Insgesamt vier Stunden hatte Kuntz am Mittwoch mit dem 52-jährigen gebürtigen Rostocker zusammengesessen, am Donnerstagmorgen gleich nochmal. Auf seiner Antritts-Pressekonferenz verkündete er dann gleich die erste und wohl wichtigste Personalie: "Ja, wir machen mit Steffen weiter." Die Gründe liegen für ihn auf der Hand: "Steffen hatte in Hamburg noch keine Chance, eine gemeinsame Vorbereitung mit der Mannschaft zu absolvieren. Er hatte auch noch keine Chance, bei der Kaderzusammenstellung seine Vorstellungen einzubringen." Kuntz erklärt, er habe den HSV in den zurückliegenden Jahren unter der Führung von Jonas Boldt sehr geschlossen und sehr ruhig wahrgenommen, spricht seinem Vorgänger damit ein großes Kompliment aus und erklärt: "Ich finde, es wäre nicht HSV-like, Steffen jetzt in Frage zu stellen."
Dieses klare Bekenntnis hatte Baumgart von Boldt unmittelbar vor dessen Abberufung nicht mehr bekommen. Beide waren zwar seit Wochen im intensiven Austausch über die möglichen und notwendigen Veränderungen am Kader, der Ex-Sportvorstand hatte konkret auf die Trainerfrage aber geantwortet: "Nach so einer Saison sollte man nicht vorschnell irgendwelche Statements raushauen. Der Abstand nach oben ist zu groß gewesen. Es sind zu viele Spiele gewesen, die am Ende nicht so funktioniert haben." Auch unter Baumgart.
"So eine Staffelübergabe habe ich selten erlebt"
Unter Kuntz bekommt der im Februar geholte Ex-Kölner nun die Gelegenheit, seine eigenen Vorstellungen mehr mit einbringen zu können. Weiterhin im Verbund mit Claus Costa. Mit dem Sportdirektor und mit Nachwuchs-Chef Horst Hrubesch bleiben zwei Boldt-Vertraute im Team des neuen Sportvorstandes, der vorerst keine Mitarbeiter mitbringt. Dem Geschäftsstellen-Team hat er sich am Donnerstag mit Franzbrötchen vorgestellt, nachdem sich Boldt tags zuvor von allen verabschiedet und Kuntz dazu sogar eingeladen hatte. "Das", sagt der neue Boss, "zeigt seine Größe. Wir haben miteinander geredet, werden dies auch noch einmal tun. So eine Staffelübergabe habe ich selten erlebt."
Den ersten echten Arbeitstag als Hamburger verbringt Kuntz beinahe durchgehend mit Costa. Seine noch aus seiner Zeit als Privatier bestehenden Verpflichtungen als TV-Experte verschlagen ihn am Donnerstagabend zum Relegations-Hinspiel zwischen Bochum und Düsseldorf. "Claus und ich werden gemeinsam mit dem Auto dahin, da haben wir durch die Hin- und Rückfahrt schonmal Minimum sechs, sieben Stunden, in denen wir wichtige Dinge besprechen können."
"Ich möchte den HSV in der Bundesliga sehen"
Zwischen Kuntz und Costa, die sich bereits aus gemeinsamen Bochumer Zeiten kennen - Kuntz war von 2006 bis 2008 Sportdirektor, Costa Nachwuchsspieler - wird es vor allem um Detailfragen bei der Kaderplanung gehen. "Wir werden jede Personalie durchgehen." Für den Freitag ist ein Austausch mit Kapitän Sebastian Schonlau geplant, dann werden weitere, wichtige Termine folgen: Es geht um die Zukunft von Laszlo Benes, Robert Glatzel und Ludovit Reis. "Ich werde schnell Kontakt zu den Beratern der Spieler aufnehmen, deren Verträge Ausstiegsklauseln enthalten um zu wissen, ob sie von denen Gebrauch machen wollen."
Auch den bisherigen Eckpfeilern will Kuntz jene Botschaft vermitteln, die er bei seinem ersten offiziellen Auftritt als Sportvorstand auch der Öffentlichkeit mitteilte: "Ich möchte den HSV in der Bundesliga sehen." Zwei Jahre geben er und der Aufsichtsrat sich für dieses Ziel Zeit.