein sportliches Glück in Kaiserslautern nicht mehr finden und den Klub im Sommer verlassen.

Moritz Kreilinger

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