Gerade einmal fünf Trainingstage hatte Kroos, um sich im neuen Umfeld zurechtzufinden. Doch wo Bayern-Trainer Josep Guardiola die Meinung vertritt, ein Finale sei "kein Test", und im deutschen Supercup gegen Borussia Dortmund auf seine WM-Fahrer weitegehend verzichtet, wählte Reals Coach Carlo Ancelotti einen anderen Weg. Mit Weltmeister Kroos und WM-Shooting-Star James (für 80 Millionen Euro von Monaco gekommen) brachte der Italiener seine zwei Top-Neuzugänge gleich von Beginn an, ungeachtet aller WM-Strapazen und Trainingsrückstände.
Und während der Kolumbianer James blass blieb, zeigte Kroos gleich, welche prägende Rolle er in der Staransammlung der Madrilenen spielen kann. Neben Luka Modric agierte der mit einem Vertrag bis 2020 ausgestattete Kroos im defensiven Mittelfeld und war in Abwesenheit des gesperrten Xabi Alonso direkt die Schaltzentrale des Real-Spiels hinter einer flexiblen Offensive mit Cristiano Ronaldo, Gareth Bale, Karim Benzema und James. "Er spielte in der gleichen Position wie Xabi Alonso mit der gleichen Vorgabe, die Bälle zu verteilen und, wenn sich die Chance bietet, das Tempo der Angreifer zu nutzen", erklärte Ancelotti im Nachgang und war alles andere als unzufrieden mit dem Neuzugang vom FC Bayern: "Wir hatten das Spiel gut unter Kontrolle", freute er sich: "Toni Kroos' Vorstellung war perfekt. Er war schnell und sauber in all seinen Aktionen."
Spielbericht
Kroos wird gesucht: 82 Pässe, 96 Prozent erfolgreich
Tatsächlich wurde Kroos schon bei seinem ersten Auftritt für die Königlichen von seinen Nebenleuten gesucht. 82 Zuspiele gingen gemäß der offiziellen Statistik auf das Konto der deutschen "Passmaschine", ein Wert, den kein anderer Spieler auf dem Feld erreichte. 79 Pässe fanden einen Mitspieler, was einer Erfolgsquote von über 96 Prozent entspricht. Und so war es auch kein Zufall, dass der 24-Jährige das vorentscheidende 2:0 kurz nach der Pause einleitete, als er Benzema einsetzte, der seinerseits den Doppeltorschützen Cristiano Ronaldo bediente. Dass sich Kroos auch für das Grobe im Fußball nicht zu schade ist, deutete er zudem an: Ein hartes Einsteigen im Mittelfeld gegen Grzegorz Krychowiak wurde mit Gelb bestraft.
Er ist intelligent, schätzt die Situationen rasch ein und ist schnell im Spielaufbau.
El Pais über Toni Kroos
Weltfußballer Ronaldo wurde später auch von Ancelotti zum "Matwinner" auserkoren, Regisseur von Reals Titelpremiere in der neuen Saison war aber Kroos. Das würdigte auch die spanische Presse. "El Pais" sah bei Kroos "alles, was man sich von einem Mittelfeldspieler wünschen kann. Er ist intelligent, schätzt die Situationen rasch ein und ist schnell im Spielaufbau." Den "Taktstock eines Weltmeisters" sah die "Marca" und meinte: "Der Deutsche übernimmt bei seinem Debüt im Real-Trikot gleich das Kommando." Eingewöhnungsprobleme konnte auch "ABC" bei dem gebürtigen Greifswalder nicht ausmachen: "Toni Kroos agierte bei seinem Debüt, als spielte er bereits sein ganzes Leben für Real Madrid."
Khedira ist außen vor
Während Kroos also im Rekordtempo bei Real angekommen zu sein scheint, dürfte die Reise bei Sami Khedira in die andere Richtung gehen. Der 27-Jährige saß in Cardiff nicht einmal auf der Bank, sondern musste mit einem Platz auf der Tribüne Vorlieb nehmen. Besonders begründet wurde diese Maßnahme nicht. Doch schon länger ranken sich Wechselgerüchte um den ehemaligen Stuttgarter, dessen Vertrag bei den Madrilenen im Sommer 2015 ausläuft und der sich mit Real nicht auf eine Verlängerung seines Kontrakts einigen konnte.