EM

Island: Keine Zeit zur Bewunderung

Überraschungs-Achtelfinalist hat genügend Selbstvertrauen

Island: Keine Zeit zur Bewunderung

Umjubelter Siegtorschütze gegen Österreich: Islands Birkir Bjarnason (oben).

Umjubelter Siegtorschütze gegen Österreich: Islands Birkir Bjarnason (oben). Getty Images

Wenn ein Spieler aus Englands Kader schon 77-mal so viele "Gefällt-mir"-Angaben auf Facebook vorweist, wie Island überhaupt Einwohner hat, dann weiß man ungefähr einzuschätzen, unter welchen Vorzeichen dieses Achtelfinale am Montag (21 Uhr, LIVE! bei kicker.de) steht. Genauer gesagt heißt das knapp 25 Millionen Facebook-Fans bei Wayne Rooney gegenüber rund 330.000 Einwohnern in Island.

Aber von den Statistiken, wie klein Island ist, hat es inzwischen mit Sicherheit genug gegeben. Es ändert jedoch nichts daran, wie hoch der Erfolg der Nationalmannschaft einzustufen ist.

Werde ich mich nicht einfach hinsetzen und sie bewundern.

Islands Ragnar Sigurdsson

Schon in der Qualifikation hatte das Team der Trainer Lars Lagerbäck und Heimir Hallgrimsson für Furore gesorgt und die Gruppe als Zweiter vor der Türkei und dem WM-Dritten Niederlande abgeschlossen. Dass diese Serie auch während des Turniers in Frankreich fortgesetzt werden konnte, gleicht einem mittelgroßen Fußballwunder.

Der Außenseiter-Status bleibt zwar, doch das Selbstverständnis verändert sich - zum Positiven. "Unser Glaube und unser isländischer Stolz haben uns so weit gebracht", erklärte Verteidiger Ragnar Sigurdsson. "Wir fürchten uns vor Keinem mehr, unser Teamspirit hilft uns dabei."

Gegen die ehemaligen Idole

Es sei dennoch etwas Außergewöhnliches, jetzt gegen die "Three Lions" zu spielen. "Es ist ein Traum, der wahr wird. Wir sind damit groß geworden, uns die Premier League anzuschauen. Ich wollte schon immer gegen England spielen", so Sigurdsson, der in Russland bei FK Krasnodar unter Vertrag steht. "Wir haben zwar niemanden, der bei Barcelona oder Real Madrid spielt, aber ich glaube, dass wir England schlagen können."

Respekt ja, Ehrfurcht nein. Wenn es Montagabend zur Sache geht, verspricht Sigurdsson, "werde ich mich nicht einfach hinsetzen und sie bewundern. Ich werde sie attackieren und versuchen, sie niederzustrecken."

Wale gucken zum Wundenlecken

Der Wille der Isländer scheint ungebrochen zu sein und die Nation steht förmlich Kopf. Schon vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Österreich (2:1) war der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Jeder wurde dazu aufgefordert, rechtzeitig Feierabend zu machen und bloß die Kinder früh genug aus der Kita zu holen, damit passend zum Anstoß (war um 18 Uhr, d. Red.) alles bereit ist. Geholfen hat es, und neue Methoden wurden bereits ausgetüftelt.

Diesmal jedoch zeigt Island seine Gastfreundschaft - wenngleich mit forschen Hintergedanken. Für den Fall, dass England gegen die Isländer den Kürzeren zieht, ist die Auswahl von Trainer Roy Hodgson von einem Segelausflug-Unternehmen der Insel zu einer Runde Gratis-Wale-gucken eingeladen worden - "als Zeichen für den verwundeten Stolz, den sie nach der Niederlage gegen uns verspüren", sagt Gudbjartur Jonsson, Manager der Ausflugsfirma.

kon