Champions League Männer

Handball: SC Magdeburg gewinnt erneuten Krimi im CL-Finale

Erneuter Triumph nach 2002

Zweiter Champions-League-Titel: Magdeburg gewinnt nächsten Krimi im Finale

Gisli Kristjansson (r.) und Trainer Bennet Wiegert feiern: Der SC Magdeburg krönt sich nach 21 Jahren zum zweiten Mal zum Champions-League-Sieger.

Gisli Kristjansson (r.) und Trainer Bennet Wiegert feiern: Der SC Magdeburg krönt sich nach 21 Jahren zum zweiten Mal zum Champions-League-Sieger. Getty Images

Der SC Magdeburg war nach einem wahren Krimi im Siebenmeterwerfen gegen Barcelona ins Endspiel eingezogen. Auch gegen Kielce lag  vor 19.750 Fans in der ausverkauften Halle in Köln bis zur letzten Sekunde Spannung in der Luft - und wieder hatte Magdeburg das bessere Ende für sich.

Überraschenderweise stand auch Bundesliga-MVP Gisli Kristjansson auf dem Spielberichtsbogen, der Isländer hatte sich gegen Barça scheinbar schwer an der Schulter verletzt. Zunächst saß er nur auf der Bank, doch auch ohne ihren Leistungsträger erwischte der SCM den besseren Start: Keeper Nikola Portner parierte in der Anfangsphase zwei Würfe und leitete anschließend auch noch Gegenstöße ein, das Team von Bennet Wiegert erspielte sich auch deswegen einen 4:1-Vorsprung (7.). 

Handball, Champions League

Kielce, das im Halbfinale Paris St.-Germain knapp ausgeschaltet hatte, hatte aber ja auch noch einen Andreas Wolff im Tor, der DHB-Keeper parierte unter anderem einen Siebenmeter. Offensiv kam Alex Dujshebaev, Sohn von Kielce-Trainer Talant Dujshebaev, immer besser in Fahrt. Die Folge: Das Polster schrumpfte und war mit dem 6:6 in der 13. Minute aufgebraucht. Zwei Minuten später lagen die Polen nach einem klasse Wurf von Rechtsaußen Kounkoud in den Winkel erstmals in Front.

Kristjanssons Wunderheilung, Dujshebaevs One-Man-Show

In der 19. Minute geschah dann das, was eigentlich keiner für möglich gehalten hatte. Kristjansson betrat das Feld - und netzte sofort zum 8:7 für Magdeburg ein. Die Partie blieb eng, beide Teams mussten sich jeden Treffer schwer erkämpfen. Nur einer glitt immer wieder durch die Abwehr wie das Messer durch die heiße Butter. Alex Dujshebaev zog bei Kielce sämtliche Fäden, der SCM bekam den spanischen Linkshänder kaum in den Griff. Entweder schloss er selbst ab oder setzte seine Mitspieler gekonnt in Szene, häufig mit spektakulären Anspielen an den Kreis. Auch der Torhüterwechsel hin zu Mike Jensen half da nicht viel, sechs Tore aus sieben Versuchen erzielte Dujshebaev allein im ersten Abschnitt.

Magdeburg ließ sich allerdings nicht abschütteln, in der Offensive bewies der Champions-League-Sieger von 2002 eine gewisse Kaltschnäuzigkeit. Da Kielce mit der Pausensirene zum 15:13 traf, nahm der SCM eine kleine Hypothek mit in den zweiten Abschnitt.

Kurz nach Wiederanpfiff hatte Artsem Karalek Glück, dass er nach Ellbogeneinsatz gegen SCM-Linksaußen Matthias Musche mit einer Zwei-Minuten-Strafe davon kam. Magdeburg machte zu wenig aus der Überzahl, vielmehr erspielte sich Kielce erstmals einen Vier-Tore-Vorsprung (18:14, 35.). Den entscheidenden Punch wusste der polnische Serienmeister (2012 bis 2023) aber zunächst nicht zu setzen, zumal Magdeburg mit Portners Rückkehr ins Tor wieder besser aufgestellt war.

Gut 15-minütige Unterbrechung wegen medizinischem Notfall

Näher als bis auf zwei Tore kam der SCM bis Mitte der zweiten Hälfte allerdings nicht heran. In der 48. Minute musste die Partie beim Stand von 22:20 für Kielce wegen eines medizinischen Notfalls in den Rängen mehrere Minuten unterbrochen werden. 

Dem Team von Trainer Wiegert, der beim ersten Titelgewinn vor 21 Jahren als Spieler dabei war, gelang nach der gut 15-minütigen Unterbrechung in Unterzahl der Ausgleich, es deutete sich ein ähnliches Drama wie am Vortag an. Vier Minuten vor dem Ende brachte Christian O'Sullivan den Bundesligisten nach einem Ballverlust der Polen sogar in Führung.

Dann wurde es allerdings bitter für den SCM. Eineinhalb Minuten vor dem Ende kassierte Magdeburg nicht nur das Tor von Daniel Dujshebaev zur neuerlichen Kielce-Führung, gleichzeitig bekamen sie auch noch eine Zwei-Minuten-Strafe wegen eines Wechselfehlers aufgebrummt. In Unterzahl nahm Trainer Wiegert seinen Torhüter vom Feld, Michael Damgaard stellte nach einer guten Bewegung auf 26:26 - bei noch 16 Sekunden zu spielen. Keeper Portner entschärfte aber die letzten beiden Versuche der Polen, es ging erneut in die Verlängerung.

Magdeburg gewinnt nächsten Krimi in Verlängerung

Portner legte auch zum Start der Verlängerung mit einer starken Parade los, Kristjansson versetzte die Magdeburger Fans mit dem Führungstreffer endgültig in Ekstase. Der SCM hatte nun auch Alex Dujshebaev deutlich besser im Griff, Wolff verhinderte auf der Gegenseite mit einer ebenfalls tollen Reaktion den Zwei-Tore-Rückstand. Nach dem zwischenzeitlichen Kielce-Ausgleich besorgte Kay Smits, mit acht Treffern bester Werfer des SCM, die 28:27-Führung für Magdeburg zum Seitenwechsel.

Michael Damgaard erhöhte zum Start der zweiten Hälfte der Verlängerung aus dem Rückraum auf +2. Nach einem weiteren Defensiv-Stopp schien der Champions-League-Titel greifbar. Gut eineinhalb Minuten vor dem Ende verkürzte Nicolas Tournat nach schönem Dujshebaev-Anspiel nochmal - und dann bekam Kielce 30 Sekunden vor Schluss wieder den Ball und damit die Chance zum Ausgleich. Zweimal checkten die Schiedsrichter, ob es einen Siebenmeter geben müsste, doch bei abgelaufener Uhr bekam Kielce nur per Freiwurf eine letzte Chance. Der Versuch von Szymon Sicko landete in der Magdeburger Mauer, die sich schnell in eine euphorisierte Jubeltraube verwandelte.

Beim unterlegenen Wolff, der mit Kielce zum zweiten Mal in Folge das Champions-League-Finale verlor, war der Frust nach Spielende zu spüren: "Ich bin einfach leer. Ich bin sauer, ich bin enttäuscht", sagte der 32-Jährige am Mikrofon von "DAZN". "Wir haben wieder ein tolles Finale gezeigt und wieder gegen eine Top-Mannschaft verloren. Herzlichen Glückwunsch an den SCM, das haben sie fantastisch gemacht."

SC Magdeburg - KS Kielce 30:29 n.V. (13:15,26:26)

Tore SC Magdeburg: Smits 8/6, M. Damgaard 6, G. T. Kristjansson 6, Musche 4, Saugstrup Jensen 3, Bergendahl 1, O¦Sullivan 1, D. Pettersson 1 Tore KS Kielce: A. Dujshebaev 8, Moryto 5/1, Nahi 5, D. Dujshebaev 3, Karalek 3, Kounkoud 2, Tournat 2, Sicko 1
Schiedsrichter: Bojan Lah (Slowenien)/David Sok (Slowenien)
Zuschauer: 19.750
Strafminuten: 10 / 8
Disqualifikation: - / -

las, pja