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Liendl: "Das war sicher die schwierigste Entscheidung in meinem Leben"

Mit 37 ist Schluss

Liendl: "Das war sicher die schwierigste Entscheidung in meinem Leben"

Michael Liendl kann auf eine großartige Karriere zurückblicken.

Michael Liendl kann auf eine großartige Karriere zurückblicken. GEPA pictures

Mit 37 Jahren zählt Michael Liendl immer noch zum absoluten Leistungsträger. Die Assist-Wertung der 2. Liga führt er souverän an, in der Scorerwertung liegt er einen Punkt hinter Ronivaldo auf dem zweiten Platz und mit dem GAK befindet er sich mitten im Meisterschaftskampf.

Vor Kurzem gab der Mittelfeldspieler aber bekannt, dass er am Ende der Saison seine Karriere beenden wird. Grund genug, sich mit dem kicker über seine Karriere und seine letzten Spiele zu unterhalten.

Herr Liendl, Sie haben vor Kurzem bekanntgegeben, dass Sie ihre Karriere am Ende der Saison beenden werden. Wie kam es zu der Entscheidung?

Das waren im Endeffekt viele kleine Puzzleteile. Das war ein sehr, sehr langer Prozess, mit dem ich mich auch schon länger beschäftige. Altersbedingt ist das, glaube ich, normal, dass man sich mit dem Karriereende beschäftigt und das habe ich natürlich auch gemacht. Die Gedanken sind dann immer intensiver geworden. Irgendwann ist dann der Gedanke gekommen, etwas anderes machen zu wollen. Auf das freue ich mich grundsätzlich auch, aber das war sicher die schwierigste Entscheidung in meinem Leben, weil mir bewusst ist, dass ich sicher noch ein Jahr hätte weiter kicken können. Aber ich glaube einfach, dass jetzt die Zeit reif ist, etwas anderes zu machen.

Sie haben in einem kicker-Interview einmal gesagt, ´Wenn ich das Gefühl habe, jeder läuft mir um die Ohren, dann werde ich mir vielleicht schon denken, das ist jetzt genug.´ Laufen Ihnen die jungen Spieler mittlerweile um die Ohren?

(lacht) Nein, das glaube ich jetzt nicht, aber es ist für mich einfach immer schwieriger geworden, sich zu motivieren. Ich wollte dann auch nicht noch mal verlängern und dann mitten in der Saison draufkommen, ´Uh, ich mag eigentlich nicht mehr.´ Ich wollte das entweder zu 100 Prozent durchziehen für ein weiteres Jahr oder gleich den Schlussstrich ziehen. Ich bin keiner, der halbe Sachen macht. Wenn, dann mache ich es ordentlich. Und der Gedanke, dass ich das vielleicht nicht mehr zu 100 Prozent für ein ganzes Jahr durchziehen will, der ist einfach immer größer geworden in mir. Deswegen habe ich irgendwann gesagt, ´Ich will jetzt einen schönen Abschluss haben,´ und ich will dann nicht im September, Oktober oder November irgendwann sagen, ´Ich habe zu wenig Motivation und ich will eigentlich nicht mehr.´ Das wäre auch dem Verein gegenüber nicht fair gewesen.

War es immer ein Ziel von Ihnen, aufzuhören, wenn Sie noch so nah an Ihrem Leistungslimit sind?

Nein, gar nicht. Ich habe mir kein Limit gesetzt und ich habe mir auch kein Ziel gesetzt, wie und wann ich aufhöre. Ich habe gekickt und mein Bestes versucht, deswegen habe ich auch keine Altersgrenze oder ähnliches in mir drinnen gehabt. Ich wollte einfach Fußball spielen, weil ich das einfach am liebsten mache. Auch wenn ich jetzt aufhöre, ich bin fast 21 Jahre Profi gewesen. Das ist schon ein Zeichen, dass man das richtig gerne macht und das wird sich auch nicht ändern, nur weil ich jetzt aufhöre. Ich habe immer gesagt, dass es für mich persönlich passen muss und wenn ich das Gefühl habe, dass ich 100 Prozent bringen kann, dann macht es mir sehr, sehr viel Spaß und wenn ich Spaß habe beim Kicken, dann will ich auch weiterspielen. Die letzten Monate ist der Gedanke aber immer häufiger gekommen, einfach mal etwas anderes zu sehen und zu machen. Das heißt nicht, dass ich keinen Spaß habe, den habe ich nach wie vor wenn ich auf den Platz gehe, aber es ist einfach immer schwieriger geworden, sich zu überwinden und jeden Tag am Trainingsplatz zu stehen.

Ich habe auch gewusst, wann ich in gewissen Zweikämpfen wegbleiben muss.

Michael Liendl über seine beinahe verletzungsfreie Karriere

In Ihrer Karriere sind Sie von schweren Verletzungen verschont geblieben, sind mit 37 Jahren noch immer Leistungsträger Ihres Teams, im letzten Jahr haben Sie es beim kicker in die "Elf der Saison" der Bundesliga geschafft. Was ist Ihr Geheimnis?

Geheimnis gibt es in diesem Sinne keines. Es gehört ein bisschen Glück dazu, die Genetik hat immer ganz gut gestimmt. Ich habe auch gewusst, wann ich in gewissen Zweikämpfen wegbleiben muss. Da ist es manchmal vielleicht ein bisschen besser, wenn man springt und vielleicht nicht auf biegen und brechen hingeht (lacht). Im Endeffekt habe ich schon natürlich auf meinen Körper geschaut. Das ist ja auch ein Grund - wenn jetzt die Sommerpause kommt, es gibt ja in dem Sinne nicht wirklich einen Urlaub, sondern du musst ja auch in der Sommerpause trainieren und laufen. Der Gedanke war jetzt auch nicht mehr so schön (lacht).

Der GAK liegt drei Spieltag vor dem Ende nur zwei Punkte hinter Tabellenführer Blau-Weiß Linz. Haben Sie vor Saisonbeginn daran geglaubt, dass der Verein so eine wichtige Rolle im Meisterschaftskampf spielen wird?

Mit dem Gedanken bin ich zum GAK gegangen. Das habe ich von Anfang an gesagt, dass ich unbedingt vorne dabei sein will und nicht um Platz fünf oder sechs mitspielen will. Noch dazu macht es bei einem Traditionsverein wie dem GAK keinen Sinn, am Anfang der Saison die Parole auszugeben, dass wir mit dem sechsten Platz zufrieden sind. Du musst einfach um die Meisterschaft mitspielen bei so einem Verein. Das muss jedes Jahr das Ziel sein, dass man irgendwann aufsteigt. Ich weiß nicht, ob es sich diese Saison schon ausgeht. Das Ziel meinerseits war es auf jeden Fall vorne mitzuspielen und wenn es geht, natürlich auch den großen Coup zu schaffen und aufzusteigen.

Jetzt frage ich ganz direkt, wer wird Meister in der 2. Liga?

Natürlich wir, aber das Problem ist, dass wir abhängig von zwei anderen Mannschaften sind. Wir haben es leider nicht selber in der Hand. Ich bin davon überzeugt, dass wir die letzten drei Spiele gewinnen können. Wenn wir nicht Meister werden, ist mir auch relativ egal, wer es wird.

Wäre es nicht fast schon zu kitschig, wenn Sie in Ihrem letzten Jahr als Profi zu Ihrem Jugendverein wechseln und ihn als Topscorer in die Bundesliga führen?

Ein viel schöneres Märchen könnte man nicht schreiben. Definitiv wäre das natürlich ein absoluter Traum, wenn man dann so seine Karriere beenden dürfte. Dass das eintrifft, da gehören noch viele Faktoren in den nächsten Wochen dazu. Es wäre natürlich unglaublich, vor allem, da das letzte Spiel in Dornbirn stattfindet. Das ist für den ein oder anderen vielleicht eine unangenehme Reise, aber für mich ist es eine sehr schöne, weil ich meine Eltern und meinen Bruder und viele Freunde in Vorarlberg habe. Wenn man es dann dort besiegeln könnte, wo ich angefangen habe Fußball zu spielen, dann wäre das ein absoluter Wahnsinn.

Salzburg oder Sturm? Das Restprogramm im Meisterschaftsrennen

Sie haben in Ihrer Karriere schon einige Stationen hinter sich, haben in Österreich, Deutschland und den Niederlanden gespielt. Was waren Ihre persönliche Karrierehighlights?

Da waren viele dabei. Ich habe in Österreich bei Traditionsvereinen spielen dürfen, habe eine wunderschöne Zeit bei Austria Wien gehabt, die ich auf gar keinen Fall missen möchte. Da habe ich auch das erste Mal international spielen dürfen, das war richtig cool. Ich bin mit Kapfenberg damals aufgestiegen und zum besten Spieler in der 2. Liga gewählt worden. Dann natürlich der Step ins Ausland zu Fortuna Düsseldorf, das war im Nachhinein wahrscheinlich schon das absolute Highlight, weil ich einfach immer schon einmal im Ausland spielen wollte. Ich habe mich dort auch richtig wohlgefühlt. Ich glaube, ich habe mich dort auch dementsprechend durchgesetzt, was mir viele einfach nicht zugetraut haben, dass ich zweite Liga in Deutschland spiele. Aber es gab einfach viele Highlights, da jetzt eines herauszupicken, ist echt schwierig, weil ich bei so vielen Vereinen gespielt habe, wo ich mich so wohlgefühlt habe, wo es richtig schön war. Auch mit dem WAC dann das 4:0 in Gladbach - wer kann von sich sagen, dass er bei sowas dabei war. Ins Nationalteam einberufen worden - auch ein absolutes Highlight und Kindheitstraum. Da sind viele Dinge wahrgeworden, vielleicht wäre das eine oder andere auch noch mehr gegangen, aber da bin ich kein Nachjammerer, das ist einmal so. Deshalb bin ich schon sehr zufrieden und wenn man betrachtet, was ich so aufgezählt habe, dann habe ich viele Highlights in meiner Karriere erleben dürfen.

Wie sehen die Pläne nach der Karriere aus? Haben Sie schon eine Vorstellung davon, was Sie in Zukunft machen möchten?

Nein, zu 100 Prozent kann ich es noch nicht sagen. Ich tue mir da auch keinen Stress an, muss ich sagen und bin da recht entspannt. Natürlich gibt es das eine oder andere Gespräch, das geführt wird, aber in welche Richtung es genau geht, ist noch nicht entschieden. Ich habe ein paar Optionen, die sehr spannend sind. Was es schlussendlich wird, werde ich die nächsten Wochen entscheiden.

Aber Sie bleiben dem Fußball erhalten?

Ich hoffe und ich will auch unbedingt dem Fußball erhalten bleiben. Was soll ich sagen, wenn du fast 21 Jahre oder mehr als die Hälfte deines Lebens nur kickst, dann willst du da dabeibleiben. Das kann ich einfach am besten und ich glaube auch, dass ich dem einen oder anderen im Fußballbereich etwas geben kann, deshalb hoffe ich, dass die Reise in diese Richtung weitergeht.

Interview: Raphael Greiml

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