Für eine der beiden Mannschaften sollte es ein historischer Abend werden. Noch nie standen Costa Rica oder Griechenland im Viertelfinale einer Weltmeisterschaft. "Klar wollen wir jetzt den nächsten Schritt machen", kündigte der Mainzer Junior Diaz vor der Partie an. Sein Trainer Jorge Luis Pinto veränderte seine Startformation dafür gegenüber dem torlosen Remis gegen England auf zwei Positionen: Bolanos und Umana bekamen den Vorzug vor Brenes sowie Miller.
Griechenlands Coach Fernando Santos setzte derweil im Mittelfeld auf Samaris anstatt Kone, der sich im letzten Gruppenspiel gegen die Elfenbeinküste (2:1) bereits in der 12. Minute am Oberschenkel verletzt hatte. Wieder dabei war hingegen Keeper Karnezis, der gegen die Ivorer wegen Rückenproblemen nach 24 Minuten ausgewechselt werden musste.
Das Achtelfinale im Überblick
"Wir werden angreifen, so viel wie möglich", hatte der griechische Nationaltrainer vor dem Duell in Recife gesagt. Und so präsentierten sich die Hellenen zu Beginn spielfreudig - aber auch nervös. Samaris hatte nach sieben Minuten Glück, als er Campbell die Kugel versehentlich direkt vor die Füße schob: Costa Rica schaltete nach dem Fehlpass aber nicht konsequent um. Eine Minute später kam Bolanos nach Ruiz' Balleroberung zum Abschluss, zielte aber zu hoch.
Zum Gähnen und Staunen
Anschließend entwickelte sich eine Partie ohne nennenswerte Strafraumaktionen. Die Griechen machten es ihrem Gegner schwer, das eigene Offensiv-Konzept irgendwie durchzusetzen. Dicht gestaffelt ließ die Santos-Elf zudem keine Konter zu, wenn sie sich doch einmal nach vorne wagte. Doch auch Costa Rica baute auf eine geordnete Defensive. Im Mittelfeld herrschte also lange Hochbetrieb, die Torhüter hingegen verlebten eine erste halbe Stunde zum Gähnen.
Die beste (und eigentlich auch einzige) Möglichkeit in Durchgang eins: Dimitris Salpingidis (re.) scheiterte am glänzend reagierenden Keylor Navas. Getty Images
Bis zur 38. Minute änderte sich daran nichts. Doch dann musste Navas zeigen, dass er trotz aller Langeweile wach war: Nach einer maßgenauen Holebas-Flanke von links stahl sich Salpingidis am rechten Pfosten frei und versenkte die Kugel aus fünf Metern fast im Netz - doch der Keeper der "Ticos" reagierte glänzend. Im Fallen parierte er den Schuss mit dem rechten Schienbein. Zur Pause stand es so nur 0:0.
Kapitän bringt die Wende
Bislang hatte Costa Rica mehr als enttäuscht. Die Griechen hingegen hätten die Führung verdient gehabt, auch weil sie besser in den zweiten Durchgang starteten. Dann allerdings bewiesen die "Ticos", dass auch sie gnadenlos effektiv sein können: Bolanos suchte in der 52. Minute den heransprintenden Ruiz, der von der Strafraumkante nicht lange fackelte und trocken mit links ins rechte untere Eck einnetzte. Sokratis und Karnezis blieben wie versteinert stehen - 1:0.
Kurz darauf gab es den nächsten Aufreger im griechischen Sechzehnmeterraum: Torosidis spielte den Ball mit der ausgestreckten Hand und verhinderte so, dass der einschussbereite Bolanos am linken Pfosten zum Abschluss kam. Die Pfeife von Schiedsrichter Benjamin Williams blieb jedoch still (55.).
Allerdings nicht zu lange. In der 66. Minute hatte Benjamin Williams kaum eine Wahlmöglichkeit mehr und musste Duarte nach dessen Einsteigen gegen Holebas Gelb zeigen. Eine Karte mit Folgen: In Addition bedeutete sie für den Verteidiger Gelb-Rot. Costa Rica musste es fortan zu zehnt richten.
Die Konsequenz war eine noch defensiver aufgestellte Pinto-Elf, die mit Mann und Maus vor dem eigenen Tor verteidigte. "Hellas" hingegen musste nun den Schalter umlegen und unbedingt einen Treffer erzielen, damit der Traum vom Viertelfinale nicht schon wieder platzte. Doch die Costa-Ricaner ließen nicht locker. Und auch Keeper Navas hielt seinen Kasten lange sauber.
Griechischer Wahnsinn
Irgendwo da unten lag auch Torschütze Sokratis, der von seinen Kollegen für den Ausgleich gefeiert wurde. Getty Images
Erst in der Nachspielzeit passierte das griechische Wunder: Gegen Gekas war Navas zunächst noch auf dem Posten, wehrte dessen Schuss allerdings direkt in die Mitte ab, wo Sokratis abzog, per Aufsetzer die Kugel über den gegnerischen Keeper beförderte und mit seinem ersten Länderspieltor ganz "Hellas" zum Ausflippen brachte (90.+1). Fast hätte Mitroglou noch auf 2:1 erhöht, aber Navas drückte das Leder in höchste Not mit den Fingerspitzen über die Latte (90.+3).
Die Griechen, die sich gegen die Elfenbeinküste erst in der Nachspielzeit das Achtelfinal-Ticket gesichert hatten, erwiesen sich erneut als Last-Minute-Experten und waren nun natürlich für die Verlängerung bestens gerüstet. Costa Rica hingegen - seit der 66. Minute ein Mann weniger - kam auf dem Zahnfleisch daher. Immer wieder erspielten sich die Hellenen gute Angriffsmöglichkeiten, ließen aber die nötige Effektivität im Abschluss vermissen (94., 95., 100.).
Auch nach dem Seitenwechsel war die Santos-Elf näher dran am Siegtreffer. Die Mittelamerikaner hingegen waren einfach nur noch platt und versuchten sich irgendwie über die Zeit zu retten. Die Griechen kamen so auch immer wieder zum Kontern, konnten aber selbst eine Fünf-zu-Zwei-Situation nicht ausnutzen, weil Christodoulopoulos mit einem unplatzierten Schuss an Navas scheiterte (112.). Mit letzter Kraft kämpfen die Kontrahenten um die Entscheidung. Doch am Ende wurden die Mühen hüben wie drüben nicht belohnt.
Krimi geht in die entscheidende Phase
Jubel mit letzter Kraft: Nach Umanas verwandelten Elfmeter gab es bei Costa Ricas Mannschaft kein Halten mehr. Getty Images
Das Viertelfinal-Ticket musste im Elfmeterschießen vergeben werden. Wichtig aus Sicht der "Ticos": Borges verwandelte als Erster vom Punkt. Doch Mitroglou glich eiskalt aus. Ruiz, Christodoulopoulos, Gonzalez, Holebas und Campbell taten es ihnen gleich. Erst gegen Gekas schwang sich Keeper Navas zum Helden auf und parierte dessen Schuss ins linke Eck mit der Hand. Nun lag es an Umana, der Costa Rica ins Viertelfinale schießen konnte - und der Abwehrchef versenkte das Leder in den Maschen! Für Costa Rica geht der WM-Traum weiter.
Im Viertelfinale am Samstag (22 Uhr MESZ, LIVE! bei kicker.de) in Salvador trifft das Sensations-Team Costa Rica auf die Niederländer, die zuvor in letzter Minute ihr Ticket gelöst hatten.