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Achterbahnfahrt in Magdeburg: THW Kiel gewinnt Topspiel

Handball-Bundesliga, 13. Spieltag

Achterbahnfahrt in Magdeburg: THW Kiel gewinnt dramatisches Topspiel

Außer Rand und Band: Kieler bejubeln ihren Sieg beim SCM.

Außer Rand und Band: Kieler bejubeln ihren Sieg beim SCM. IMAGO/Jan Huebner

Der SCM verkündete vor kurz vor Anwurf die vorzeitigen Vertragsverlängerungen von Daniel Pettersson (bis 2026) und Nationalspieler Philipp Weber (bis 2028) und kam dann auch noch gut aus den Startlöchern, führte rasch 2:0, doch der THW meldete sich schon sehr bald in der Partie an - und wie. Vor allem defensiv wussten die Kieler über weite Strecken der ersten Hälfte zu überzeugen. Sie schafften es mit einer starken Abwehr, den Magdeburger Tempo-Handball entscheidend zu stören und das Spiel absolut offen zu gestalten.

Es war das erwartet intensive Aufeinandertreffen von zwei Top-Mannschaften, in dem der THW jedoch ein Stück weit gefälliger wirkte. Das lag auch daran, dass die Kieler eher zu "leichten" Toren kamen als der SCM, der immer wieder für seine Wurfchancen kämpfen musste.

Hinzu kam, dass der THW in Niklas Landin den auffälligeren Torhüter in seinen Reihen wusste. Der dänische Weltklasse-Keeper entschärfte vor 6600 Zuschauern mehrfach gute Würfe und war so auch Garant dafür, dass die Zebras mit einer 19:16-Führung in die Halbzeit gingen, was auch daran lag, dass Nikola Portner Sekunden vor Schluss im Eins-gegen-eins Wiencek am Treffer hinderte. 

Dass Filip Jicha mit dem THW ein Rezept für die Magdeburger gefunden hat, wusste man schon seit dem 30:25 Ende März und insbesondere dem 28:21-Sieg im Pokalfinale Ende April - und das war auch diesmal nicht anders. Der Fokus lag auf sicherem Passspiel, was zu weniger Ballverlusten und Tempogegenstößen führte, sowie einer harten, aber nicht unfairen Zweikampfführung. Vorne gab's dann auch das ein oder andere Zuckerl wie der Kempa-Trick von Weinhold und Bilyk zum 21:17.

Kiel spielte clever, was sich nicht zuletzt zwischen der 36. und 38. Minute zeigte, als der THW eine Zwei-Minuten-Strafe gegen Weinhold ohne größeren Schaden überstand, doch es zeigte sich schon bald, dass man Magdeburg nie abschreiben darf. SCM-Trainer Bennet Wiegert war gewiss nicht zufrieden - weder mit den eigenen Torhütern, die im Gegensatz zu Landin kein echter Faktor waren, noch mit den Feldspielern, die sowohl offensiv als defensiv Mühe hatten.

Wiegerts bemerkenswerte Auszeit

So kam es nach 40 Minuten zu einer bemerkenswerten Auszeit, bei der Wiegert intensiv an seine Spieler appellierte und mehr Risiko einfordert. Und er wurde erhört, denn danach legte der Meister noch einen Zahn zu, brachte Hektik ins Spiel und ließ den klaren Kieler Vorsprung von acht auf fünf Treffer (21:26) zusammenschmelzen. 

Kiels Fels in der Brandung: Niklas Landin.

Kiels Fels in der Brandung: Niklas Landin. IMAGO/Jan Huebner

Die Spannung war hoch - und das Spiel kreativ. So agierte der THW trotz komfortabler Führung im Angriff immer wieder mit sieben Mann, ergo ohne Torwart. Die Kieler streuten zudem den einen oder anderen unnötigen Fehler ein, sodass der SCM weiter hoffen durfte. In der Schlussphase war die Halle voll da, die Magdeburger peitschten ihre Lieblinge an - und die gaben Vollgas.

Dramatische Schlussphase in Magdeburg

Fünf Minuten vor Schluss stand es nach einem - in dieser Phase häufigen - Fehlpass der Kieler auf einmal nur noch 30:32 aus Magdeburger Sicht. Danach beendete Jicha sein 7-gegen-6-Experiment und ließ Landin wieder im Kasten. Zwei Minuten vor Schluss betrug der Rückstand des SCM weiterhin zwei Tore, und ausgerechnet in dieser Phase packte Portner gegen Weinhold eine eminent wichtige Parade aus und verschaffte seinem Team Ballbesitz.

Wiegert nahm seine nächste Auszeit und forderte seine Schützlinge auf, eine Zwei-Minuten-Strafe zu ziehen. Gesagt getan: Kristjansson wurde gefoult, Wiencek sah die Rote Karte und Magnusson traf per Siebenmeter zum 32:33. Bei noch 20 Sekunden auf der Uhr hatte der THW den Ball und ein Tor Vorsprung. Der SCM probierte alles, ging auf Manndeckung über das gesamte Feld, doch die Kieler zogen den Kopf am Ende dennoch aus der Schlinge und brachten den 34:33-Sieg über die Zeit.

"Ich würde gerne sagen, dass wir coolen Kopf bewahrt haben, aber das haben wir nicht - die letzten zehn Minuten waren kompletter Stress", sagte ein sichtlich erleichterter Landin nach Spielende bei "Sky" und zeigte sich am Ende absolut froh über den hart erkämpften Auswärtssieg. Der Däne war übrigens am Ende mit 11 Paraden und einer Quote von 29 Prozent und Eric Johansson (8 Tore) einer der Sieggarenten. Bester Werfer des Spiels war Magnusson mit neun Treffern. 

Die Rhein-Neckar Löwen, die in der Tabelle vor den Magdeburgern auf Platz drei stehen, legten am späten Abend nach und siegten beim HC Erlangen mit 33:30 (16:18).

SC Magdeburg - THW Kiel 33:34 (16:19)

Tore SC Magdeburg: O. I. Magnusson 9/5, Hornke 6, Mertens 5, Saugstrup 5, G. T. Kristjansson 4, Bezjak 1, M. Damgaard 1, O'Sullivan 1, D. Pettersson 1
THW Kiel: Johansson 8, Bilyk 6, Wiencek 6, Ekberg 5/3, Dahmke 4, Weinhold 2, Duvnjak 1, Reinkind 1, Zarabec 1
Schiedsrichter: Simon Reich (Fellbach)/Hans-Peter Brodbeck (Heppenheim)
Zuschauer: 6600 (ausverkauft)
Strafminuten: 8 / 12
Disqualifikation: - / Wiencek (58.)

drm

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