NFL-Play-offs
NFL-Play-offs Spielbericht
NFL-Play-offs

NFL: Bengals stehen nach Sieg in Kansas City im Super Bowl

NFL, Play-offs 2022: AFC Championship Game geht in die Overtime

Entzauberte Chiefs: Burrows Bengals stehen nach großer Aufholhagd im Super Bowl

Drehte mit den Bengals nach der Halbzeitpause mächtig auf - und die Chiefs so ganz ab: Quarterback Joe Burrow.

Drehte mit den Bengals nach der Halbzeitpause mächtig auf - und die Chiefs so ganz ab: Quarterback Joe Burrow. Getty Images

Als klarer Außenseiter waren die Bengals ins Arrowhead Stadium, dem lautesten Stadion der Welt, gekommen. Dennoch wollten sie bei den Chiefs mit gesundem Selbstvertrauen auftreten. Allein es brachte nichts zu Beginn: Denn direkt nach dem Kickoff wurde Cincinnati sofort von einer motivierten Defense aus Kansas City gestoppt, Spielmacher Joe Burrow oder sein Top-Receiver Ja'Marr Chase wurden so aus dem Spiel genommen. Die Fans taten dabei mit lautem Gebrüll ihr Übriges, das Kommunizieren fiel den Angreifern der Gäste schwer.

Traumstart für die Chiefs

Und als in der Folge Star-Quarterback Patrick Mahomes einen traumhaften Drive über 84 Yards samt minutenlanger Zeitkontrolle auf den Rasen zauberte und diesen mit einem feinen 10-Yard-Touchdown-Pass auf den kaum deckbaren sowie pfeilschnellen Tyreek Hill abschloss, wusste der Zuschauer direkt, welches Team hier der Herr im Ring war. Die Chiefs führten so 7:0 in ihrem vierten AFC-Finale vor heimischer Kulisse am Stück (NFL-Rekord), während den Bengals das erste First Down erst fünf Minuten vor Ende des ersten Quarters gelang. Weil wenig später bei der ersten "Red Zone"-Ankunft auch noch Receiver Tee Higgins einen schwierigen Touchdown-Catch nicht hinbekam, sein Pendant Chase top gedeckt wurde und nur ein Field Goal aus 32 Yards zum 3:7 die Folge war, nahm ein mögliches Cincy-Unheil Formen an.

Jeden Donnerstag neu! "Icing the kicker - der NFL-Podcast"

Podcast
Podcast
#93: Welche Teams machen den größten Sprung 2024?
01:09:07 Stunden
alle Folgen

Erst recht, als die Chiefs mit ihrem zweiten astreinen Drive direkt den nächsten Score verbuchten: Mahomes streute dabei den ersten weiten Pass ein (44 Yards auf den ebenfalls pfeilschnellen Mecole Hardman), ehe der "Raketen-Arm" der NFL Druck der Front Line mit vielen eleganten Haken auswich und dann lockerleicht für fünf Yards zu Travis Kelce in die Endzone zu warf - es hieß 14:3 und es war nicht ersichtlich, wie Cincinnati an diesem Tag wollte gegen diese Maschinerie aus Kansas City.

Sportlicher Schrecken für Cincy und eine neue Hoffnung

Der Unterschied der beiden Spielmacher war zu diesem Zeitpunkt beim Blick auf die Statistik glasklar: Während Mahomes neun von seinen ersten zehn Pässen für 115 Yards und zwei Touchdowns angebracht hatte, mühte sich Burrow mit sechs von 13 für magere 28 Yards ab.

Und daran sollte sich erst einmal nichts ändern: Bei den Gästen wurde der folgende Drive direkt wieder in ein bitteres "Three and Out" abgekocht, auf der anderen Seite rollte der Express erneut wie wild drauf los. Dieses Mal fing Hardman für drei Yards einen einfachen Pass rechts nahe der Seitenauslinie von Mahomes, musste seine Hände daraufhin nur zackig in die Endzone zum überdeutlichen 21:3 strecken.

Kein Mittel ließ sich für die "Bengalischen Tiger" finden, kein Ansatz funktionierte - offensiv wie defensiv. Es war ein sportlicher Abgesang nach einer bis dato herausragend erfolgreichen Saison inklusive erstem AFC-North-Titel seit 2015, erstem Play-off-Sieg seit 31 Jahren und erster AFC-Finalteilnahme seit 33 Jahren. Doch mehr war einfach nicht drin, die Mauer in Kansas City erwies sich weiter als unüberwindbar. Da half auch ein toller Lauf über stolze 41 Yards von Running Back Samaje Perine zum 10:21-Anschluss nichts, vielmehr leitete Mahomes seine Truppe daraufhin innerhalb der letzten Minute des zweiten Viertels nochmals übers gesamte Feld (79 Yards).

Bengals kommen endlich an, Chiefs schwächeln stark

Weil aber Punkte ausblieben, nahm Cincy neben dem 10:21-Anschluss immerhin noch einen weiteren psychologischen Extraerfolg mit in die Katakomben. Klar war: Es musste sich etwas überlegt werden beim Stand von 10:21. Und es sollte in der Tat immer besser werden ...

Joe Burrow

Brauchte mit den Bengals bei den Chiefs lang, lieferte Patrick Mahomes dann aber einen Kampf: Joe Burrow. Getty Images

... und zwar auf beiden Seiten des Balles: Direkt zum Start des dritten Quarters wurde erst einmal die brandgefährliche Offense um Mahomes, Kelce und Hill gestoppt. Zudem streuten sich immer mehr gute Aktionen in der eigenen Offense ein, angefangen mit einem weiteren ordentlichen Drive samt Field Goal aus 31 Yards von Rookie-Kicker Evan McPherson zum 13:21. Doch damit nicht genug: Die Defense machte daraufhin perfekten Druck auf Mahomes und erzielte eine Interception, was zugleich der erste dicke Fehler eines Spielers in dieser Partie war. Diesen Patzer münzte der Herausforderer aus der AFC North mit einem Touchdown-Drive (toller Catch von Top-Receiver Chase) samt erfolgreicher Two Point Conversion zum höchst überraschenden 21:21-Ausgleich um.

Plötzlich war das Momentum klar auf Bengals-Seite, zumal Mahomes & Co. wieder punten mussten. Auch der erste gewaltige Fauxpas von Burrow (Interception in die Arme von Cornerback L'Jarius Sneed) tat dem keinen Abbruch, denn bei K.C. war längst der Wurm drin. Es hieß daraufhin schon wieder Punt, während vor allem Burrow nun auch mit seinen Beinen heißlief. Mit einigen starken Läufen führte der Sophomore (zweites NFL-Jahr) seine Farben übers Feld, ehe "Kid" McPherson mit seinen 22 Jahren eiskalt aus 52 Yards verwandelte - und auf einmal hieß es aus Cincinnatis Sicht nach anfänglichem 3:21-Rückstand 24:21. Eine unglaubliche und gerade nach dem dominanten Beginn der Gastgeber im Arrowhead für fast unmöglich gehaltene Aufholjagd hatte feste Formen angenommen.

Pures Drama am Ende mit Fumble, Field Goal und Verlängerung

Patrick Mahomes

Auch der erneut gewonnene Münzwurf in der Verlängerung half dieses Mal nicht: Patrick Mahomes verpasste mit den Chiefs den dritten Super-Bowl-Einzug. Getty Images

Jedoch blieb noch reichlich Zeit auf der Uhr - und genau hier fanden die Chiefs wieder zu sich. Kansas Citys hocherfahrener Head Coach Andy Reid (63) orchestrierte sein Team geschickt mit Mahomes-Pässen und Laufspiel übers Feld bis vor in die "Red Zone". Dort angekommen folgte exakt 90 Sekunden vor Ablauf der Uhr ein ganz wichtiges und knapp erreichtes neues First Down. Damit hatte der Gastgeber alles in der eigenen Hand - drei Auszeiten inklusive. Doch zwei risikoreiche Szenen samt Fumble von Mahomes (von einem Teamkameraden gerettet) führten am Ende zwei Sekunden vor Spielende immerhin zum 24:24 von Kicker Harrison Butker (44 Yards).

Wie bereits eine Woche zuvor beim vollkommen verrückten 42:36 der Chiefs gegen die Buffalo Bills, als es im Anschluss erneut intensive Overtime-Regeldiskussionen gab, musste die Verlängerung die Entscheidung bringen. Und wieder gewann Kansas City den Münzwurf, was laute Jubelschreie von den Rängen auslöste. Die Fans waren sich sicher, dass nun ein Touchdown folgen würde. Doch es sollte komplett anders kommen: Erst verpasste zwar Cornerback Eli Apple einen sicheren Pick Six, nach einem weiten Mahomes-Geschoss sowie den Abpraller von Anspielstation Hill schnappte sich Safety Vonn Bell die von Cincy lautstark bejubelte Interception.

Das große Finale mit McPherson

Der Sachverhalt war nun klar: Ein solider Drive inklusive Field Goal - und das Super-Bowl-Ticket wäre gelöst. Und genau so sollte es kommen. Mit soliden Plays unter anderem über den Boden und Running Back Joe Mixon arbeiteten sich die "Bengalischen Tiger" bis vor zur gegnerischen 14-Yard-Linie - und aus 31 Yards verwandelte abermals McPherson äußerst souverän. Damit hatte der eiskalte Rookie-Kicker nicht nur seine perfekte Bilanz in diesen Play-offs (12 von 12) ausgebaut und einen neuen NFL-Rekord damit aufgestellt, sondern viel wichtiger: sein Team in den Super Bowl nach Los Angeles (SoFi Stadium in Glendale) in der Nacht von 13. auf 14. Februar geschossen. Ein unglaubliches Ende eines erneut verrückten Spiels, das lange Gesichter auf der Favoritenseite rund um Mahomes (275 Yards, drei TDs, zwei Int.) hinterließ. Burrow (250 Yards, zwei TDs, eine Int.) war so mal wieder mit seinen Männern der strahlende Mann.

Ganz nebenbei zogen die "Bengalischen Tiger" so erstmals nach 33 Jahren wieder ins große NFL-Finale ein (damals im Jahr 1989 16:20 gegen die 49ers) - und überhaupt erst zum dritten Mal (21:26 im Jahr 1982 ebenfalls gegen die Niners aus San Francisco).

Markus Grillenberger

Piratenschiff, Beton, Dächer: Die Stadien der 32 NFL-Teams