Nord

VfB Oldenburg: Duda und Schachten im Doppelinterview

Der Profifußball in der Stadt steht auf der Kippe

Oldenburg-Trainer Duda: "Ich werde jeden Tag hart für das neue Stadion arbeiten"

Der erste Schritt war ein guter: Benjamin Duda hat mit dem VfB Oldenburg zum Auftakt Kilia Kiel mit 4:0 geschlagen.

Der erste Schritt war ein guter: Benjamin Duda hat mit dem VfB Oldenburg zum Auftakt Kilia Kiel mit 4:0 geschlagen. IMAGO/Susanne Hübner

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Trainer Benjamin Duda (35) und der Sportliche Leiter Sebastian Schachten (38) sollen den VfB Oldenburg zurück in die 3. Liga führen. Im Interview mit dem kicker sprechen sie über die sportlichen Ambitionen, personelle Entscheidungen und einen möglichen Stadionneubau in der Stadt.

Herr Duda, mit dem 4:0 gegen Kilia Kiel sind Sie am Sonntag gut gestartet. Wie erleichtert waren Sie, nachdem Mitfavoriten wie Weiche Flensburg oder die SV Drochtersen/Assel zuvor einen holprigen Auftakt hingelegt haben?

Benjamin Duda: Die Ergebnisse drumherum sind mir relativ gleichgültig. Am Sonntag war ich sehr glücklich, weil die Art und Weise schon nah am Idealbild von dem war, wie wir Fußballspielen wollen. Deshalb war es rundum gelungen.

Das Leben in der Regionalliga Nord ist für den VfB aktuell kaum planbar. Zunächst wurde der Saisonstart in Lübeck verschoben, auch das Derby gegen den SV Meppen hat einen neuen Termin erhalten. Vermissen Sie schon die Professionalität der 3. Liga, Herr Schachten?

Sebastian Schachten: Die Konstellation des Spielplans ist ganz sicher nicht optimal. Das können wir offen zugeben. Das Trainerteam plant über sechs Wochen die Vorbereitung. Acht oder neun Tage vor dem Start kommt dann die Absage des Lübeck-Spiels. Aber wir müssen die Situation eben so annehmen. Was anderes bleibt uns nicht übrig.

Der VfB wird bei den Konkurrenten als einer der Favoriten gehandelt. Sie drucksen beim Saisonziel mit blumigen Umschreibungen allerdings ein wenig herum. Warum sagen Sie beide nicht mit breiter Brust: "Wir wollen Meister werden und direkt wieder in die 3. Liga aufsteigen"?

Duda: Wir denken in Etappen. Das gibt den größten Mehrwert und ist der Motor für die kurzfristige Motivation der Spieler. Es ist die nackte Wahrheit, dass jede Woche eine Herausforderung vor uns liegt. Durch die einzelnen Etappen soll dann für uns ein Weg entstehen.

Diese große Wolke, was am Ende der Saison ist, würde uns im Moment nicht unterstützen. Ebenso helfen uns Parolen zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht weiter.

Benjamin Duda über konkrete Saisonziele

Am Ende aller Etappen steht aber dennoch ein Ziel. Warum heißt dieses nicht: "Ende Mai wollen wir auf dem Rathausbalkon stehen und mit unseren Fans den Aufstieg feiern"?

Duda: Diese große Wolke, was am Ende der Saison ist, würde uns im Moment nicht unterstützen. Ebenso helfen uns Parolen zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht weiter. Wir müssen erstmal Woche für Woche unsere Ziele erreichen. Dann können wir vielleicht im Frühjahr schauen, welche Geschichte wir in der Saison schreiben können.

Schachten: Mich stört, dass alles an einer Platzierung festgemacht wird. Mir ist wichtig, dass die Mannschaft in jedem Spiel alles reinhaut. Dann gelingt es uns auch, die Leute weiterhin mitzunehmen. Auch das ist ein Ziel für uns in dieser Saison.

Ein Mittelstürmer ist bei mir kein Kapitän, ganz einfach. Das liegt an der Sensibilität der Position.

Benjamin Duda über Max Wegner

Ungewöhnlich war, dass mit Max Wegner beim VfB der bis dato amtierende Kapitän in der vergangenen Woche sein Amt abgeben musste. Was hat Sie davon abgehalten, ihn als Kapitän zu bestärken?

Duda: Ein Mittelstürmer ist bei mir kein Kapitän, ganz einfach. Das liegt an der Sensibilität der Position. Wenn ein Mittelstürmer in zehn Spielen nicht trifft, hast du auch mal einen Grund zum Wechseln. Und dann würdest du damit auch direkt deinen Kapitän rausnehmen. Ich habe Max klargemacht, dass dies keine Entscheidung gegen ihn als Person ist, ganz im Gegenteil. Er ist für die Atmosphäre bei uns unheimlich wichtig, weil er ein Arbeitertyp ist. Wie er die Entscheidung aufgenommen hat, hat er gegen Kiel direkt fantastisch bewiesen.

Sebastian Schachten VfB Oldenburg

Will beim VfB Oldenburg langfristig etwas aufbauen: Der Sportliche Leiter Sebastian Schachten IMAGO/Eibner

Im Tor gab es in der vergangenen Saison zunächst unter Dario Fossi eine Rotation, ehe Sebastian Mielitz nach der Winterpause Stammtorwart war. Unter dem neuen Trainer Fuat Kilic verlor er wiederum seinen Stammplatz an Felix Dornebusch, der mittlerweile bei den Stuttgarter Kickers spielt. Nun hat Mielitz erneut den Vorzug erhalten. Ist Mielitz jetzt die klare Nummer 1? Und bleibt dies auch, falls ihm ein, zwei Fehler unterlaufen?

Duda: Die Torwartposition ist für mich keine dynamische. Da gibt es eine klare Hierarchie, und für die braucht es Vertrauen und Konstanz. Daher wird es da keine 14-tägigen Wechsel geben. Trotzdem haben wir zwei starke Torhüter. Auch Jhonny Peitzmeier hat eine starke Vorbereitung gespielt. Beide können Stammtorhüter in der Regionalliga sein. Dennoch ist meine Entscheidung auf dieser Position klar.

Bei den Torhütern haben Sie bereits einmal betont, dass Ihre Prämisse ganz eindeutig auf dem Halten von Bällen liegt und diese nicht am fußballerischen Können gemessen werden sollten. Sind Sie da ein wenig "old school"?

Duda: Wenn ich mit 35 Jahren als "old school" bezeichnet werde, nehme ich das gerne erstmal an (lacht). Das passt zu meinen Werten. Der Unterschied vom Torhüter zum Feldspieler ist ja, dass er Handschuhe anziehen darf. Fußballschuhe haben alle anderen auch an. Das heißt, dass dieser Bonus einen Torwart schon auszeichnen sollte. Deswegen lege ich den höchsten Wert darauf, dass er Bälle hält. Ich weiß, dass andere Kollegen wiederum höchsten Wert darauf legen, dass der Torwart zusätzlich den Libero macht. Da habe ich einen anderen Ansatz.

Wenn wir diesen nicht wollen, können wir eh in der Kreisliga spielen. Es ist doch ein Privileg, mit begeisterndem und leidenschaftlichem Fußball sportpolitisch etwas bewegen zu können.

Benjamin Duda über Druck

Im Herbst steht im Stadtrat die Entscheidung über den Neubau eines drittligatauglichen Stadions in Oldenburg an. Durch sportlichen Erfolg kann der VfB bis dahin den Druck für ein positives Votum erhöhen. Erhöht dies wiederum aber auch den Druck auf die Mannschaft und auf Sie als die Verantwortlichen im sportlichen Bereich?

Schachten: Natürlich ist das Thema präsent. Wir haben in der vergangenen Saison ja eindrucksvoll gesehen, wie schwierig es im Marschwegstadion ist. Und natürlich wird viel darüber gesprochen. Dieser Druck kann ja auch etwas Positives sein.

Duda: Das Wort "Druck" höre ich viel zu oft. Wenn wir diesen nicht wollen, können wir eh in der Kreisliga spielen. Es ist doch ein Privileg, mit begeisterndem und leidenschaftlichem Fußball sportpolitisch etwas bewegen zu können. Ich werde jeden Tag hart dafür arbeiten, dass das neue Stadion gebaut wird. Als Trainer bin ich da aber ein kleiner Teil im großen Ganzen.

Falls es nicht kommt, wird es den VfB aber trotzdem weiterhin geben. Dann schließen wir ja nicht den Laden ab und hören einfach auf.

Sebastian Schachten über ein mögliches neues Stadion

Ein Nein zum Stadion ginge letztlich mit einem Nein zum Profifußball in Oldenburg einher. Wäre diese eingeschränkte Perspektive für Sie dann noch lukrativ?

Schachten: Vom DFB gibt es an uns das ganz klare Signal, dass 3. Liga auf Dauer am Marschweg nicht möglich sein wird. Die enorme Wichtigkeit eines neuen Stadions steht also außer Frage. Trotzdem halte ich nichts von Untergangsszenarien. Wir haben nicht ohne Grund gesagt, dass wir langfristig etwas aufbauen wollen. Und natürlich ist das neue Stadion dabei ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Falls es nicht kommt, wird es den VfB aber trotzdem weiterhin geben. Dann schließen wir ja nicht den Laden ab und hören einfach auf.

Ein Ja zum neuen Stadion wäre hingegen nach mehr als 30 Jahren ein Signal des Aufbruchs. Die Vision "Profifußball im neuen Stadion" dürfte auch neue Sponsoren anlocken und würde die Perspektive des VfB auf einen Schlag enorm verbessern…

DAS aUGUST-PROGRAMM

Schachten: Natürlich wäre das ein tolles Zeichen. Für den gesamten Sport in dieser Region.

Duda: Das wäre fantastisch. Trotzdem ist auch ein Neubau allein keine Gewährleistung für einen traumhaften Weg. In Chemnitz steht auch ein tolles Stadion. Die sind seit vier Jahren in der 4. Liga. Kickers Offenbach hat ebenso ein überragendes Stadion und ist seit elf Jahren in dieser Liga. Harte Arbeit und Konstanz sind die Schlüssel zum Erfolg. Trotzdem wäre das neue Stadion ohne Wenn und Aber ein riesiger Push.

Kann es für den VfB eine erfolgreiche Saison sein, wenn am Ende die Meisterschaft verpasst wird?

Duda: Wenn wir nach 13 Jahren mal wieder in den DFB-Pokal kommen, hätten wir auch etwas zu feiern (lacht). In der Öffentlichkeit wird Erfolg immer am Tabellenstand bemessen. Für uns zählen aber auch noch ein paar andere Gradmesser. Wenn wir diese positiv beeinflussen, steigern wir auch unsere Erfolgschancen.

Schachten: Wie die Mannschaft auftritt, ist für mich ganz entscheidend. Wir haben vergangene Saison mit dem Klassenerhalt unser Ziel verfehlt, aber die Jungs haben alles reingeworfen und die Fans mitgenommen. Das wurde in der Stadt und in der Region enorm honoriert. Deshalb mache ich den Erfolg nicht einzig und allein am Tabellenplatz fest. Zumal es neben uns auch vier, fünf andere richtig starke Mannschaften gibt. Ottensen und Drochtersen werden ganz vorne mit dabei sein. Auch Meppen wird, da bin mir sicher, am Ende richtig gut sein. Wir sind ambitioniert, natürlich. Aber wir gehen diese Aufgabe in der Regionalliga mit Demut an.

Interview: Karsten Lübben

Die Trainer in der Regionalliga Nord