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Royal Antwerpen: Champions League Dank eines Machtkampfs?

"The Great Old" war einst Partnerklub von Manchester United

Getrieben vom Machtkampf: Royal Antwerp auf dem Weg in die Königsklasse

Hoffen auf den Einzug in die Königsklasse: Royal Antwerpens Präsident Paul Gheysens und Trainer Mark van Bommel.

Hoffen auf den Einzug in die Königsklasse: Royal Antwerpens Präsident Paul Gheysens und Trainer Mark van Bommel. IMAGO/Belga

Den 4. Juli 2023 werden die Anhänger von Royal Antwerp wohl nicht so schnell vergessen. Es lief bereits die 94. Minute am letzten Finalrunden-Spieltag der belgischen Jupiler Pro League, als sich Toby Alderweireld aus der Distanz ein Herz fasste und Royal Antwerp mit dem 2:2 beim KRC Genk wenige Wochen nach dem Pokalsieg zur Meisterschaft schoss - und das erstmals seit 1956.

Denn während Größen wie der RSC Anderlecht (34 Meisterschaften) oder der FC Brügge (18) Dekaden des belgischen Fußballs prägten, war dem ältesten Fußballklub des Landes - am 1. September 1880 wurde der Verein gegründet - die große Dominanz nie vergönnt.

Immerhin fünf Meisterschaften sammelte "The Great Old" in der bald 144-jährigen Vereinsgeschichte - neben 2022/23 und 1955/56 auch 1943/44, 1930/31 und 1928/29. Hinzu kommen vier Titel im Pokal 2022/23, 2019/20, 1991/92 und 1954/55. Den größten internationalen Erfolg feierte Antwerpen mit dem Einzug ins Finale des Europapokals der Pokalsieger 1992/93, das allerdings gegen die AC Parma mit 1:3 verloren ging.

Mehr als 30 United-Leihgaben in 15 Jahren

Immer mal wieder rutschte der Verein aber auch in die Zweitklassigkeit ab, zuletzt 2004 - und das trotz Unterstützung von der Insel. In den Jahren von 1998 bis 2013 liefen im Rahmen einer Vereinspartnerschaft mehr als 30 Leihspieler von Manchester United für den RAFC auf. 

Torwart Tom Heaton (insgesamt 116 Einsätze in der Premier League, 184 in der Championship), mittlerweile als Nummer drei zu United zurückgekehrt, Jonny Evans, der unter anderem 198-mal für United und 152-mal für Leicester auflief und ebenfalls vor einer Rückkehr steht, oder auch John O'Shea (394 Spiele für United, 256 für Sunderland) zählen zu den Spielern, die sich das Antwerpen-Trikot in dieser Zeit überstreiften.

Der Wiederaufstieg gelang dennoch erst, als die Partnerschaft der beiden Vereine beendet wurde. 2017 feierte Antwerpen die Rückkehr in die Jupiler Pro League. Gleichzeitig begann auch eine neue Ära im Verein. Im Juni des Jahres übernahm Paul Gheysens das Amt des Präsidenten. Der 69-Jährige ist Projektentwickler und Bauunternehmer - genau wie Bart Verhaeghe, seit 2011 Präsident des FC Brügge und mittlerweile nicht mehr nur geschäftlich, sondern auch sportlich großer Rivale von Gheysens.

Rivalität zwischen Präsidenten kostete Belgien wohl die EM-Ausrichtung

Und diese Rivalität tragen die beiden Präsidenten seither nicht zuletzt auch auf dem Transfermarkt aus. Im Sommer 2021 lieferten sich beide Vereine ein Wettbieten um den jungen Michel-Ange Balikwisha, der letztlich für sechs Millionen Euro, so berichten belgische Medien, nach Antwerpen wechselte. Einen Sommer später stand Jurgen Ekkelenkamp vom Hertha BSC kurz vor der Unterschrift bei Brügge. Doch erneut grätschte Gheysens dazwischen und schnappte Verhaeghe den Niederländer weg.

Die Spannung zwischen beiden Parteien geht sogar so weit, dass sie den Belgiern wohl die Mit-Ausrichtung der Europameisterschaft 2020 kostete. Denn dass das Turnier in zwölf europäischen Ländern stattfand, aber nicht in Belgien, hatte einen einfachen Grund: Es fehlte ein modernes Stadion. Dort kamen die beiden Baunternehmer wieder ins Spiel.

Den Zuschlag für den Bau erhielt die Firma von Gheysens, der Pläne für ein großes modernes Stadion in Brüssel bereits in der Schublade hatte. Doch Verhaeghe, neben seiner Tätigkeit als Brügge-Präsident auch stellvertretender Vorsitzender im belgischen Verband, nutzte seine Position, um Stimmung gegen den Stadionbau zu machen - mit Erfolg.

Dabei wünscht sich der Präsident seit seinem Amtsantritt eigentlich nichts sehnlicher als ein neues Stadion für seinen FC Brügge - jedoch natürlich nicht von seinem größten Konkurrenten. Eigene Versuche, ein Stadion in Brügge zu errichten, sollen wiederum von Gheysens durch den Kauf von Grundstücken blockiert worden sein. Währenddessen gelang es dem Antwerpen-Präsidenten nicht nur, die Ghelamco Arena in Gent zu bauen, sondern auch das Bosuilstadion, in dem der RAFC seit 1923 seine Heimspiele austrägt, zu modernisieren.

Zwei niederländische Größen an der sportlichen Spitze

Bei all den Machtkämpfen geht es den beiden Präsidenten aber neben dem Geschäftlichen auch um eine Sache: der beste Fußballklub Belgiens zu sein. Nachdem Verhaeghe und der FC Brügge zwischen 2015/16 und 2021/22 fünfmal Meister wurden und sich zu einem Stammgast in der Champions League entwickelten, hatte zuletzt erstmals Gheysens mit seinem Klub die Nase vorn.

Nun hat auch Royal Antwerp zum ersten Mal seit 1957/58 - damals scheiterte man im Achtelfinale des Europapokals der Landesmeister an Real Madrid (1:2, 0:6) - die große Chance, wieder in die Königsklasse einzuziehen. Verantwortlich dafür ist allerdings nicht nur Gheysens, auch zwei niederländische Fußballgrößen tragen einen enormen Anteil. Mark van Bommel ist seit dem 1. Juli 2022 als Trainer im Amt, Marc Overmars übernahm schon knapp drei Monate zuvor als technischer Direktor.

Mit einem Kader, in dem sich - angeführt von Kapitän Alderweireld und Torjäger Vincent Janssen - neben Ekkelenkamp auch Ex-Herthaner Chidera Ejuke und BVB-Leihgabe Soumaila Coulibaly wiederfinden, soll nun der letzte Schritt gelingen. Am Dienstag (21 Uhr) empfängt Antwerpen im Hinspiel der Champions-League-Play-offs AEK Athen. Eine Woche später geht es mittwochs (21 Uhr) zu den Griechen.

Dennis Zaremba

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