Ihre Bewährungsproben am Wochenende meisterten sowohl die Bayern (5:2 gegen Bremen) als auch Real (4:0 gegen Osasuna) relativ problemlos - ohne einige Stars. Im Halbfinal-Rückspiel setzten beide Übungsleiter wieder überwiegend auf ihr bewährtes Personal: Auf Seiten der Hausherren nahm Pep Guardiola im Vergleich zur 0:1-Niederlage im Hinspiel einen personellen Wechsel vor: Müller rutschte für Rafinha in die Startelf. Demnach beförderte der Ex-Barca-Coach Lahm rechts in die Viererkette, Kroos rückte neben Schweinsteiger auf die Doppelsechs. Real-Trainer Carlo Ancelotti tat es seinem Gegenüber gleich, brachte gegenüber dem knappen 1:0-Erfolg gegen die Bayern mit Flügelflitzer Bale ebenfalls einen Neuen. Isco musste für den walisischen Rekord-Neuzugang weichen.
"Wir brauchen mehr als ein Tor. Deswegen müssen wir vorne unser Heil suchen. Wenn wir keine Ballkontrolle bekommen, wird es sehr viele Konter für Real geben", hatte Bayerns Coach Pep Guardiola bereits im Vorfeld der Partie angekündigt. Die gewohnte Kurzpassmaschine des FCB stockte von Anpfiff weg entgegen Guardiolas Vorstellungen allerdings gewaltig: Real verteidigte im Gegensatz zum Hinspiel höher und versuchte, die bayerische Viererkette durch gezieltes Pressing zu frühen Ballverlusten zu zwingen. Damit wurden die Münchner Offensivbemühungen meist im Keim erstickt, sodass die Hausherren in der Anfangsphase kaum in die Nähe der gefährlichen Zone kamen.
Ramos profitiert von Bayerns Raumdeckung
Die Königlichen suchten ihr Heil wie erwartet im Konterspiel - und bei Standardsituationen: Modric schlug den ersten Eckstoß punktgenau auf den heraneilenden Ramos, der freistehend und per wuchtigem Kopfball die Gäste-Führung bewerkstelligte (16.). Nur vier Zeigerumdrehungen später präsentierten sich die Gastgeber, die Standardsituationen mit einer Raumdeckung zu verteidigen versuchten, erneut anfällig. Diesmal suchte di Maria mit einem Freistoß aus dem Halbfeld Pepe, der per Kopfball-Verlängerung seinen Kollegen Ramos in Szene setzte. Aus gut fünf Metern netzte der erneut unbewachte Innenverteidiger ein zweites Mal ein (20.).
Sichtlich geschockte Guardiola-Schützlinge verbuchten gegen ein fortan tiefer stehendes Madrid zwar weiterhin Ballbesitzvorteile, bissen sich an Reals beiden Viererketten aber die Zähne aus. Zahlreiche leichte Abspielfehler taten ihr Übriges. So auch, als Ribery das Leder am Sechzehner viel zu unplatziert ablegte und den Gästen aus der spanischen Hauptstadt eine Konterchance ermöglichte: Über die Stationen di Maria, Benzema und Bale landete der Ball schließlich bei Ronaldo, der freistehend vor Neuer locker das 3:0 markierte (34.). Nicht nur defensiv bekamen die Bayern keinen Zugriff, auch im Spiel nach vorne lief wenig bis nichts zusammen. Bezeichnend: Alabas Schuss aus knapp 17 Metern, den Pepe entscheidend abfälschte (42.), war die einzige Bayern-Chance vor dem Pausenpfiff.
Die Halbfinal-Rückspiele
Mit Martinez für Mandzukic erhoffte sich Guardiola nach Wiederanpfiff eine Besserung im Bayern-Spiel (46.). Zwar wirkte der deutsche Rekordmeister feldüberlegen, viele Lücken wusste der FCB in der weiterhin sattelfesten Gäste-Defensive aber nicht auszumachen (Innenverteidiger Pepe gewann 91% seiner Duelle, Partner Ramos entschied jeden! Zweikampf für sich). So versuchten es Robben (57.), Ribery (60.) und Kroos (64.) allesamt mit Distanzschüssen, brachten Reals Schlussmann Casillas damit aber nicht ernsthaft in Gefahr.
Die Madrilenen tauchten nur noch sporadisch vor dem Kasten von Neuer auf, wirkten aber selbst da wesentlich gefährlicher als ihr Gegner: Coentrao hätte beinahe auf 4:0 gestellt, scheiterte aber an Neuers Fußabwehr (65.).
Fixiert: Cristiano Ronaldo markiert per direktem Freistoß, seiner Königsdisziplin, den Schlusspunkt. imago
Schlusspunkt des Weltfußballers
In der Schlussphase schien die Luft raus zu sein, sichtlich erschöpfte Akteure sehnten sich dem Abpfiff entgegen. Einer hatte allerdings noch nicht genug: Weltfußballer Cristiano Ronaldo. Der Portugiese setzte einen Freistoß aus knapp 18 Metern zentraler Position unter der abspringen Bayern-Mauer hindurch ins Tor des bereits geschlagenen Neuer (90.). Die höchste Europapokal-Heimniederlage des FCB war besiegelt, Reals erster Auswärtssieg in München im elften Anlauf und der damit verbundene Finaleinzug perfekt.
Kommenden Samstag (15.30 Uhr) ist der FC Bayern in der Liga beim Hamburger SV gefordert. Die Königlichen empfangen tags darauf (21 Uhr) den FC Valencia. Das Finale der Königsklasse steigt für die Madrilenen am 24. Mai im Estadio da Luz in Lissabon. Dort geht es für Real um "La Decima", den zehnten Königsklassentitel der Vereinsgeschichte. Das Endspiel wird Real aber ohne Xabi Alonso bestreiten müssen, der in München die dritte Gelbe Karte sah.