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Saudische eSport-Investments: Wie steht der ESBD dazu?

ESBD begrüßt Mittel aus dem Nahen Osten unter Vorbehalt

Saudische eSport-Investments: "Es geht nicht nur darum, einfach irgendwo Geld reinzustecken"

Groß aufgefahren: Wie steht ESBD-Vizepräsident Christopher Flato zu Saudi-Arabiens eSport-Investitionen?

Groß aufgefahren: Wie steht ESBD-Vizepräsident Christopher Flato zu Saudi-Arabiens eSport-Investitionen? kicker eSport/ESL/Gamers8/Savvy Games Group

Groß scheinen die Ambitionen, die Saudi-Arabien im eSport hat. Noch größer sind die Summen, die der Wüstenstaat dafür in die Hand nimmt. Bis zu 500 Millionen US-Dollar soll etwa eine "eSport-Stadt" in Riad kosten. 1,5 Milliarden US-Dollar wurden für die ESL und FACEIT fällig. Über 8 Milliarden US-Dollar investierte Saudi-Arabien laut Financial Times seit Anfang 2022 insgesamt in Anteile an Gaming-Firmen. 

Offiziell sind diese Maßnahmen Teil der "Saudi Vision 2030", einer Initiative, mit der sich das Land unabhängiger von seinen fossilen Ressourcen machen will. Immer wieder gibt es jedoch teils schärfste Kritik, von einem "Ausverkauf" ist die Rede, moralische Dilemmas rücken in den Fokus und natürlich ist auch das Schlagwort eSportswashing nicht weit. Wie also umgehen mit den Summen aus dem Nahen Osten?  Genau das fragte kicker eSport Christopher Flato, der seit 2020 Vizepräsident des eSport-Bund Deutschland (ESBD) ist.

Bisher konnten wir seit dem Einstieg der Saudis keine negativen Wandlungen beobachten.

Christopher Flato, Vizepräsident ESBD

"Man kann den Leuten natürlich nicht in den Kopf gucken", sagt dieser hinsichtlich der eSportswashing-Vorwürfe. Ein finales Urteil könne man deshalb noch nicht fällen. "Es wird sich erst mit der Zeit zeigen, wie genau die Absichten dahinter sind, wie bei jedem anderen Investment auch." Die Ansätze allerdings stimmen Flato positiv: "Bisher muss man ganz klar sagen, dass wir seit dem Einstieg der Saudis im deutschen eSport keine negativen Wandlungen beobachten können." 

Doch nicht nur das. Im Gegenteil berichtet der ESBD-Vizepräsident sogar von positiven Auswirkungen und hat dafür ein ganz konkretes Beispiel: GGFORALL, eine CS:GO-Serie exklusiv für Frauen. "Die ESL hat die Initiative Ende 2021 ins Leben gerufen, also vor der Übernahme durch die Savvy Gaming Group (Tochterfirma des saudischen Staatsfonds PIF, d. Red.). Heutzutage gilt das Event als größte Frauen-Liga, die die ESL jemals hatte." Ein Wachstum, das möglicherweise auch durch Finanzmittel aus Saudi-Arabien bekräftigt wurde. 

Saudische Geldmittel im "eSport-Winter" ökonomisch unabdingbar?

Wachstum ist ohnehin ein wichtiges Stichwort, ist die eSport-Branche in Folge der schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen doch weiterhin in der Bredouille. Als "eSport-Winter" bezeichnet Flato die Situation in Anlehnung an eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur und verweist daher auch auf die ökonomische Relevanz neuer Geldmittel. "In der aktuellen wirtschaftlichen Lage stehen viele Unternehmen vor großen Herausforderungen. Gerade im eSport, weil Marketingbudgets und Sponsorengelder, die weiterhin einen Großteil des eSports ausmachen, der erste Ast sind, an dem gesägt wird."

Daher seien "Investments dieser Größe, die längerfristig sind und wirklich dazu dienen sollen, etwas über längere Zeit aufzubauen", derzeit "sehr wichtig" für den eSports-Markt - und entsprechend gefragt: "Sie sind willkommen in der Szene, das kann man generell so sagen." 

Es geht tatsächlich darum, diese Bereiche weiter zu fördern.

Christopher Flato, Vizepräsident ESBD

Doch zählen die saudi-arabischen Mittel zu dieser Art von langfristiger, zielgerichteter Unterstützung? "Wenn man sich die Entwicklungen durch die saudischen Investitionen anguckt, sieht man, dass sie auch etwas bewegen wollen", befindet Flato und führt aus: "Es geht nicht nur darum, einfach irgendwo Geld reinzustecken und sein Logo darauf zu platzieren." Viel mehr gebe es "Akteure, denen es tatsächlich darum geht, diese Bereiche weiter zu fördern". 

Ein Vorhaben, das für den ESBD-Vizepräsidenten vor dem Hintergrund der generellen ökonomischen Ausrichtung Saudi-Arabiens glaubhaft scheint: "Das sind auch wirtschaftliche Interessen. Saudi-Arabien entwickelt sich gerade sehr stark weiter und öffnet sich in vielen Bereichen, gerade in Richtung Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und eben eSports sowie Gaming."

Flato bekräftigt Wunsch nach Dialog

Anders verhält es sich in Sachen Menschenrechte, die aus westlicher Sicht für einige marginalisierte Gruppen weiterhin stark eingeschränkt sind. Ein Problem, das natürlich auch dem eSport-Bund Deutschland bekannt ist, wie Flato uns bereits in seiner Einschätzung der FIFAe Finals in Riad mitteilte. Im Zuge dieser Veranstaltung äußerte er seinen Wunsch, mit dem eSport Brücken zu bauen - den er auch im größeren Kontext bekräftigt. Die wirtschaftliche Verbindung im eSport könne dazu beitragen. "Es gibt einen kulturellen, einen internationalen Austausch und es regt zur Diskussion an. Das ist immens wichtig." 

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Interventionsmaßnahmen des ESBD begrenzt sind. "Wir haben circa 90 bis 100 Mitglieder in Form von ehrenamtlichen Vereinen, Profiteams oder Turnierorganisatoren. Diese Mitglieder sind teilweise Unternehmen von internationaler Natur und haben dementsprechend Investoren, Sponsoren und Partner aus den verschiedensten Bereichen", schildert der Vizepräsident den Status quo und macht deutlich: "Die organisatorische Ebene ist Sache der Mitglieder." 

Gleichzeitig betont Flato aber auch, dass "wir als Verband immer sehr stark schauen, wohin sich die Szene entwickelt, welche Akteure aktiv sind und welche Auswirkungen das langfristig auf den nationalen wie auch internationalen Markt hat". Sollte es durch den saudischen Einstieg "negative Auswirkungen" auf den deutschen eSport geben, werde man sich daher entsprechend äußern. Ein Vorbehalt, unter dem der eSport-Bund Deutschland die Investitionen aus dem Nahen Osten vorerst begrüßt. 

Matti Jansen