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Aron und die starken Männer

Island strebt gegen Frankreich die nächste Sensation an

Aron und die starken Männer

Der Anführer: Aron Gunnarsson und Island bekommen es mit Frankreich zu tun.

Der Anführer: Aron Gunnarsson und Island bekommen es mit Frankreich zu tun. Getty Images

Lange war die Fußballnation Island ein kleiner Fleck auf der Karte, jetzt redet ganz Europa vom Sensationsteam des Turniers in Frankreich. Die Trikots sind im eigenen Land bereits ausverkauft, der Präsident steht zur Unterstützung in der Fankurve und der Wikingerschrei "Huh" ist zum internationalen Jubelphänomen geworden. Doch abseits des enormen Hypes wird beinahe vergessen, dass das Team nun um den Einzug ins Halbfinale spielt.

Nach dem überraschenden, wenn auch sehr wohl verdienten Achtelfinalsieg gegen England (2:1) wartet in der Runde der letzten Acht Gastgeber Frankreich. Diese haben aus den Fehlern der Briten gelernt, sagte Linksverteidiger Patrice Evra und kündigte bereits an, dass man den Gegner nicht unterschätzen werde , denn "es wird schwer, gegen sie zu gewinnen".

Spielersteckbrief Gunnarsson
Gunnarsson

Gunnarsson Aron

Europameisterschaft - Viertelfinale
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Island - Vereinsdaten
Island

Gründungsdatum

01.01.1947

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Frankreich - Vereinsdaten
Frankreich

Gründungsdatum

01.01.1919

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Wir müssen das gar nicht mehr groß trainieren.

Kari Arnason über die isländische Königsdisziplin

Die Rezeptur zum isländischen Erfolg ist so simpel wie eindeutig. "Wir glauben immer dran, das ist unsere Einstellung", erklärt Kapitän Aron Gunnarsson. "Mit der isländischen Mentalität haben wir eine Chance." Der vollbärtige Innenverteidiger geht als Anführer voran, führt seine Farben zu zwei Siegen in Folge und gibt anschließend jeweils auch den Vorsänger vor der Fankurve. Gemeinsam mit den Anhängern klatscht die Mannschaft im Rhythmus. Das Klatschen wird jedoch beinahe übertönt vom lautstarken "Huh", das rund 10.000 Isländer im Chor anstimmen. Der Schlachtruf der Wikinger verbindet sie alle.

Bödvarsson warnt vor individuell starken Franzosen

Die Mannschaft ist zu einer Einheit zusammengewachsen, und das Land, das mit rund 330.000 Einwohnern als bevölkerungsmäßig kleinste Nation ins Turnier gestartet ist, ist längst eine einzige Fanmeile.

Nun wartet mit den Franzosen das nächste, noch größere Kaliber. Auch wenn die Équipe Tricolore sich bislang noch nicht mit Ruhm bekleckert hat, warnt Stürmer Jon Bödvarsson vor dem kommenden Kontrahenten: "Die Franzosen spielen mit höherem Tempo, sie haben sehr gute individuelle Spieler, sagte der Zweitliga-Profi des 1. FC Kaiserslautern. "Das ist ein sehr großer Schritt in der isländischen Geschichte."

Matchplan? Mal abwarten

Einen richtigen Matchplan, musste Trainer Lars Lagerbäck eingestehen, gibt es noch nicht. Das Ziel sei es zwar, selbst ins Spiel zu kommen, doch stelle sich dann die Frage, "was wir machen, wenn wir den Ball bekommen. Frankreich hat einige wirklich offensive Positionen", erklärte der Coach, der gemeinsam mit Heimir Hallgrimsson die Geschicke leitet.

Markenzeichen: Isländische Spieler und Fans feiern gemeinsam.

Markenzeichen: Isländische Spieler und Fans feiern gemeinsam. Getty Images

Auf die bisherige Geheimwaffe wolle man freilich weiter vertrauen. Schon zwei Treffer erzielte Island nach eigenem Einwurf, das Markenzeichen von Kapitän Gunnarsson, der den Ball mit seinen Händen so weit in den gegnerischen Strafraum befördert, wie es die meisten Spieler nur mit dem Fuß schaffen. Die Mitspieler haben sich jedenfalls schon voll drauf eingestellt. "Wir müssen das gar nicht mehr groß trainieren", gibt Kari Arnason zu. "Wir wissen genau, wie weit er wirft und was wir tun müssen."

Entwarnung bei Einwurf-König Gunnarsson

"Es geht nur darum, wie du wirfst und nicht wie hart du wirfst", erklärt Gunnarsson. "Leute können doppelt so große Arme haben wie ich, aber das zählt nicht." Mit dieser speziellen Fähigkeit soll ihn sein Berater übrigens damals an Coventry City vermittelt haben. Inzwischen schnürt der 27-Jährige seine Schuhe für den walisischen Hauptstadtklub Cardiff City in der zweiten englischen Liga. Der Abwehrmann macht auf dem Feld zwar einen positiv aggressiven Eindruck, vor den Mikrofonen zeigt er sich jedoch umso zurückhaltender. Auch deswegen taufte ihn "L'Équipe" zum "Wikinger mit zartem Herz".

Sorgen hatte man sich noch bis heute Morgen gemacht, da Gunnarsson aufgrund von Rückenproblemen nur individuell trainieren konnte. Für das Spiel gegen Frankreich am Sonntag (21 Uhr, LIVE! bei kicker.de) sieht Trainer Lagerbäck jedoch "kein Problem". Stellt sich nur noch die Frage, ob dann kurz vor Mitternacht wieder zum "Huh" angesetzt wird.

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