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Wolfs Dank an Watzke: "Dass wir darüber reden, ist ein Riesengewinn"

DFB-Sportdirektor spürt große Rückendeckung für die Nachwuchsreform

Wolfs Dank an Watzke: "Dass wir darüber reden, ist ein Riesengewinn"

DFB-Sportdirektor Hannes Wolf ist Hans-Joachim Watzke dankbar.

DFB-Sportdirektor Hannes Wolf ist Hans-Joachim Watzke dankbar. IMAGO/Beautiful Sports

Als "unfassbar" kritisierte DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke vor drei Wochen im Rahmen eines Podiumsgesprächs beim DUP Unternehmertag in Essen die Nachwuchsreform des eigenen Verbandes. An diesem Mittwoch gab nun der zuständige Sportdirektor Hannes Wolf gemeinsam mit U-21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo und U-18-Coach Hanno Balitsch als Mitglieder des Kompetenzteams auf dem DFB-Campus in Frankfurt einen Einblick in aktuelle Entwicklungen. Selbstredend kam dabei auch Watzkes Auftritt zur Sprache, der intern wie extern hohe Wellen geschlagen hatte - von Wolf aber souverän eingeordnet wird: "Natürlich hat er die Debatte weiter eröffnet. Und alleine, dass wir jetzt darüber reden, ist ein Riesengewinn. Erstmals überhaupt haben wir ja eine Debatte darüber, wie junge Menschen in Deutschland groß werden sollen im Fußball. Darüber freuen wir uns riesig, weil es ein wunderbares Thema ist."

"Von allen, die sich im Detail damit beschäftigen, bekommen wir keinen Widerspruch"

Und zudem eines, bei dem Wolf und Co. die besten Argumente zweifelsfrei auf ihrer Seite wähnen - sowie auf spürbar wachsende Unterstützung verweisen können. "Von allen, die sich im Kontext und im Detail mit dem Thema beschäftigen, bekommen wir keinen Widerspruch", hält der Sportdirektor fest. Kritiker wie Watzke oder kurz zuvor auch Köln-Trainer Steffen Baumgart würden im konkreten Fall dagegen nur mit Teilaspekten konfrontiert und daraufhin vorschnell urteilen. Derlei Missverständnisse haben Wolf, mehrfacher Meistertrainer der BVB-Junioren, und Dortmunds Klubchef Watzke inzwischen in zwei persönlichen Telefonaten ausgeräumt: "Es ist alles in Ordnung. Ich fand es gar nicht so schlimm - auch wenn er unserer Medienabteilung eine Menge Arbeit gemacht hat", lächelt Wolf.

"Wir können nicht so tun, als hätten wir es bisher besonders gut gemacht"

Zugleich verdeutlichte der Fall Watzke nochmals die Notwendigkeit einer "Bildungsoffensive" (Wolf), um die Reformen wirklich verständlich und transparent zu machen. Eine zentrale Botschaft: Dass im Kinderfußball Ergebnisse und folglich auch Tabellen nicht mehr festgehalten werden, ist keineswegs Sinn und Zweck der Reform. Sondern lediglich eine Folge der Umstellung auf Kleinfeldturniere an Spieltagen. "Wenn du aus 12 Spielern vier Teams machst, die dann wiederum gegen verschiedene Gegner antreten, kannst du keine Tabelle mehr festhalten. Wer sollte diesen Aufwand leisten?", betont Wolf. "Das entspricht dann zwar nicht unserer kulturellen Prägung. Aber wirklich gut für die Kinder ist, möglichst oft den Ball zu haben." Was sich einerseits logisch erschließt, anderseits durch wissenschaftliche Studien belegt und beim Blick über den Tellerrand schließlich auch evident wird: "Belgien hat halb so viele Einwohner wie NRW", verdeutlicht Wolf. "Und dann schauen wir mal, wie viele Topspieler Belgien in den letzten Jahren herausgebracht hat und wie viele NRW. Davor können wir nicht die Augen verschließen und so tun, als hätten wir es bisher besonders gut gemacht."

Ungeteilte Zustimmung von den Trainern aller Nachwuchsleistungszentren

Von breiter Zustimmung für ihre Trainingsphilosophie berichteten Wolf, Di Salvo und Balitsch mit Blick auf ein kürzliches Treffen mit U-19-, U-17-und U-15-Trainern sämtlicher deutscher Nachwuchsleistungszentren in Nürnberg. In Theorie und Praxis wurde das DFB-Trainingskonzept, dessen Schwerpunkt Spielformen in Kleingruppen bilden, den insgesamt über 130 anwesenden Nachwuchscoaches präsentiert. Bei einer anschließenden anonymen Umfrage via App sprachen sich sämtliche Jugendtrainer für eine konsequente Umsetzung der Trainingsformen im Alltag aus. "Für uns ist das die Legitimation der Bezeichnung Trainingsphilosophie Deutschland", schlussfolgert Wolf. "Das Feedback war überragend", schwärmt auch Di Salvo, "weil diese Trainingsformen alles abdecken, was im Fußball vorkommt." Ebenso spricht Balitsch von einer "perfekten Rezeptur, um Spieler unabhängig von Alter und Niveau besser zu machen". Und: "Es wird keine Position mehr unterrepräsentiert."

"Die Bretter, die wir bohren müssen, nehme ich als gar nicht so dick wahr"

An die Basis gelangen die Inhalte u.a. über eine kürzlich angelaufene Youtube-Reihe mit Balitsch, Sandro Wagner sowie Lars und Sven Bender als Protagonisten. Dazu stehen permanent Schulungen bei Stützpunkten und Vereinen auf der Agenda. Bei Wolfs aktueller Bestandsaufnahme klingt rund fünf Wochen nach seinem Amtsantritt ungebrochene Begeisterung durch: "Wir stoßen auf große Offenheit und haben einen wunderbaren Einfluss. Die Bretter, die wir bohren müssen, nehme ich als gar nicht so dick wahr."

Thiemo Müller

Alle Gewinner der Fritz-Walter-Medaille seit 2005