kicker

Admira im Abstiegsduell: Do the Wright Things

Tommy Wright im Interview

Admira im Abstiegsduell: Do the Wright Things

Tommy Wright kämpft mit der Admira um den Klassenerhalt.

Tommy Wright kämpft mit der Admira um den Klassenerhalt. GEPA pictures

Herr Wright, wer sich nur so beiläufig für die 2. Liga interessiert, könnte sich wundern, dass die Admira plötzlich einen englischen Trainer hat. Wie verhält es sich wirklich?

Englischen Pass habe ich keinen, ich habe auch immer in Österreich gelebt, aber ich habe einen englischen Vater. Ein Golf Professional, der aus England nach Österreich gekommen ist und hier als Golf-Lehrer arbeitet.

Sie sind erst 27, haben nie hochklassig gespielt und sind jetzt trotzdem Trainer einer traditionsreichen Zweitliga-Mannschaft. Wie haben Sie das angestellt?

Meine höchste Liga war die Stadtliga. Ich bin mit 19 zum Studium der Sportwissenschaften nach Wien gekommen und habe nebenbei beim SV Donau gespielt. Da hatte ich kurz die Hoffnung, es vielleicht doch in den Profibereich zu schaffen, aber ich war leider oft und immer wieder für längere Zeit verletzt. Wenn ich allerdings jetzt sehe, wie weit die Spieler aus der Akademie sind, muss ich sagen, dass sich das wahrscheinlich nicht ausgegangen wäre. Ich war wieder einmal in Reha, als die Admira Juniors ein Praktikum für Analyse und Athletiktraining ausgeschrieben haben. Weil ich die Zeit sinnvoll nutzen wollte, habe ich mir gedacht, okay, das probiere ich aus. Am Anfang unbezahlt. Ich muss einen guten Eindruck hinterlassen haben, denn nach ein paar Monaten habe ich eine kleine Anstellung im Bereich der Analyse bekommen. Dann war ich eineinhalb Jahre lang Co-Trainer bei den Juniors, bis mich Damir Buric zu den Profis geholt hat.

Das klingt wie der Traum jedes FIFA-Zockers.

Klar hat FIFA zocken im Manager-Modus auch dazu gehört. Fußball hat mich mein ganzes Leben lang begleitet, das hat mit fünf begonnen, als junger Bursche hast du dann den Traum vom Fußball-Profi. Als ich gesehen habe, dass das unmöglich ist, habe ich einen Weg gesucht, wie ich trotzdem im Fußball arbeiten kann. Aber es steckt schon einiges dahinter. Im ersten Jahr habe ich drei, vier Jobs gemacht, um über die Runden zu kommen.

Waren Sie auch einer der Taktik-Nerds im Internet?

Ich hab nie einen Taktik-Blog geschrieben, obwohl ich hin und wieder gerne welche lese. Mein erster Berührungspunkt mit Analyse war eine Bachelor-Arbeit darüber. Als ich dann mit dem Praktikum begonnen habe, war es einfach wichtig, die Essenz des Spieles zu erkennen. Du schaust in der Regel pro Woche sechs bis acht Fußballspiele verschiedener Mannschaften mit verschiedenen Grundordnungen. Da habe ich mich natürlich weiterentwickelt. In den letzten fünf, sechs Jahren hat sich in diesem Bereich viel getan. Ich war der erste Video-Analyst bei der Admira.

Wer hat Sie dann vor etwas mehr als einem Monat gefragt, ob Sie sich zutrauen, als Cheftrainer die Klasse zu halten?

Nach dem Aus von Rolf Landerl ist die geschlossene Vereinsführung auf mich zugekommen. Das war schon unerwartet. Auch weil es nur noch eineinhalb Tage bis zum Amstetten-Spiel waren. Aber ich habe in den mehr als vier Jahren, die ich hier bin, schon einen großen Bezug zur Admira bekommen, sie ist mein Herzensverein geworden. Das ist auch der Grund, warum ich noch da bin. Wenn dann die obere Etage kommt und meint, dass du der Richtige bist, gibt es für mich nicht viel zu überlegen.

Das sind die Bundesliga-Trainer der Saison 2023/24

Gestandene Bundesliga-Spieler wie Zwierschitz, Ebner, Pipo Schmidt und andere "echte Admiraner" sind geblieben, weil sie den Klub nicht im Stich lassen wollten. Wie konnte die Admira trotzdem in akute Abstiegsgefahr geraten?

Die vielen Trainer in den letzten paar Jahren zeugen natürlich schon nicht von Stabilität. Nach dem Abstieg hatten viele Spieler keinen Vertrag für die 2. Liga, deshalb sind wir sehr ungewiss in die Vorbereitung gegangen. Nachdem dann absehbar war, dass die von Ihnen genannten Spieler bleiben, waren wir schon sicher, dass wir eine schlagkräftige Gruppe haben würden. Trotzdem war es ein großer Umbruch. Der jetzige Kader unterscheidet sich zum Bundesliga-Kader in 16 Personalien. Wir haben schon gewusst, dass uns Klubs wie BW Linz, St. Pölten und der GAK ein Jahr voraus sind. Und dann sind noch die langen Ausfälle von Spielern wie Zwierschitz, Malicsek, Rasner und Ebner dazugekommen.

Und vorne hat ein Torjäger gefehlt?

Auch da ist uns der Pipo nach einem guten Start in die Saison länger ausgefallen. Wenn er fit und im Rhythmus ist, schießt er auch mehr Tore. Den Stürmer mit viel Erfahrung wie Ronivaldo haben wir dann auch nicht gehabt. Aber das ist auch der Weg der Admira, Spieler zu entwickeln.

Sie haben aus sechs Spielen zehn Punkte geholt, mit so einem Saison-Schnitt hätte die Admira keine Sorgen mehr. Was waren die "Wright-Things", die Sie den Spielern mitgeben konnten?

Ich habe natürlich den Vorteil, dass ich viele Spieler wie Malicsek, Vorsager, sogar Schmidt und Lukacevic, schon von den Juniors kenne, auch auf einer persönlichen Ebene. Dazu habe ich eine ganz klare Vorstellung, wie ich Fußball spielen lassen will, mit Struktur und Klarheit. Was muss ich der Mannschaft an die Hand geben, woran sie sich im Spiel festhalten kann? Für die Situation A gibt es diese und diese Lösungen, die Spieler müssen sich für eine entscheiden. Diese Entscheidungsfindung üben wir. Und das ist uns bisher sehr gut gelungen. Wir wissen, was wir verlangen und sehen wollen. Wenn die Spieler sehen, dass der Plan funktioniert, gewinnen sie natürlich an Selbstvertrauen. Wichtig ist mir auch, dass ich empathisch bin. Natürlich sind alle Fußballspieler, aber in erster Linie sind sie Menschen, jeder braucht eine andere Ansprache. Der eine braucht den Arm um die Schulter, der andere einen härteren und schärferen Ton. Menschenführung ist das A und O. Das ist die Kunst des Trainers.

Apropos Kunst des Trainers. Klaus Schmidt beherrscht die Kunst des Abstiegskampfes wie kaum ein anderer. Es heißt, Sie holen sich auch bei ihm Rat?

Zu Klaus habe ich eine sehr enge Verbindung. Als er zum ersten Mal bei der Admira war, war ich noch bei den Juniors. Beim zweiten Mal war die Situation ähnlich wie jetzt. Wir hatten noch fünf Spiele in der Quali-Runde, um den Abstieg zu verhindern. Das waren fünf intensive Wochen, eine brutal lehrreiche und geile Zeit. Wir sind immer wieder im Austausch, weil der Klaus eh ein Fan von mir ist. Er bestätigt mich und gibt mir ein gutes Gefühl. Als wir in Dornbirn gespielt haben, hat er sogar vorbeigeschaut. Er hat nach einer halben Stunde gesagt: "Hey, Tommy, das wird funktionieren. Ich brauch’ dir nur zuhören, so wie du über die Mannschaft redest, das klappt." Der Klaus ist Rock’n’Roll und Let’s go! Er zeigt mir, dass es wichtig ist, manchmal den Instinkten zu folgen, dem Gefühl für die Situation. So einen Mentor zu haben, ist sehr wertvoll.

Müssen Sie vor dem letzten Spiel noch zu irgendwelchen besonderen Mitteln greifen?

Es weiß jeder, worum’s geht. Ich muss die Spieler nicht zusätzlich motivieren, das Mannschaftsgefüge ist brutal intakt. Es muss alles von innen kommen und das wird es. Ich habe den Abstiegskampf jetzt schon ein paar Mal erlebt. Es ist wichtig, dass alle eng zusammenrücken. Das tun wir. Der Verein versucht alles, um uns zusätzlich zu unterstützen. Das spüren die Spieler.

In der letzten Runde kommt es zum direkten Abstiegsduell gegen Steyr. Sie sind gebürtiger Steyrer, gibt es da keinen Gewissenskonflikt?

Ich bin nur in Steyr geboren, weil meine Mutter dort einen Arzt hatte, dem sie am meisten vertraut hat. Sonst habe ich keinen Bezug zu Steyr, also auch keinen Gewissenskonflikt.

Interview: Horst Hötsch

"Es würde niemand darüber nachdenken, diese WM nicht zu zeigen"

alle Videos in der Übersicht