Das Gerüst der französischen Startformation hatte bereits im Vorfeld des Turniers gestanden, die spannendste Frage vor dem Auftaktmatch lautete: Wie löst Trainer Didier Deschamps sein Luxusproblem mit sechs potenziellen Kandidaten für den Dreiersturm? Bayerns Coman schaffte im Gegensatz zur gelungenen Generalprobe (3:0 gegen Schottland) nicht den Sprung in die erste Elf. West Hams Freistoßkünstler Payet erhielt den Vorzug und bildete gemeinsam mit Arsenals Giroud und Atletico Madrids Griezmann das Angriffsgespann.
Auf der Gegenseite setzte Rumäniens Nationaltrainer Anghel Iordanescu auf die erfolgreich erprobte 4-2-3-1-Formation, mit der die Südosteuropäer die wenigsten Gegentreffer aller Quali-Teilnehmer kassierten (zwei). Den eingespielten Abwehrverbund führte Kapitän Chiriches (SSC Neapel) an, Stuttgarts Offensivspieler Maxim stand dagegen überhaupt nicht im Aufgebot.
Aufmüpfige Rumänen
Statt sich wie im Vorfeld vermutet einlullen zu lassen, überraschten frech aufspielende Rumänen die anfangs nervös wirkende Equipe Tricolore mit frechen Vorstößen. Schon beim ersten Eckball brannte es lichterloh in der französischen Defensive: Nach Andones Kopfball-Verlängerung in Richtung zweiter Pfosten musste Stancu aus zwei Metern freistehend nur noch den Fuß hinhalten, schoss Keeper Lloris aber auf der Linie an (4.). Bei Standards stimmte die Zuteilung beim EM-Gastgeber überhaupt nicht, nur Sekunden später nickte Andone das Leder nach einem weiteren ruhenden Ball auf das Tordach (5.).
Les Bleus benötigten etwa zehn Minuten Anlaufzeit, um besseren Zugriff im Mittelfeld zu erlangen und selbst etwas Spielkultur zu entwickeln. Giroud sendete in Form eines Kopfballs, der einen Meter links vorbeistrich, ein erstes Signal (11.). Dann schaltete Rechtsverteidiger Sagna den Vorwärtsgang ein, gab das Leder an das kürze Fünfereck, wo Grigore das Gleichgewicht verlor , sodass Griezmann den Ball aus kurzer Distanz an das Aluminium köpfte (14.).
Griezmann kommt dem Tor näher
Der kurzweilige Wind der Deschamps-Schützlinge flaute schnell wieder ab, weil sich die Equipe Tricolore bei gegnerischem Ballbesitz überraschend weit zurückzogen. In der eigenen Hälfte schoben sich die rumänischen Aufbauspieler locker und ungestört die Kugel zu, ohne aber Druck nach vorne zu entwickeln. War Frankreich am Zug, gesellten sich zu mangelndem Ideenreichtum einige einfache Abspielfehler. Das hing auch mit dem engmaschigen Netz der Südosteuropäer zusammen, die im 4-4-1-1 gegen den Ball das Zentrum verdichteten.
Gruppe A - 1. Spieltag
Erst gegen Ende des ersten Durchgangs schaltete der Gastgeber wieder einen Gang hoch: Der umtriebige Payet kam über rechts und setzte den im Zentrum einlaufenden Griezmann ein, dessen abgefälschter Flachschuss aus sieben Metern haarscharf rechts vorbeistrich (36.). Ansonsten fand die nun spielbestimmende Equipe Tricolore keine Lösung gegen die beiden rumänischen Viererketten. Nur Giroud stieß noch in eine sich bietende Lücke, den Ball setzte der Mittelstürmer aber über den Querbalken (45.).
Payet wirbelt - Giroud bedankt sich
Mit Wiederanpfiff beorderte Trainer Iordanescu seine Truppe nach vorne, Frankreich verfiel wieder in die Lethargie aus den ersten Minuten der Partie und befand sich gedanklich in der Kabine - beinahe mit Folgen: Stanciu bediente Stancu gefühlvoll, der Offensivmann ließ den Ball von der Brust abtropfen und setzte ihn anschließend artistisch am langen Pfosten vorbei (48.).
Wieder musste sich der Gastgeber schütteln, ehe er auf die Tube drückte. Stets im Mittelpunkt: Flügelflitzer Payet, der durch gute Ideen einige gefährliche Situationen initiierte: Nach feinem Solo auf links sah er Pogba an der Strafraumgrenze, der volley etwas zu zentral abzog. Tatarusanu rettete per Fußabwehr (57.).
Nur eine Zeigerumdrehung musste der Schlussmann aber hinter sich greifen, als er nach Payets Flanke auf Höhe des Elfmeterpunkts von Giroud bedrängt wurde und daneben griff - der Stürmer nickte locker zur umjubelten Führung ein.
Matchwinner: Dimitri Payet (re.). Getty Images
Payet packt den Hammer aus
Statt am Drücker zu bleiben, nahm Frankreich etwas Tempo heraus - und wurde dafür bitterböse bestraft: Evra stellte sich bei einem Zweikampf mit Stanciu im Strafraum denkbar ungeschickt an, traf den Offensivmann am Fuß. Stancu verwandelte den fälligen Strafstoß eiskalt zum 1:1 (65.). Ein Schock für den Gastgeber, bei dem Trainer Deschamps in Form der Einwechslungen von Coman (66.) und Martial (77.) frische Offensivkräfte brachte.
Doch auch mit dem Joker-Duo fehlte Les Bleus das Fortune im Offensivspiel. Rumänien verbarrikadierte den eigenen Strafraum, brachte alle Mann hinter den Ball und verteidigte erfolgreich das Remis - bis zur 88. Minute: Frankreichs Bester, Payet, legte sich die Kugel 18 Meter halbrechts vor dem Kasten kurz vor, um sie traumhaft in den linken Winkel zu donnern (89.). Mit etwas Glück startete Frankreich erfolgreich in das Heim-Turnier.
Frankreich trifft nach dem Auftakterfolg am Mittwoch um 21 Uhr in Marseille auf Albanien. Rumänien spielt bereits um 18 Uhr gegen die Schweiz.