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WM in Russland - Deutschlands zweiter Gruppengegner Schweden im Porträt über Holzfäller und ohne Zlatan Ibrahimovic

Deutschlands zweiter Gruppengegner im Porträt

Holzfäller ohne Ibrahimovic: Was kann Schweden?

Schwedische Stützen: Albin Ekdal und Andreas Granqvist.

Schwedische Stützen: Albin Ekdal und Andreas Granqvist. imago

Eigentlich war es fast ein bisschen gemein, das ganze Gerede um und vor allem von Zlatan Ibrahimovic. Jaja, er dürfe nichts sagen, "sonst werde ich erhängt". Dann sagte er es trotzdem: "Eine WM ohne Zlatan" ist natürlich keine WM und natürlich "werde ich zur WM fahren".

Was auch immer dahintersteckte, es war nicht mehr als ein bisschen Blödsinn von einem vor zwei Jahren aus der Nationalmannschaft zurückgetretenen Altstar, der damals wohl gar nicht damit gerechnet hatte, dass sich die schwedische Auswahl - ohne Zlatan! - tatsächlich für die Weltmeisterschaft in Russland qualifiziert.

Trainersteckbrief Andersson
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Spielersteckbrief Ibrahimovic
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Nein, Ibrahimovic fährt nicht zur WM - das steht inzwischen fest und damit kann sich das Land sowie die Mannschaft jetzt auf das konzentrieren, was wirklich von Bedeutung ist: nämlich (endlich) auf die Mannschaft, die nach dem Rücktritt des "besten schwedischen Fußballers aller Zeiten" (Albin Ekdal im kicker-Interview) in eine Qualifikationsgruppe mit Frankreich und den Niederlanden gelost wurde - und bestand.

Keine One-man-Show mehr - das beweist der Holzfäller

Das anschließende Drama in der Qualifikation gegen Italien machte die Überraschung perfekt und gab gleichzeitig Anschauungsunterricht, auf was sich das DFB-Team einstellen sollte. Jahrelang ging es nur um Ibrahimovic, jetzt besticht Schweden durch ein Kollektiv, in dem sich jeder der Taktik des Trainers unterordnet.

Diese Taktik kann gegen spielstarke Teams wie Deutschland, Mexiko und Südkorea das schnelle Umschalt- und Konterspiel beinhalten, dieses basiert aber wie in der Qualifikation in Italien auf einer defensiven Kompaktheit. Nach dem 1:0 im Hinspiel hatten die Skandinavier auch in San Siro die Null gehalten und sich zum ersten Mal seit 2006 wieder für eine Endrunde qualifiziert.

Prozessorientiert und todlangweilig.

Schwedens Trainer Janne Andersson beschreibt sich selbst

Nicht schön, aber effektiv; manchmal ist die beinharte Defensive eben das Mittel zum Zweck - auch wenn Janne Andersson das relativiert: "Man kann nicht nur elf Holzfäller aufbieten", meint der Nationaltrainer, "ein Job, der für mich einen hart arbeitenden Menschen mit starkem Charakter verkörpert." Bezeichnend war es dennoch, dass der erste Fußballer des Jahres seit Ibrahimovic (2007-2016) Andreas Granqvist (FK Krasnodar) hieß - resoluter Innenverteidiger und typischer "Holzfäller".

Gleichwohl betont Andersson, der sich selbst als "prozessorientiert und todlangweilig" bezeichnet, dass "man auch einen Violinisten dabeihaben kann". Ein solcher, wohl der einzige, wäre Emil Forsberg. Der Leipziger ist mit seiner Kreativität und den technischen Fähigkeiten für die lichten Momente im schwedischen Offensivspiel zuständig.

Gegen Deutschland rechnet Ekdal nicht mit einem Punkt

Im typischen 4-4-2-System ist Forsberg auf der linken Offensivseite der Vordermann für den Bremer Ludwig Augustinsson. Das Zentrum machen in der Abwehrkette Victor Lindelöf, der eine durchwachsene Saison bei Manchester United hinter sich hat, und Schwedens Fußballer des Jahres dicht. Davor besetzen Routinier Sebastian Larsson (Hull City) und ein noch immer nicht ganz fitter Ekdal die Doppelsechs.

"Wir spielen einen besseren Fußball und haben eine bessere Stimmung im Team", findet Ekdal und schielt deshalb schon mal aufs Viertelfinale - dann "würde ich von einer guten WM sprechen". Hinter Deutschland, so sieht es wohl nicht nur der Noch-Hamburger, geht es für drei fast gleichwertige Teams um den zweiten Platz. Ein Punkt gegen den Weltmeister, der in den letzten beiden Partien gegen Schweden immerhin sieben Gegentore kassierte (5:3 und 4:4), "wäre ein Bonus. Für uns sind die entscheidenden Spiele gegen Südkorea und Mexiko."

Beim in dieser Saison häufig verletzten Ekdal (19 Einsätze) ist es wie bei so vielen seiner Kollegen: Ihm fehlt die Spielpraxis. Stammkeeper Robin Olsen (FC Kopenhagen) erging es mit einem Schlüsselbeinbruch ähnlich wie Manuel Neuer, auch der Schwede holte sich Einsatzminuten in den letzten WM-Tests. Und neben Forsberg und Stürmer Marcus Berg, der in den Emiraten 25-mal in 21 Einsätzen traf, fehlt es sowohl Urgestein Ola Toivonen wie auch Rechtsaußen Jimmy Durmaz (beide FC Toulouse) an Spielminuten. Toivonen traf kein einziges Mal in der abgelaufenen Ligue-1-Saison.

Anderssons Rezept für das bestmögliche Turnier

Natürlich, sagt Ekdal, "können wir darüber diskutieren, ob Ola durch Spielpraxis und Marcus durch einen härteren Wettbewerb in noch besserer Verfassung zu unserer Mannschaft kommen würden, aber für mich ist entscheidend, dass sie bei uns immer funktioniert haben".

Es ist also eine Mischung aus nicht elf, aber ein paar "Holzfällern", einem "Violinisten", einem schwedischen Manuel Neuer und vielen Fragezeichen. Trotzdem ist das schwedische Kollektiv bereit für Russland und bereit für Deutschland, das hat die Qualifikation gegen Frankreich, die Niederlande und Italien gezeigt. "Wir müssen uns gut vorbereiten", erklärt Trainer Janne Andersson, "gut organisiert sein und eine verdammt nochmal gute Einstellung an den Tag legen."

mkr

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