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Geadelte Adler

Nigeria im WM-Check

Geadelte Adler

Brachte Nigeria Konstanz bei - und wird dafür, auch wenn es schwer fällt, auf Händen getragen: Nationaltrainer Stephen Keshi.

Brachte Nigeria Konstanz bei - und wird dafür, auch wenn es schwer fällt, auf Händen getragen: Nationaltrainer Stephen Keshi. Getty Images

Die Tabelle lügt nie? Diese schon: In der FIFA-Weltrangliste stellt Nigeria, Stand Februar 2014, gerade einmal die achtbeste Nationalmannschaft Afrikas, hinter Kap Verde, hinter Ägypten, hinter Tunesien, die allesamt bei der WM 2014 fehlen werden. Schlichtweg "schockiert" war Trainer Stephen Keshi Ende 2013, als seine "Super Eagles" mal wieder drei Plätze eingebüßt hatten: Mit dem Afrika-Cup, der U-17-Weltmeisterschaft und der WM-Qualifikation war es schließlich eines der erfolgreichsten Jahre der Verbandsgeschichte - eines, das Hoffnungen geweckt hat in einem Land, das mit 170 Millionen Menschen bei weitem das bevölkerungsreichste Afrikas ist.

Der Trainer

Und Stephen Keshi heißt der Mann, der sie erfüllen soll. Seit November 2011 ist er im Amt, da kann man längst von einer Ära sprechen. Zwischen 1999 und 2011 kamen und gingen zwölf Trainer, darunter auch Berti Vogts. Chaotische Episoden gibt es im Verband NFF nach wie vor - Keshi lässt sich davon kaum beeindrucken. Ausstehendes Gehalt von sieben Monaten? Dauer-Druck vom Staatschef? Der 51-Jährige macht seinen Job, und zwar erfolgreich: Als erst zweiter Afrikaner gewann er als Spieler (1994) und Trainer (2013) den Afrika-Cup, die WM-Qualifikation gelang gegen Äthiopien (2:1/2:0) souverän.

Spielersteckbrief Enyeama
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Yobo Joseph

Nigeria - Vereinsdaten
Nigeria

Gründungsdatum

01.01.1945

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Der Präsident glaubt, dass die 'Super Eagles' den nationalen Traum vom ersten afrikanischen WM-Titel erfüllen können.

Staatschef Goodluck Jonathan

Auch das unlängst lancierte Gerücht, ihm soll ein ausländischer Assistent zur Seite gestellt werden, "um Nigerias Aussichten bei der WM zu verbessern", überstand Keshi unbeschadet: Die NFF dementierte die Aussagen eines nicht genannten Verbandsmitglieds, sprach Keshi das vollste Vertrauen aus. Es zeigt, welche Position sich Keshi inzwischen erarbeitet hat: Noch während des Afrika-Cups hatte der Verband ihm nach eigener Aussage mit Entlassung gedroht, woraufhin Keshi nach dem Triumph zunächst genervt seinen Rücktritt bekanntgab, das aber nur eine Nacht später wieder zurücknahm.

Die Mannschaft

Seine Mannschaft lässt Keshi in der Regel im 4-3-3 agieren, auch weil es zum Spielermaterial passt: Auf den Flügeln stehen Victor Moses (Liverpool) und Victor Obinna (von Lokomotive Moskau an Chievo Verona ausgeliehen) für Dribbelstärke, im Sturmzentrum ist Emmanuel Emenike gesetzt, der für Fenerbahce regelmäßig trifft. Auch Villarreals Torjäger Ikechukwu Uche ist in Topform. Beim Confed-Cup, den Nigeria mit nur einem Sieg (6:1 gegen Tahiti) beendete, fehlte das Quartett komplett.

Dafür waren acht Spieler dabei, die in ihrem Heimatland kicken - ein Markenzeichen Keshis. So hat auch Youngster Ejike Uzoenyi (21) gute Nominierungschancen, der MVP der Afrikanischen Nationenmeisterschaft 2014, bei der nur in den heimischen Ligen aktive Profis mitwirken dürfen und die Nigeria als Dritter beendete. Schalkes Chinedu Obasi indes war auch verletzungsbedingt unter Keshi noch nie dabei.

Nigeria ist die große Ausnahme.

DFB-Chefscout Urs Siegenthaler

Defensiv sind die Stützen Torwart Vincent Enyeama (Lille), Rekordnationalspieler und Kapitän Yobo (Norwich), Linksverteidiger Elderson (seit Januar Monaco) und natürlich Abräumer John Obi Mikel, den Chelsea-Trainer José Mourinho zwar nicht immer von Anfang an, trotzdem aber regelmäßig einsetzt. Problemzone ist die Innenverteidigung.

Die Stimmung

Sieglos 2002, nicht qualifiziert 2006, sieglos 2010? "Der Präsident glaubt", ließ Staatschef Goodluck Jonathan nach im November nach der erfolgreichen Quali unbeeindruckt mitteilen, "dass die 'Super Eagles' mit ihrer enormen Menge an Talenten sowie mit harter Arbeit und Hingabe, ihren Fähigkeiten und ihrer Taktik den nationalen Traum vom ersten afrikanischen WM-Titel erfüllen können." Der Druck, heißt das im Klartext, könnte größer kaum sein. "Die Nigerianer erwarten bei der WM eine Menge von ihrer Mannschaft", weiß auch Keshi.

Die Prognose

Ganz unberechtigt ist das nicht. Urs Siegenthaler, Chefscout der deutschen Nationalelf, adelt die "Superadler" gar als "Geheimtipp". Während der afrikanische Fußball generell stagniere, sei Nigeria "die große Ausnahme", sagte der Schweizer der "Süddeutschen Zeitung". "Die spielen modern, mit guten, jungen Spielern. Nicht umsonst sind sie U-17-Weltmeister geworden."

Der Mannschaft mag es ein wenig an Erfahrung und Superstars mangeln, genug Selbstvertrauen aber ist vorhanden nach dem erfolgreichen Jahr 2013, das mit einem 2:2 in Italien endete. Auch die machbare Gruppe F mit den Gegnern Argentinien, Iran und Bosnien-Herzegowina macht Hoffnung auf eine Achtelfinalteilnahme wie 1994 und 1998. Und weil sich die Keshi-Elf vor Frankreich, der Schweiz, Ecuador oder Honduras, die in der ersten K.o.-Runde warten könnten, ebenfalls nicht verstecken müssen, winkt das beste WM-Abschneiden der Verbandshistorie.

Die kruden Kriterien des FIFA-Rankings können nicht darüber hinwegtäuschen: Mit Nigeria, der offiziellen Nummer 47 der Welt, ist zu rechnen in Brasilien.

Enyeama - die Katze, die den Floh verzweifeln ließ