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Liendl im Interview: "Ich hatte einfach nicht die Lobby"

GAK-Neuzugang hätte sich mehr Länderspiele gewünscht

Liendl im Interview: "Ich hatte einfach nicht die Lobby"

Michael Liendl ist zurück beim Grazer AK.

Michael Liendl ist zurück beim Grazer AK. GAK 1902

Michael Liendl hat noch nicht genug und setzt seine Karriere nach dem Aus beim WAC in der Steiermark bei Zweitligist Grazer AK fort. Beim Tabellensiebten der vergangenen 2.-Liga-Saison soll der 36-jährige Spielmacher mit seiner Erfahrung für die nötigen Akzente sorgen und dem Verein helfen, näher an die oberen Plätze heranzukommen. Im Gespräch mit dem kicker spricht der Routinier über seine Wechselentscheidung in die steirische Heimat, seinen Abschied aus Kärnten und warum es im österreichischen Nationalteam nur zu einem Einsatz gereicht hat.

kicker: Herr Liendl, seit etwas mehr als zwei Wochen stehen Sie nun im Training bei Ihrem neuen Klub. Was sind Ihre bisherigen Eindrücke vom Verein?

Michael Liendl: Bislang durchwegs positiv. Es ist natürlich eine gewisse Eingewöhnungszeit dabei, die immer bei einem neuen Klub stattfindet. In Graz habe ich mich schon ganz gut eingelebt, bin von allen gut aufgenommen worden und somit passt für mich zurzeit alles sehr gut.

Ihre erste Zeit beim GAK ist schon mehr als 15 Jahre her. In der Zwischenzeit hat sich beim Klub einiges getan, der Verein wurde 2012 neu gegründet und arbeitete sich wieder in den Profifussball zurück. Kann man da von einer Rückkehr sprechen oder fühlt es sich doch nach etwas ganz Neuem an?

Nein, ich würde es schon eher als Rückkehr sehen. Natürlich hat sich beim Verein in den vergangenen Jahren sehr viel getan. Da merkt man dann, dass ich doch schon etwas älter bin (lacht). Trotzdem fühlt es sich wie ein schönes Zurückkommen an, weil ich hier meine ersten Schritte im Profifußball gemacht habe. Klar hat sich beim Verein vieles positiv wie negativ entwickelt seit meiner ersten Zeit dort. Es gab die Konkurse, die Neugründung, die letzen Jahre ist aber sehr gut gearbeitet und gewirtschaftet worden. Von dem her ist man grundsätzlich auf einem guten Weg und deshalb habe ich mich auch entschlossen, hierher zu gehen.

Sie meinten, der Wechsel war eine Mischung aus Bauchgefühl, Fußballromantik und den Gesprächen mit Sportdirektor Dieter Elsneg. Wie hat er Sie letztendlich vom Schritt in die 2. Liga überzeugen können?

In meinem Alter, wenn man Papa ist, gehört die Familie zu so einer Entscheidung natürlich auch dazu. Die Gespräche mit Didi Elsneg waren einfach sehr gut, ich habe auch gemerkt, dass sich allgemein im Verein alle sehr freuen würden, wenn ich den Schritt mache. Deshalb habe ich das auch gemacht, weil mir klar aufgezeigt wurde, wo der Verein hinwill, wie sie zu mir stehen und sie mir deutlich gemacht haben, wie gerne sie mich in der Mannschaft hätten. Somit war das ein schönes Gesamtpaket, wo ich mich einfach wohlfühle und das auch persönlich gut für mich ist. Natürlich hat es einen gewissen Charme dorthin zurückzukommen, wo alles begonnen hat und von dem her ist das eine schöne, runde Geschichte und ich hoffe, dass wir diese erfolgreich weiterschreiben werden.

Die Top-Sommertransfers der österreichischen Bundesliga

Beim GAK hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Man hat sich sportlich und wirtschaftlich stabilisiert, hat zuletzt den Akademiestatus erhalten. Was fasziniert Sie am Projekt hier in der Steiermark? Welche Rolle können Sie übernehmen?

Grundsätzlich ist es unglaublich wichtig, dass im Verein gesund gewirtschaftet wird. Alles andere macht keinen Sinn und da hat der GAK in den letzten Jahren auch die richtigen Schlüsse gezogen. Der Akademiestatus ist sehr wichtig, da man dadurch auch junge Talente eher im Verein behalten kann. Innerhalb der Mannschaft soll ich den jungen Spielern einfach zur Seite stehen, soll vorangehen und dementsprechend mit Leistung auch die gesamte Qualität im Team heben. Wenn wir alle zusammenhalten und ich meinen Teil nicht nur am Platz, sondern auch außerhalb, beitragen und den jungen Kollegen in ihrer Entwicklung dadurch helfen kann, habe ich einen guten Job gemacht.

Nach den erfolgreichen Jahren zuletzt kam der Schritt von Ihnen in die 2. Liga für viele überraschend. Die Erwartungshaltung an Sie ist dementsprechend groß. Welchen Anspruch setzen Sie an sich selbst?

Der Druck im Fußball gehört allgemein dazu. Mit dem lebe ich nun schon seit 16, 17 Jahren. Manchmal ist er etwas höher, in meinen jüngeren Jahren war er vielleicht etwas niedriger, aber das ist Teil des Geschäfts und ohne eine gewisse Erwartungshaltung kann man auch nicht zu 100 Prozent performen. Man braucht da immer ein wenig Druck, damit du am Limit spielen kannst. Deswegen ist natürlich ein gewisser Druck da, den spüre ich auch, aber den kann ich richtig und gut einordnen. Daher freue ich mich eher auf die Aufgabe, als mir da selbst einen großen Druck aufzuerlegen. Ich bin hier, um Fußball zu spielen, ich weiß, worum es geht und weiß, was ich kann und dass ich der Mannschaft helfen kann. Alles andere muss ich nicht wissen.

Haben Sie in den vergangenen Jahren noch in Rom, Gladbach, Salzburg oder Wien gespielt, geht es nun nach Lafnitz oder Dornbirn. Wird es etwas dauern, bis man sich darauf einstellen kann?

(lacht) Das hoffe nicht nicht! Nein, an den Stadien wird die Umstellung nicht scheitern. Es geht mehr darum, dass ich mich in der Liga schnell zurechtfinde und ihr meinen Stempel aufdrücken kann. Ich spiele so gerne Fußball und spiele nicht nur wegen irgendwelchen anderen Dingen, sondern weil es mich sportlich reizt. Natürlich ist es wunderschön, in einem großen Stadion zu spielen, keine Frage, das waren sehr coole Erfahrungen, die ich bisher in meiner Karriere erlebt habe. Im Endeffekt bleibt Fußball aber Fußball und da ist die Leidenschaft so groß, dass es dann nicht so wichtig ist, ob 50.000 oder nur 2.000, 3.000 Leute im Stadion sind.

Ich bin nach gründlicher Überlegung zum dem Schluss gekommen, dass ich noch zu viel Spaß am Fußball habe.

Michael Liendl

Mit Absteiger Admira, Blau-Weiß Linz, dem SKN St. Pölten, Vizemeister FAC und Aufsteiger Vienna befinden sich einige spannende Konkurrenten in der heurigen Liga. Welche Ziele setzen Sie sich mit dem Verein?

In der Liga ist mit den genannten Mannschaften definitiv ein gutes Niveau vorhanden. Da erwarten uns einige coole Spiele. Unser Ziel muss es aber sein, da oben mitzuspielen und einen möglichen Aufstieg in Reichweite zu lassen, solange es geht. Ob es dann klappt oder nicht, werden wir sehen, es gehört auch immer etwas Glück und natürlich eine gewisse Qualität dazu. Es geht darum, konstant Leistung zu bringen und das Rennen um den Aufstieg bis zum Schluss spannend zu gestalten. Wenn wir das schaffen, dann hat man auch in der Entwicklung im Vergleich zum letzten Jahr einen großen Schritt gemacht. Der Verein hat mit den bisher getätigten Transfers jedenfalls ein Statement gesetzt und gezeigt, wo die Reise eventuell hingehen soll. Daran müssen wir uns messen. Das heißt nicht, dass der Aufstieg dadurch Pflicht ist, aber so wie sich der Verein entwickelt hat bisher, muss man früher oder später ganz vorne mit dabei sein.

In den ersten Spielen der neuen Saison geht es mit den Duellen gegen den FAC, die Admira, den FC Liefering und Blau-Weiß Linz gleich ordentlich zur Sache. Was rechnet man sich hier aus?

Die ersten vier Spiele sind sehr interessant. Da wird der Standard dann schon geklärt sein, wie die Richtung aussieht. Da geht es gleich mal voll los, das sind alles sehr starke Mannschaften, die ebenfalls hohe Ziele verfolgen und daher werden das für uns richtige Gradmesser. Darauf freue ich mich und hoffe, dass wir dementsprechend Punkte mitnehmen können.

Kommen wir zu Ihrem Abschied vom WAC zurück. Wie lange war es klar, dass es im Sommer nicht weitergehen würde? Hat man da schon frühzeitig kommuniziert, dass man sich für diesen jüngeren Weg im Verein entschieden hat?

Wenn man den WAC kennt, weiß man, dass dort die Gespräche immer relativ spät stattfinden und das war auch hier der Fall. Wir waren immer wieder ein wenig im Austausch, hatten das erste Gespräche bereits im Winter geführt. Als Spieler ist es dir natürlich immer lieber, schon früher Klarheit zu haben, egal in welche Richtung das geht. Es ist vollkommen legitim, wenn der Verein sagt, dass er einen etwas jüngeren Weg einschlagen möchte und so ist es dann in den Gesprächen zustandegekommen, dass man sich am Saisonende trennt.

War ein Karriereende mit Position im Klub auch konkret ein Thema für Sie? Beim WAC hat Präsident Dietmar Riegler ja die Tür für eine Rückkehr offen gelassen.

Das war auf jeden Fall eine Überlegung, aufzuhören und im Verein mitzuarbeiten, weil die Gespräche mit Dietmar Riegler einfach sehr gut waren und er mich weiterhin gerne im Verein gehabt hätte. Daher war das absolut ein Thema, aber ich bin nach gründlicher Überlegung einfach zum dem Schluss gekommen, dass ich noch zu viel Spaß am Fußball habe. Ich habe mir dann gedacht, warum ich das beenden soll. Wenn ich das Gefühl habe, jeder läuft mir um die Ohren, dann werde ich mir vielleicht schon denken, das ist jetzt genug, aber schlussendlich habe ich dieses Gefühl noch nicht. Da ich auch körperlich zum Glück nie verletzt war, kann ich da hintenraus noch etwas profitieren davon. Daher habe ich mich entschieden, weiterzuspielen.

In Österreich ist mir am Anfang gesagt worden, dass ich zu wenig laufe. Als ich dann nach Deutschland gewechselt bin, hat es geheißen, da kann ich mich nicht durchsetzen, weil ich nicht robust genug bin. Schlussendlich habe ich mich aber überall durchgesetzt.

Michael Liendl

Ganz im Gegensatz zu Ihrem guten Freund Zlatko Junuzovic, der sich vor kurzem zum Karriereende entschieden hat. Was Sagen Sie zu seiner Entscheidung?

Ich hätte ihn noch gerne am Platz gesehen und habe ihm auch gesagt: 'Spiel noch weiter.' Aber im Endeffekt muss er auf seinen Körper hören, auf seine Lebenssituation eingehen und wenn es für ihn das Beste ist, jetzt aufzuhören und bei Salzburg mitzuarbeiten, ist das vollkommen legitim. Da freue ich mich für ihn, wenn er da aufgeht. So wie ich die Entscheidung getroffen habe, noch ein, vielleicht zwei Jahre weiterzuspielen, hat er die Entscheidung getroffen, aufzuhören. Nach so einer Karriere ist das auch vollkommen verständlich. Der Zladi (Zlatko Junuzovic, Anm.) hat doch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen gehabt und dann ist es hintenraus nicht mehr so einfach, mit 35 noch Fußball zu spielen.

Mit 70 Treffern in 302 Bundesligaspielen gehören Sie zu den erfolgreichsten Torjägern der Bundesliga. Sie sind zudem Rekordtorschütze des WAC. Ärgerlich, dass es im Endeffekt trotz starker Auftritte nie zu mehr als einem Einsatz für das österreichische Nationalteam gereicht hat?

Fakt ist, ich hatte einfach nicht die Lobby. Ich war dann relativ oft in einer Schublade drinnen. In Österreich ist mir am Anfang gesagt worden, dass ich zu wenig laufe. Als ich dann nach Deutschland gewechselt bin, hat es geheißen, da kann ich mich nicht durchsetzen, weil ich nicht robust genug bin. Schlussendlich habe ich mich aber überall durchgesetzt. Ich bin davon überzeugt, dass ich mir das eine oder andere Länderspiel mehr verdient hätte mit den gezeigten Leistungen. Das ist jetzt nunmal so, das haben andere entschieden und mehr als sehr gut spielen auf einem Topniveau habe ich auch nicht machen können. Schlussendlich hat mir zu 100 Prozent die Lobby gefehlt, die andere mehr gehabt haben als ich.

Interview: Maximilian Augustin