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FC Oberneuland: Die Zeit der goldenen Logos ist vorbei

Bald-Regionalligst zwischen Bescheidenheit und Top-Transfer

FC Oberneuland: Die Zeit der goldenen Logos ist vorbei

Schreibt mit dem FC Oberneuland seit 2017 eine Erfolgsgeschichte: Trainer Kristian Arambasic (Mitte)

Schreibt mit dem FC Oberneuland seit 2017 eine Erfolgsgeschichte: Trainer Kristian Arambasic (Mitte) imago images

2013 gab es den großen Knall: Der FC Oberneuland musste Insolvenz anmelden, was den Zwangsabstieg aus der Regionalliga Nord und anschließend den zwischenzeitlichen Sturz bis in die Bezirksliga bedeutete. Vorausgegangen waren Jahre, in denen der FCO nicht unbedingt den bodenständigsten Eindruck machte: Im Stadion wurde ein VIP-Bereich eingerichtet, das rot-weiße Logo wurde in Gold umgefärbt und teure Ex-Stars wie Ailton, der in Oberneuland nicht wirklich nachhaltig zu überzeugen wusste, verpflichtet. Selbst auf den ersten Blick spektakuläre Momente erwiesen sich als Bumerang, wie das DFB-Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund (0:3): Für diesen großen Tag mietete Oberneuland am 18. August 2012 extra das große Weser-Stadion an, doch auch wenn 19.325 Zuschauer kamen, so deckten die Erlöse nicht die Mietkosten für die Bremer Bundesliga-Arena.

Diese Zeiten sollen ein für alle Mal vorbei sein, meint nicht zuletzt Kristian Arambasic, seit 2017 Trainer des FCO: "Wir haben im Vergleich zu damals einen neuen Vorstand, eine neue Außendarstellung und generell ein anders Auftreten. Die goldenen Logos sind weg." Stimmt nicht ganz, bei manchen Onlineportalen taucht das alte Logo in historischen Artikeln oder in Datenbanken noch auf. "Dieses Logo möchte ich dann am liebsten rausreißen", sagt Arambasic. Doch für Wut besteht gar kein Grund, schließlich ist der Imagewandel schon beim örtlichen Mittelstand angekommen, der immer bereitwilliger den FCO sponsert. Arambasic macht aber klar: "Wir werden in der Regionalliga Nord den mit Abstand kleinsten Etat der Liga haben, für uns kann es nur um den Klassenerhalt gehen." Das, so Arambasic, "gallische Dorf" vergleicht sich dabei gerne mit dem Bundesliga-Underdog SC Paderborn, wenngleich man in Oberneuland, anders als die Ostwestfalen, seinen offensiven Spielstil den neuen Gegebenheiten anpassen will. "Ich würde mir wünschen, dass wir unterschätzt werden", sagt der Trainer, der im ganzen Verein und bei sich selbst eine "extreme Motivation" feststellt.

Der 42-Jährige ist ein immenser Erfolgsgarant beim Bremer Stadtteilklub. 2018 und 2019 verpasste man jeweils nur um einen Punkt Platz eins in der fünftklassigen Bremen-Liga, in der gerade abgebrochenen Saison "haben wir hingegen alles abgeräumt", sagt Arambasic und meint damit bei aller Bescheidenheit auch sich selbst, da er zu Bremens Trainer des Jahres gewählt wurde. Ein weiterer Faktor ist die eingeschworene Mannschaft, die seit nunmehr drei Jahren in nahezu identischer Besetzung zusammen ist und es in der Regionalliga auch bleiben wird. "Ich will die Jungs für den Aufstieg belohnen", unterstreicht der Coach, der mit dem sportlichen Leiter Günter Hermann übrigens einen Weltmeister von 1990 an seiner Seite hat, der sich eher im Hintergrund um das große Ganze kümmert.

Ein Profi für 250 Euro

Teure Neuzugänge sind nicht drin, bis auf ganz wenige Ausnahmen bekommen alle Spieler nur eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 250 Euro. "Wenn dann dieser Tage Berater anrufen und mir teure Spieler anbieten, dann muss ich die in großer Zahl abwimmeln", lacht Arambasic und vermutet, dass manche in der Branche immer noch den auf großem Fuß lebenden FCO vor über sieben Jahren vor Augen haben. Doch Arambasic lässt mit einer Ankündigung aufhorchen, die auf den ersten Blick so gar nicht zum Schmalspur-Etat des Klubs passt: "Demnächst werden wir aller Voraussicht nach einen Neuzugang aus dem Profibereich präsentieren, der Bock auf unser Projekt hat." Jener Profi, dessen Name noch unter Verschluss gehalten wird, wird allerdings ebenfalls nicht mehr als 250 Euro Aufwandsentschädigung erhalten und nebenbei wieder einem "normalen" Beruf nachgehen. Florian Trinks wird es definitiv nicht sein. Der langjährige Werder-Profi hätte zwar nach einem Telefongespräch mit Arambasic Lust auf einen Engagement in Oberneuland gehabt, hat aber mittlerweile im fernen Nürnberg seinen Lebensmittelpunkt.

Fest verwurzelt ist in Bremen hingegen der Erfolgscoach. Doch da er als Trainer in seiner Karriere bislang mehr als zwei Punkte pro Spiel holte, kommt man an der Frage gar nicht vorbei, ob es für Arambasic nicht persönlich bald weit höher hinaus gehen könnte als "nur" in die Regionalliga. Angebote gibt es, doch auch wenn der 42-Jährige mithilfe der von Klopp-Berater Marc Kosicke geleiteten Agentur "Projekt B" auch schonmal mit Julian Nagelsmann oder Torsten Lieberknecht telefoniert und sich über Fußball austauscht, fremdelt Arambasic nach eigener Aussage mit dem Profigeschäft, auch wenn der A-Lizenz-Inhaber nicht ausschließt, eines Tages noch den Fußballlehrer zu absolvieren: "Der kostet allerdings 20.000 Euro, und ich bin ein Jahr aus meinem sicheren Job als Lehrer und Sozialpädagoge raus."

Wenn, dann könnte sich Arambasic einen Job als Co-Trainer im Profibereich vorstellen, doch gleichzeitig macht der dreifache Vater klar: "Für einen Einjahresvertrag bei irgendeinem x-beliebigen Verein verlasse ich sicher nicht Bremen." Noch dazu habe er sich voll und ganz dem Projekt in Oberneuland verschrieben, und will in Sachen Vereinstreue Vorbild für seine Spieler sein, die nach dem Aufstieg selbst einige Angebote hatten, sich aber in großer Mehrzahl zu einem Verbleib entschlossen hätten. Da die U 19 ebenfalls in die Regionalliga aufgestiegen ist, macht auch der Unterbau Hoffnung, wenn auch nicht sofort. "Die Jungs sind alle jüngerer Jahrgang, werden sicher mal im Training oder in Testspielen reinschnuppern, aber in der Liga wird es schwierig, da wir wohl selten 5:0 führen werden und ich deshalb nicht groß experimentieren kann", so Arambasic.

Hängepartie beim DFB-Pokal

Im Verein tut sich auch neben dem Spielfeld einiges: Vor allem im sozialen Bereich baut Oberneuland seine Aktivitäten aus, sei es an Schulen oder dass man in der Cornona-Zeit das örtliche Seniorenheim besucht um - natürlich mit dem notwendigen Sicherheitsabstand - mit den dortigen Bewohnern ein paar Bewegungsübungen an der frischen Luft zu machen.

Die Infrastruktur in Oberneuland passt indes, das Stadion ist voll und ganz regionalligatauglich, auch wenn man für TV-Übertragungen gerne noch ein helleres und gleichzeitig energiesparendes LED-Flutlicht hätte. Dafür wären aber Einnahmen aus dem DFB-Pokal gut. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob der Verbandspokal, in dem Oberneuland im Halbfinale steht, zu Ende gespielt wird oder ob eine anders gelagerte Lösung gefunden werden muss. Arambasic käme eine Teilnahme sehr gelegen, sagt er doch: "Mit den Einnahmen von rund 100.000 Euro wäre unsere Saison komplett durchfinanziert." Doch auch so geht Arambasic die kommenden Aufgaben mit dem motivierenden Gefühl an, dass "unser Klub mittlerweile ein bisschen sexy ist". In Bremen gilt der FC Oberneuland jedenfalls aktuell als klare Nummer zwei hinter dem SV Werder.

Stefan Wölfel