Handball

Handball-EM: Wie besonders Glenn Solberg die Schweden führt

Seltene und deswegen so einzigartige Maxime

"Die beste Art": Wie besonders der Norweger Solberg die Schweden führt

In der Ruhe liegt seine Kraft: Glenn Solberg.

In der Ruhe liegt seine Kraft: Glenn Solberg. Sascha Klahn

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Seit fast vier Jahren steht Glenn Solberg beim schwedischen Nationalteam in der Verantwortung. Seitdem hat der Norweger den Rekord-Europameister (fünf Titel) in vier Halbfinals am Stück geführt. In jedem dieser Semifinals trafen die Schweden auf Rekord-Weltmeister Frankreich. 2021 (WM-Silber) und 2022 (EM-Titel) setzte sich Solbergs Team durch, ausgerechnet bei der Heim-WM folgte im Vorjahr die große Enttäuschung - am Ende landete Schweden nur auf Rang vier.

Start des EM-Finalwochenendes

Große Vergleiche will Solberg nicht ziehen. "Jedes Spiel steht für sich", sagt der 51-Jährige und schiebt nach: "Ich denke, dass wir auch auf einem anderen Level als im letzten Jahr sind." In den Franzosen sieht er "die besten Individualisten der Welt" mit einem "guten Coach", die Wertschätzung für Guillaume Gille kommt in Solbergs Statements rüber.

Solbergs Auszeiten als Sinnbild

Doch dabei ist es vor allem sein Führungsstil, der viele Fans während der schwedischen Partien bei dieser EM ins Staunen versetzt. Sinnbildlich dafür stehen die Timeouts, in denen sonst häufig die Trainer das Wort ergreifen und klare Vorgaben machen.

Solberg aber hält sich zurück, horcht häufig in die Mannschaft hinein, lässt Führungsspieler reden und gemeinsam ihre Ideen entwickeln. Er ist eher der stille Beobachter und ergänzt das Gesagte. Darauf angesprochen und ob er es als Erfolgsrezept ausgemacht habe, antwortet Solberg: "Ja, ich denke schon, und so führe ich mein Team. Ich hoffe und ich glaube, dass dies die beste Art ist, Schweden zu führen."

Auch gegen Frankreich soll sich die im Handball seltene und deswegen so einzigartige Maxime der Eigenverantwortung der schwedischen Spieler wieder auszahlen. "Hoffentlich sehen wir das im Halbfinale, wie meine Spieler Verantwortung übernehmen. Dann können wir gemeinsam ein fantastisches Spiel abliefern", ist Solberg überzeugt.

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Einer, auf den es definitiv ankommen wird, ist Torhüter Andreas Palicka. Mit 37 Jahren ist er in Schwedens Kader der mit Abstand älteste und erfahrenste Profi. Seiner "Vater"-Rolle im Team sei sich der im Turnier bisher überzeugende Keeper bewusst. "Ich hatte das große Glück, viele Spiele in meiner Karriere auf der großen Bühne zu machen, ob im Verein oder der Nationalmannschaft. Und natürlich versucht man, die Abgezocktheit und die Erfahrung in jede neue Herausforderung einzubringen."

Palicka und das Insiderwissen aus Paris

Gefragt sein könnte besonders sein Insiderwissen. Nach insgesamt sieben Jahren beim THW Kiel (2008 bis 2015) und fast fünf bei den Rhein-Neckar Löwen (ab 2016) spielt Palicka mittlerweile seit Sommer 2022 bei Paris Saint-Germain. "Sie kennen mich ja auch", erklärt Palicka zum Einstieg mit einem Lachen und fügt dann an: "Wenn wir über das Spiel sprechen, denke ich, dass es 50:50 ist. Und wenn man in einer Nationalmannschaft ist, versucht man immer, seinen Kollegen das Wissen über die Spieler, mit denen man im Verein zusammenspielt, zu vermitteln."

Es sei für ihn "eine Ehre" mit Spielergrößen wie Nikola Karabatic oder dessen jüngerem Bruder Luka Karabatic, der als französischer Kapitän gemeinsam mit Palicka auf dem Podium Platz nimmt, zusammenzuspielen. Neben dem Feld seien beide auch "fantastische Persönlichkeiten".

Auch ohne seine Tipps sieht Palicka die Schweden optimal vorbereitet. "Wir haben einen guten Plan und am Ende sind das die Spiele, von denen man schon als Kind geträumt hat", so der ehemalige THW-Keeper. "Man will hier sein und die bestmögliche Leistung abrufen." Das wäre auch im Sinne Solbergs.

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