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Der, der mit dem Ball tanzt

Zum Karriereende von Werder-Legende Diego

Der, der mit dem Ball tanzt

Hat bei Werder den großen Durchbruch geschafft: Diego.

Hat bei Werder den großen Durchbruch geschafft: Diego.

Es war die Zeit, in der gefühlt jeder Transfer von Manager Klaus Allofs ein Volltreffer war. Der Baumeister der Bremer Double-Mannschaft von 2004 war dann im Sommer 2006 auch richtig gefordert, denn mit Johan Micoud verließ einer der besten Werderaner der Vereinsgeschichte den Klub in Richtung Bordeaux. Ein echter Zehner, der jahrelang das Mittelfeld der Bremer gelenkt und das Spiel diktiert hatte.

Für das offensiv ausgelegte 4-4-2 mit Raute von Thomas Schaaf war ein solcher Spielmacher unabdingbar. Es brauchte einen Zehner. Allofs fand einen Zehner. Genau wie den genialen Franzosen dürfte Diego, genauer gesagt Diego Ribas da Cunha, wohl nur den wenigsten in Bremen ein Begriff gewesen sein. Immerhin hatte der Brasilianer allerdings zuvor in zwei Jahren beim FC Porto in der Champions League gespielt. 

Dieser Allofs-Transfer, wie sollte es in diesen Zeiten anders sein, schlug komplett ein. Und das, obwohl die Fußstapfen, die Micoud hinterlassen hatte, nicht größer hätten sein können. Jungspund Diego, der im Norden Deutschlands den Durchbruch schaffen sollte, wusste direkt in seiner ersten Saison zu überzeugen und war Teil einer Werder-Mannschaft, die mit ihrer spektakulären, weil offensiven Spielweise wohl nicht nur die Bremer Fans entzückt haben dürfte. 

Tor des Jahrs 2007

In 132 Spielen für Bremen traf der Brasilianer insgesamt 54 Mal, dazu bereitet er gleich 42 Treffer vor. Wenngleich der heute 37-Jährige das ein oder andere feine Tor erzielte, wird eines für immer in Erinnerung bleiben: Aus 63,8 Metern Entfernung erzielte er gegen Aachen aus der eigenen Hälfte heraus den Treffer zum 3:1, der später auch zum Tor des Jahres 2007 gekürt wurde. Unvergessen die Flugkurve des Balles und ein bereits mehrere Sekunden vorher jubelnder Torsten Frings. 

Ein Treffer, der Diego eigentlich ideal beschreibt. Ein feiner Fußballer, der Sachen macht, die nicht viele Fußballer hinkriegen. "Er ist ein toller Mensch und hat sich während seiner Zeit bei Werder auch neben dem Platz super eingebracht", schwärmte Clemens Fritz, der zeitgleich mit dem Brasilianer an die Weser wechselte, im Gespräch mit der "Deichstube". "Diego war ein unglaublicher Spieler. Anfangs war die Umstellung zwar groß - weg von Micoud, hin zu Diego -, aber man hatte bei ihm sofort und danach immer das Gefühl, dass er etwas kreieren kann, dass er mit einer einzigen Aktion das Spiel vielleicht noch entscheidet." 

Der krönende Abschluss einer tollen Werder-Zeit

Diego wusste in dieser Zeit die Bundesliga zu entzücken, war zusammen mit Bayerns Franck Ribery der spektakulärste Spieler der Liga. Ein Spieler, für den die Fans ins Stadion kommen. Ein echter Straßenfußballer. Ein Spieler, der das Ungewöhnliche machte und mit seiner Technik Dinge konnte, von der manche nur träumen konnten. Der Südamerikaner tanzte mit dem Ball - und seine Gegenspieler reihenweise aus. Nach manchen Treffern gab es dann einen Samba an der Eckfahne des Bremer Weserstadions. Diego war zudem ein Spieler, der immer Spaß hatte, was an seinem breiten Dauergrinsen abzulesen war. 

"Ein ganz Großer der Werder-Geschichte kehrt der Fußball-Bühne den Rücken zu", schrieb der SV Werder kurz nach dem letzten offiziellen Profispiel Diegos am Sonntag für Flamengo. Der Spielmacher war in den letzten ganz großen Bremer Zeiten für den SVW aktiv, wurde in der Bundesliga mit den Bremern einmal Zweiter, einmal Dritter und einmal Zehnter. Dazu lief er für Werder in der Königsklasse auf - und hätte auch beinahe einen europäischen Titel mit dem Verein geholt. Doch im UEFA-Cup-Finale verlor Bremen mit 1:2 in der Verlängerung gegen Schachtar Donezk. Allerdings ohne Diego, der gesperrt war.

Im DFB-Pokalfinale einige Tage später war der Brasilianer wieder dabei - und nahm eine der Hauptrollen ein: Er bereitete das entscheidende Tor von Mesut Özil vor. Bremen siegte mit 1:0 gegen Bayer Leverkusen, Diego, der in der Bundesliga auch für Wolfsburg kickte, krönte seine Zeit beim SV Werder in seinem letzten Spiel für den SVW mit einem Titel.

Doch Titel hin oder her, Publikumsliebling Diego hat die Herzen an der Weser im Sturm erobert, die Bundesliga bereichert und sich für immer einen Platz in der Vereinschronik des SV Werder gesichert. Dasselbe, was auch über Micoud gesagt werden konnte, trifft auch auf Diego zu: Einen solchen Spieler hat es an der Weser noch nie gegeben. 

Mirko Strässer