Am 18. Juni 1922 kam es im Deutschen Stadion in Berlin zum mit Spannung erwarteten Finale zwischen dem HSV und Titelverteidiger 1. FCN. Von Beginn an entwickelte sich eine harte Partie, besonders die Nürnberger taten sich dabei unrühmlich hervor.
"Es gibt eben einen großen Unterschied zwischen scharfem und unfairem Spiel", zürnte der vor Ort weilende kicker-Gründer Walther Bensemann. "Gerade das letztere haben einige der Nürnberger Spieler gestern in einer Weise vorgeführt, dass nicht nur der gute Ruf ihres eigenen Vereins […], sondern unserer ganzen Bewegung darunter gelitten hat."
Nach regulärer Spielzeit hatte es 2:2 gestanden, in der Verlängerung wollte kein weiteres Tor mehr fallen. Nach 189 Minuten brach Schiedsrichter Dr. Peco Bauwens die Partie ab - nicht wegen der totalen Erschöpfung aller Beteiligter, sondern wegen der einbrechenden Dunkelheit.
Am 6. August stieg im Leipziger VfB-Stadion das Rückspiel, das beim Stande von 1:1 ebenfalls in die Verlängerung ging. Deren zweite Hälfte pfiff Bauwens aber nicht mehr an, da der Club wegen Platzverweisen und Verletzungen zu diesem Zeitpunkt keine acht Mann mehr auf dem Rasen hatte - Einwechslungen gab es noch nicht. Satzungsgemäß erklärte der DFB zunächst den HSV zum Meister. Doch Nürnberg legte Protest ein, der Abbruch hätte regeltechnisch nicht in der Pause erfolgen dürfen. Dem HSV wurde vom DFB nahegelegt, auf den Titel zu verzichten, die Hanseaten gaben zähneknirschend bei. Fünf Stunden Fußball und doch kein Meister.
Jörg Wieserner
1922: Was sonst noch geschah ...
Meister: kein Meister