DFB-Pokal

DFB-Pokal: Sechs Oberligisten träumen von der Sensation

Unerwünschte Lose und ein uraltes Duell

Stadionmagazin im Supermarkt: Sechs Oberligisten träumen von der Sensation

Die Stuttgarter Kickers (Mijo Tunjic, li.), der FV Engers, Schott Mainz (Janek Ripplinger, re.) und drei weitere Oberligisten stehen in dieser Saison in der 1. DFB-Pokalrunde.

Die Stuttgarter Kickers (Mijo Tunjic, li.), der FV Engers, Schott Mainz (Janek Ripplinger, re.) und drei weitere Oberligisten stehen in dieser Saison in der 1. DFB-Pokalrunde. imago images (3)

Oberachern: Gegen Gladbach soll Freiburg "Blau-Weiß" sein

Dreimal schon war der SV Oberachern dem DFB-Pokal ganz nahe. 1996, 2016 und 2020 ging der Stadtteil-Verein aus der badischen 25.000-Einwohner-Gemeinde Achern aber im letzten Moment als Verlierer vom Platz. Nicht so in diesem Jahr, als der große Wurf endlich gelang: Der Fünfligist bezwang im Finale des Südbadischen Pokals Verbandsligist DJK Donaueschingen mit 2:0 - und zog erstmals in seiner Geschichte in den lukrativen Wettbewerb ein.

"Mutig agieren": Oberacherns Trainer Florian Himmel.

"Mutig agieren": Oberacherns Trainer Florian Himmel. IMAGO/Pressefoto Baumann

Das Los hat es in sich, schließlich kommt mit Borussia Mönchengladbach ein gestandener Bundesligist. Für die Partie zieht der SVO extra ins Freiburger Dreisamstadion um, 12.000 Karten sind schon jetzt verkauft. Der Traum: "Freiburg ist am Sonntag Blau-Weiß", heißt es auf der Vereinswebsite. Dafür hat der Klub eifrig Sonderschals und -shirts in den Vereinsfarben produziert und verkauft. Einstimmen können sich Fans mit einer Sonderausgabe des Stadionmagazins, das unter anderem im örtlichen Supermarkt verkauft wird. Alles für die sportliche Sensation. Und wie die gelingen soll, weiß Trainer Fabian Himmel: "In der Vergangenheit sind Underdogs, die sich nur auf die Defensive beschränkt haben, fast immer ausgeschieden. Wir wollen ein gutes Spiel zeigen und mutig agieren."

Wernigerode: Der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung

Auch der FC Einheit Wernigerode gibt in diesem Jahr sein Debüt im DFB-Pokal - der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Entwicklung. Nach zwei Aufstiegen in vier Jahren und dem souveränen Klassenerhalt in der vergangenen Saison ist der ehemalige DDR-Zweitligist auf dem besten Wege, ein etablierter Oberligist zu werden. Nun also die (westdeutsche) Pokal-Premiere, zu der es trotz einer krachenden 0:5-Finalniederlage im Landespokal kommt (da Magdeburg als Drittliga-Meister schon qualifiziert war, ging das Startrecht auf den FC Einheit über). Zuvor hatte der Underdog aber unter anderem Drittligist Halle im Halbfinale ausgeschaltet, was allein schon genug Material für Motivationsvideos liefert, die Cheftrainer Maximilian Dentz in den Stunden vor Anpfiff zeigen will.

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Das Los, der SC Paderborn, löste allerdings nicht bei jedem, der es mit dem FCE hält, Jubelstürme aus - was schon in der ARD-Übertragung während der Auslosung zu sehen war. Inzwischen hat man sich mit dem Gegner aber arrangiert. Ein Umzug in ein größeres Stadion außerhalb der Stadt bleibt dem Fünftligisten dadurch immerhin erspart, gespielt wird im örtlichen Sportforum (das heimische Mannsberg-Stadion ist zu klein). Und die Vorfreude wächst. "Es kribbelt schon", so Dentz.

Engers: Grüße aus der Bundesliga und Oberwerth als gutes Omen? 

Im Stadion Oberwerth feierte Engers kürzlich den Rheinlandpokalsieg - gibt's auch gegen Bielefeld Anlass zur Party?

Im Stadion Oberwerth feierte Engers kürzlich den Rheinlandpokalsieg - gibt's auch gegen Bielefeld Anlass zur Party? IMAGO/Eibner

Wenige Stunden nach dem Sieg im Rheinlandpokal bekam der FV Engers Glückwünsche aus der Bundesliga ausgerichtet. Der VfL Bochum, Erstrundengegner vor zwei Jahren, gratulierte über Twitter "zum Gewinn des Rheinlandpokals". Ein netter Gruß, der aber wohl vor allem als kleine Spitze in Richtung von RB Leipzig gedacht war, das wenige Minuten zuvor den DFB-Pokal gewonnen hatte, dem der VfL aber eben nicht gratulierte. Zu einem Wiedersehen zwischen Engers und Bochum, wie vom Revierklub erhofft ("Vielleicht trifft man sich ja wieder in der 1. DFB-Pokalrunde"), kommt es allerdings nicht. Der Klub aus dem Rheintal empfängt Bundesliga-Absteiger Arminia Bielefeld.

Wie schon 2020 muss der FVE aber auf Wanderschaft gehen und darf nicht im "Stadion am Wasserturm" spielen. Corona-bedingt fand die Partie 2021 ohne Zuschauer statt und wurde gleich komplett ins Bochumer Stadion verlegt.

Diesmal geht es ins Koblenzer Stadion Oberwerth, dorthin, wo die Landespokal-Endspiele stattfinden. Ein gutes Omen? "Im Stadion Oberwerth bin ich im Pokal noch ungeschlagen", sagt FV-Coach Sascha Watzlawik.

Neustrelitz: Ungeliebtes Wiedersehen mit dem KSC 

Im DFB-Pokal ist die TSG Neustrelitz nicht unbekannt. Schon dreimal war man an der Mecklenburgischen Seenplatte für die Hauptrunde qualifiziert. Zwar war 2007, 2008 und 2013 die 1. Runde jeweils Endstadion, zweimal aber zwang die TSG den klassenhöheren Gegner in die Verlängerung. So auch bei der Premiere vor 15 Jahren, als der Karlsruher SC - damals noch Bundesligist - erst durch zwei Tore in der zweiten Hälfte der Verlängerung siegte.

DFB-Pokal 2007, 1. Runde

Ausgerechnet gegen jenen KSC gibt es nun die Neuauflage im malerisch gelegenen Neustrelitzer Parkstadion - was bei der TSG allerdings wenig Euphorie auslöste. "Wir hätten schon ganz gern einen anderen Gegner gehabt. Immerhin haben wir gegen die Karlsruher 2007 schon einmal im Pokal gespielt", wird Club-Chef Hauke Runge beim NDR zitiert.

Gegen das Zweitliga-Schlusslicht, das einen Fehlstart in die neue Saison hingelegt hat, rechnet man sich trotzdem Chancen aus. Ein Hoffnungsträger steht ja auch an der Seitenlinie: Trainer Jörg Buder ist seit diesem Sommer da und weiß, wie es geht. Im Vorjahr schaltete er mit dem SV Babelsberg Bundesliga-Vertreter Fürth in der 1. Runde aus. Sein Tipp: "Ich habe meinen Spielern gesagt, dass sie keine Angst haben sollen."

Schott Mainz: Kein Kunstrasen gegen das "Riesending" Hannover

Enttäuschung und Euphorie wechselten sich bei Schott Mainz in diesem Sommer ab. Zwar stieg der Klub nach zwei Regionalliga-Jahren in die Oberliga ab, qualifizierte sich aber erstmals für den DFB-Pokal. Das Pokallos Hannover hat es in sich. Der TSV zieht in die alte Bundesliga-Arena von Kooperationspartner Mainz 05, ins Bruchwegstadion, was nicht nur für eine vereinseigene Rekordkulisse sorgen wird (über 3000 Karten sind schon verkauft), sondern auch zur Umgewöhnung zwingt: Eigentlich spielt der Werksklub auf Kunstrasen.

"Hannover ist ein Riesending für uns, den Verein, das Umfeld", sagt Trainer Aydin Ay. Der hauptberuflich als Polizist arbeitende Coach kündigt an: "Wir wollen nichts herschenken. So gering die Erfolgswahrscheinlichkeit ist, manchmal gewinnt auch David gegen Goliath." Er spricht aus Erfahrung: Ay war 2009 im Trikot von Eintracht Trier daran beteiligt, die 96er in der 1. Pokalrunde rauszuwerfen.

Stuttgarter Kickers: Pflichtspiele gegen Fürth gab es schon in den 1910er Jahren

Waldau-Stadion Stuttgart

Auf der Waldau in Stuttgart spielen die Kickers gegen Fürth. imago/Sportfoto Rudel

Ein Duell zwischen den Stuttgarter Kickers und der SpVgg Greuther Fürth ist keine Seltenheit. Allein in der 2. Bundesliga und in der Regionalliga Süd trafen beide Vereine 30-mal aufeinander. Sogar schon in den 1910er Jahren - an die Bundesliga war damals noch nicht zu denken - standen sich Fürth und die Kickers in Pflichtspielen gegenüber. Tradition pur also.

Im Juli 2022 trennen beide Klubs mittelweile drei Ligen. Es könnten mehr sein, wäre Fürth nicht aus der Bundesliga abgestiegen; es könnten weniger sein, hätten sich die Schwaben in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga durchgesetzt. Die Rollen sind damit klar verteilt: Fürth geht als Favorit in die Partie, die Kickers sind - anders als in der anstehenden Oberliga-Saison - klarer Außenseiter. Mit dieser Voraussetzung kann man sich aber unter dem Stuttgarter Fernsehturm anfreunden.

Der Pokalfinalist von 1987 setzt vor allem auf seine Fans: 4400 Karten sind für das im Stadion auf der Waldau, dem ältesten Stadion Deutschlands, verkauft. "Wir werden mit Feuer reingehen, freuen uns riesig auf dieses Spiel und wollen mit der Unterstützung unserer Fans versuchen, die Überraschung zu schaffen", sagt Trainer Mustafa Ünal.

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